Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
Vom Netzwerk:
sagt nur: »Gerne. Wann immer du willst. Übrigens, deine Haare, die sehen gut aus.« Was ist denn da in der Mittagspause passiert? Hat Belle Michelle ihm die Leviten gelesen? Hat sie ihm geraten, freundlicher zu mir zu sein? Und wenn, warum nur? Vielleicht ist sie auch nur so nett, um mich in Sicherheit zu wiegen, um dann umso heimtückischer zuzuschlagen und mich völlig unvorbereitet zu treffen. Oder sie will Christoph nach gestern aus irgendeinem Grund nicht mehr. Die ganze Angelegenheit wird ständig verworrener. Man weiß gar nicht mehr genau, wer auf welche Seite gehört und wen man somit bekämpfen muss. Ist Michelle vielleicht nicht mehr meine Feindin?
    Nach der Mittagszeit ist mehr los. Ständig rufen irgendwelche Mandanten an, die Termine wollen. Und Frau Langner könnte eigentlich gleich eine Standleitung zu ihrem Mann legen lassen, bei der Häufigkeit, mit der sie anruft. Was die ständig zu besprechen haben – ein weiteres Mysterium. Gegen 14 Uhr 30 – ich habe seit einer halben Stunde Feierabend, will aber an meinem ersten Tag nicht zu pingelig erscheinen – kommt Klara
und sagt, dass der kleine Umtrunk beginnt. »Alle, bis auf die Michels, kommen«, ist sie ganz aufgeregt. »Wieso kommt die nicht?«, frage ich, sogar ein wenig enttäuscht, schließlich wollte ich den Umtrunk nutzen, um meinen Mann und Belle Michelle im Umgang miteinander zu beobachten. »Der Langner und die müssen noch arbeiten. Irgendeine hochgeheime, vertrackte Geschichte«, informiert mich die kleine Klara und lächelt mich an. »Ist doch perfekt. Auf die beiden kann ich eh gut verzichten«, stellt sie dann noch klar. Ich schalte die Telefonanlage mit Klaras Hilfe auf automatische Weiterleitung und helfe ihr ein bisschen mit den Häppchen.
    Es gibt mal wieder Frikadellen, und zur Abwechslung muss ich mich nicht ausziehen, um eine zu essen. Außer Christoph, Klara und mir sind noch Frau Trundel (Vorzimmer von Christoph und Belle Michelle – die beiden teilen sich eine Sekretärin), sowie Frau Ludwig (Notargehilfin) und Frau Pilscher (nicht wie die Rosamunde, sondern mit sch!), der Drachen von Doktor Langner, mit von der Partie. Christophs Kollege Heinzmaier ist im Urlaub. Er ist Referendar und hat somit kein Anrecht auf eine Sekretärin. Frau Pilscher ist die, die hier das Sagen hat, das merkt man schnell. »Sie kann eine Hexe sein«, flüstert mir Klara, meine neue Büroinformantin zu, »aber dir wird sie nichts tun, weil du ja die Frau Schnidt bist.« Glück gehabt. Frau Pilscher ist eine Art Pferdfrau. Groß, breit, haarig und ein wenig Furcht einflößend. Dazu ist sie augenscheinlich in einer Zeit groß geworden, in der es keine Zahnspangen gab. Ihre Zähne schieben sich vorne fast aus dem Mund heraus und sind so dominant wie bei Bugs Bunny.
    Christoph stellt mich all seinen Kolleginnen vor. Richtig freundlich. So, als wäre alles zwischen uns in bester Ordnung. Das als Zeichen zu deuten, könnte allerdings gewagt sein. Immerhin ist mein Mann Anwalt – und Anwälte wissen recht gut, wie man sich verstellt. Außerdem ist Christoph auch nicht der Typ Mann, der es gerne vor anderen zum Eklat kommen lässt. Fassade ist ihm schon wichtig. »Privates ist privates und sollte es auch bleiben«, lautet sein Credo und daran hält er sich auch meist. Wenn alle es so machen würden, wäre das Leben ziemlich langweilig. Sehr ehrenwert, aber doch sehr fade. Klatschfrei sozusagen.
    Frau Pilscher ist quasi das Gegenteil von dem, was man diskret nennt, und fragt mich richtiggehend aus. Will alles wissen, vor allem, ob die Kinder, die armen Kleinen (wieso arm – sie sollte doch wissen, dass Christoph wirklich nicht schlecht verdient!) nicht furchtbar leiden, jetzt wo ich als Mutti (da ist es schon wieder, dieses Wort) arbeiten gehe. Sie schaut streng und ich fühle mich wie unter Rechtfertigungszwang. Christoph springt in die Bresche. »Frau Pilscher, wir sind ein modernes Paar. Jeder hat ein Recht zu arbeiten. Den Kindern schadet das nicht. Da werde ich eben zu Hause mehr übernehmen.« Frau Pilscher staunt. Ich auch. War das eben mein Mann, der so engagiert dahergeredet hat? Belle Michelle hat in der Mittagspause anscheinend ein Wunder vollbracht oder eine Art Gehirnwäsche betrieben. Das Ergebnis ist jedenfalls vorbildlich. Und beeindruckt sogar die Pilscher. Sie trollt sich und bewegt sich in Richtung Fenster.
    Frau Trundel und ich plaudern ein bisschen, bis wir durch einen jähen Aufschrei unterbrochen werden. Die
Pilscher kreischt:

Weitere Kostenlose Bücher