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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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des Meeres zu erleben, der ihn umgab.
    Sean atmete einige Male heftig ein und aus, und als er ruhiger wurde, hatte sich etwas in ihm gelöst. Ihm war klar geworden, dass er aufhören musste, um Angélique zu trauern. Wo ständig so viele Menschen starben, verlor die Trauer um einen einzigen Menschen jeglichen Sinn. Seine Klage um Angélique klang in ihm nach wie ein hohler, verächtlicher Ton. Die Pest, dachte er, löscht selbst die Trauer aus, und schlimmer noch, sogar die Liebe und die Treue.
    Wir müssen unbedingt fort von hier, dachte er, denn es wird keine Hilfe kommen. Die Menschen hier interessieren sich nur noch für sich selbst. Wenn sie anders handelten, würden sie untergehen.
    Sean nahm die Beine in die Hand und rannte. Er rannte, ohne nach links und rechts zu schauen, rannte zu seinen Freunden, um ihnen zu sagen, dass er jetzt endlich bereit war, zu gehen.

 
    16
     
     
     
    Ende Mai 1318. Die Märtyrer
     
    Sie waren geboren worden und waren gestorben. Viele hatten die Taufe empfangen und waren später mit großem Mut darangegangen, das tröstende Wort ihres Herrn zu verkünden. Zur Belohnung hatte man sie verfolgt, gequält und getötet. Man hatte sie erschlagen, ihnen das Herz herausgerissen, den Kopf abgeschnitten, ihre Körper in kochendem Wasser ertränkt und sie wilden Tieren zum Fraß vorgeworfen.
    Die Kirche hatte ihre Leiden schließlich gewürdigt, indem sie sie in den Kreis ihrer Heiligen aufnahm. Ihre sterblichen Überreste wurden zu Reliquien, die viele Menschen anbeteten. Die Verstorbenen galten als strahlende Vorbilder christlicher Nächstenliebe und Frömmigkeit. In jedem Jahr gedachte man ihrer und feierte ihre Glaubensstärke und ihre Barmherzigkeit. In diesem Jahr brachte in Quimper allerdings niemand mehr die Kraft auf zu beten.
    An diesem Tag hätte man in der Kathedrale des heiligen Beda gedenken sollen. Doch als die Glocken zur Messe riefen, kam niemand, denn die Einwohner von Quimper befanden sich mittlerweile selbst in der Rolle von Märtyrern. Sie litten und starben wie sie.
    Sean, der zu den Gefährten zurückgekehrt war und diesen von seinen Erlebnissen berichtet hatte, war froh, zu sehen, dass jemand anderes erfolgreich gewesen war und Hilfe hatte herbeischaffen können. Das gab ihm wieder ein wenig Mut. Während er mit den anderen darauf wartete, dass Monacis von seinem Gespräch mit den Stadtoberen zurückkehrte, unterstützte er die Verpflegung der Verletzten, so gut er konnte.
    Als Monacis schließlich vor dem Rathaustor erschien, wirkte er wütend und aufgelöst. Die Ratsherren und Vögte dachten nicht daran, die Stadttore zu öffnen, erklärte er erbost.
    Weil unter diesen Umständen alles Abwarten sinnlos war, kochte jetzt der Zorn über. All jene, die noch auf dem Marktplatz ausgeharrt hatten, liefen jetzt heim und berichteten von der vergeblichen Bitte des Medicus. Es dauerte nicht lange, und die Ersten kamen bewaffnet zurück. Nach und nach wurden es immer mehr. Alle Hände, die noch kräftig genug waren, etwas zu halten, umklammerten Messer, Hämmer, Pieken und Mistgabeln. Die Märtyrer von Quimper machten sich auf, die Stadt zu befreien.
    Henri wusste, dass unbedingt planmäßig vorgegangen werden musste, wenn sie etwas erreichen wollten. Daher versuchte er, auf die Menge einzuwirken.
    »Hört mir einen Augenblick zu!«, rief er den Aufgebrachten zu.
    »Wer bist du? Etwa ein Agent des Stadtvogts, der uns in eine Falle locken will?«
    Henri riss seine Pestmaske herunter und zeigte sich. »Ihr kennt mich! Ich bin in dieser Stadt vogelfrei, habe also nichts zu verlieren! Ich bin kein Tuchhändler, wie man es euch erzählt hat, sondern Henri de Roslin, der letzte überlebende Tempelritter! Schließt euch mir an, und ich führe euch aus der Stadt heraus!«
    Einige der Umstehenden folgten Henris Beispiel und rissen sich die Pestmasken herunter. Zum Vorschein kamen verschwitzte, ausgezehrte und angsterfüllte Gesichter. Nur in den großen Augen einiger weniger war noch eine Spur Leben und Hoffnung zu erkennen.
    »Einer von den Armen Brüdern Christi? Euch schickt der Himmel!«, sagte eine ausgemergelte Gestalt zu ihnen.
    »Es ist an der Zeit«, sagte Henri.
    »Dann führe uns!«
    »Wir ziehen zu einem der Haupttore«, schlug Henri vor. »Dorthin, wo sich die Kerkaporta befindet und das geheime Gefängnis, für das ich seit kurzem einen Schlüssel besitze. An dieser Stelle werden wir durchzubrechen versuchen. Irgendwie wird es uns gelingen.«
    »Und wenn es das Letzte

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