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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Aushäusigschläfer tatsächlich das Wort an mich. Wie dreist! Gerade so, als wäre rein gar nichts gewesen! Mir liegt auf der Zunge zu sagen »Für deine Eier ist wohl jetzt eine andere zuständig!«, beherrsche mich aber, nicht nur weil der Spruch reichlich ordinär wäre, sondern weil ich mich ja schon mental abreagiert habe. »Wenn du Eier willst – im Kühlschrank sind welche«, antworte ich stattdessen und komme mir sehr erwachsen vor. Und sehr gelassen. Fast schon weise. »Hart gekochte?«, fragt er nach. Was geht denn hier ab? Meint der das jetzt ernst? Wie Männer das können, ist mir schon immer schleierhaft gewesen. Einfach zur Tagesordnung übergehen. Unangenehmes ausklammern. Nennt man das nicht selektive Wahrnehmung? Übernachtet bei Belle Michelle, der Büroschlampe (nicht sehr erwachsen diese Bezeichnung, ich weiß!) und fragt mich nach hart gekochten Eiern. »Wenn du hart gekochte Eier willst, koch dir welche«, herrsche ich ihn so ruhig wie möglich an. Das ist wirklich das Tüpfelchen auf dem
i. Keinerlei Anzeichen von Reue oder Demut und dann noch Zusatzleistungen verlangen. »Vergiss es«, sagt er und klingt beleidigt. Genau wie ich. Er wegen der Eier und ich wegen der Nacht. Nach dem Essen und der bemerkenswerten Eierunterhaltung (mehr wurde nicht gesprochen) räumt er gnädig mit ab und bietet an, die Kinder ins Bett zu bringen. »Gut«, sage ich, »ich habe eh noch zu tun.«
    Ich verziehe mich ins Badezimmer. Mit dem Telefon. Während das Badewasser einläuft, rufe ich Heike an. Anrufbeantworter. Ich spreche ihr drauf: »Ruf mich an, ich brauche deinen Rat. Die Ratte hat bei Michelle übernachtet.« Das sollte reichen, um ihre Neugier zu wecken. Den nächsten Versuch starte ich bei Sabine. Sabine, die seit der Mett-Mischi-Tragödie wieder Single ist, muss mir behilflich sein. Ich bin ein wenig aus der Übung, was die Akquise angeht. War ja in den letzten Jahren auch nicht nötig. Ich habe keine Lust, allein ins Nachtleben zu starten. Und wenn ich mich rächen will, Gleiches mit Gleichem vergelten will, dann muss ich aktiv werden. Ich kann ja schlecht den Nachbarn auf eine nette Nummer im häuslichen Schlafzimmer einladen. Obwohl das sicherlich das Praktischste wäre. Und das Naheliegendste. Nur leider sind meine Nachbarn nicht sonderlich verlockend. Von Tamaras Mann weiß ich, dass er unter seinem kleinen Penis leidet (sie hat sich da mal verplappert), und Friedhelm, der von Anita, guckt so schon dermaßen missmutig, dass ich mir nicht vorstellen kann, mit ihm eine rauschende Nacht zu verbringen. Außerdem liegt in der Nähe auch die Gefahr. Was, wenn der Nachbar dann mehr will, unersättlich ist oder sich wahnsinnig in mich verliebt? Außerdem bin ich ja nicht wie Christoph
und greife direkt beim nächstbesten Angebot zu. Und zu guter Letzt – Anita und Tamara sind mir die liebsten Nachbarinnen und ich will doch nicht, dass es ihnen so geht wie mir.
     
    Aber die Zeiten, dass Mutti brav zu Hause wartet, bis der Herr Gemahl aus dem Büro einläuft, sind jedenfalls vorbei. Sabine ist daheim. Sie ist bestürzt. »Nicht auch noch du«, jammert sie direkt los, »ihr wart mein Traumpaar. Meine letzte Hoffnung, dass Beziehungen doch funktionieren können.« Sie ist fast entsetzter als ich selbst. Ich muss sie beruhigen. Eigentlich grotesk, schließlich wollte ich all die besänftigenden Worte ja von ihr hören. Nachdem sie ausgejammert hat, will sie als Nächstes alles über Belle Michelle wissen. »Andrea, man muss seine Gegner kennen. Nur dann kann man sie besiegen.« Ich erzähle das, was ich weiß. »Sie ist schön, sieht aus wie Angelina Jolie und mein Mann macht ihr den dusseligen Brad Pitt. Ach ja, und schlau ist sie auch noch. Und irrsinnig kultiviert.« Sabine hört zu und nach einem kurzen Moment des Nachdenkens legt sie los: »Morgen schauen wir uns dieses Wunderwesen einfach mal an.« Der Gedanke, meine Konkurrenz zu sehen, ist verlockend, auf der anderen Seite aber auch beängstigend. »Gut«, sage ich, »einverstanden. Aber wie sollen wir das machen? Ich meine, wir können ja schlecht in die Kanzlei stiefeln und sie dort begucken.« »Natürlich nicht«, antwortet Sabine lachend, »wir machen das heimlich. Legen uns auf die Lauer. Irgendwann wird die schon das Büro verlassen. Auch solche Frauen machen Mittagspause.« Im Grunde meines Herzens finde ich die Idee fantastisch, mein kleiner Rest
an Souveränität und Ego jedoch sind weniger begeistert. Wie peinlich! Als schnöde

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