Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
jedoch nichts an der Tatsache, dass weiterhin Verbrechen geschehen.
Genauso verhält es sich mit der Untreue. Seitensprünge
geschehen Tag für Tag. Ich kann herumsitzen und mir wünschen, es wäre anders, aber das würde nicht das Geringste nützen. Also habe ich beschlossen, etwas zu unternehmen, indem ich Fälle von Untreue aufdecke. In der Hoffnung, damit die Welt ein klein wenig zu verändern.
Ich habe bereits das Leben von über zweihundert Menschen verändert. Und darauf bin ich stolz.
Zweifel können schlimme Verwüstungen in einer Beziehung anrichten. Ungewissheit kann einem Menschen das Leben zur Hölle machen. Deshalb wollen die meisten über kurz oder lang Klarheit haben.
Mehr als zweihundert Frauen haben durch mich die Wahrheit über ihre Beziehung erfahren, über den Mann, den sie lieben. Meiner Meinung nach ist das besser, als im Dunkeln zu tappen. Besser als die Tatsachen zu leugnen.
Machen wir uns nichts vor. Die Untreue ist allgegenwärtig. Sie ist das Thema von Talkshows, sie ziert die Titelseiten von Zeitschriften, sie steht im Zentrum politischer Skandale. Aber es scheint, als würde kein Mensch etwas dagegen unternehmen. Außer vielleicht zu jammern und mit dem Finger auf die Schuldigen zu zeigen.
Also, mein Zeigefinger wurde irgendwann müde. Ich habe beschlossen, der Untreue den Kampf anzusagen.
Es sind Typen wie Raymond Jacobs, die in mir den Stolz auf meine Arbeit wecken. Ashlyn war eindeutig nicht die Erste, mit dem er seine Frau betrogen hat (auch wenn es schlussendlich nicht dazu kam), aber jetzt konnte ich zumindest nach Los Angeles zurückkehren in der Hoffnung, dass sie die Letzte gewesen war.
Dieser Gedanke ist es, der mich nachts ruhig schlafen lässt.
Auf dem Nachhauseweg vom Los Angeles International Airport rief mich Sophie, meine beste Freundin, an. »Ich drehe noch durch!«, dröhnte es panisch aus meinem Bluetooth-Kopfhörer.
»Was ist denn los?«, erkundigte ich mich.
»Ich verliere ihn. Ich spüre es.« Sie stöhnte verzweifelt auf.
Sophie neigt zu Überreaktionen. Das hat mit ihrer chronischen Unsicherheit zu tun und führt dazu, dass sie Männern nicht vertrauen kann. Sie lebt in der ständigen Angst, verlassen zu werden. Vermutlich, weil sie bis jetzt noch jeder Mann verlassen hat.
»Quatsch«, beruhigte ich sie geduldig. »Was ist passiert?«
»Er kommt nicht«, erwiderte sie schlicht.
»Was soll das heißen, er kommt nicht?«
»Das soll heißen, dass er versprochen hatte, dieses Wochenende zu kommen. Ich wollte, dass ihr euch endlich kennenlernt. Und jetzt musste er absagen, wegen irgendwelchen blöden dienstlichen Verpflichtungen.«
»Das kannst du ihm doch nicht vorwerfen«, rügte ich sie. »Job ist Job.«
Sophie und Eric waren seit acht Monaten zusammen. Sie führten eine Fernbeziehung, weil Eric einen Dreijahresvertrag als Assistenzarzt in einem Chicagoer Krankenhaus hatte. Da er unheimlich viel arbeiten musste, spendierte er Sophie regelmäßig Flugtickets, damit sie sich überhaupt sehen konnten. Ich hatte ihn noch nicht persönlich kennengelernt, denn bislang war ich bei jedem seiner seltenen Besuche in L.A. geschäftlich unterwegs gewesen. Aber nach dem zu urteilen, was mir Sophie über ihn erzählt hatte, war er bis über beide Ohren in sie verknallt.
Eric ist einfach anders. Keine Ahnung, woher ich das weiß. Es ist nur so ein Gefühl, aber ich habe gelernt, meinem Instinkt
blindlings zu vertrauen. Ich wünschte nur, Sophie würde das auch tun. Jedes Mal, wenn sie eine ihrer Panikattacken erleidet und vom Strudel ihrer Angst in die Tiefe gerissen wird, versuche ich, ihr klarzumachen, dass Eric definitiv nicht zu den Männern gehört, die fremdgehen. Ich weiß das, weil ich schon unzählige Männer kennengelernt habe, die einem Seitensprung durchaus nicht abgeneigt waren. Doch Eric weist nicht die typischen Merkmale eines Betrügers auf. Wenn jemand das mit hundertprozentiger Sicherheit behaupten kann, dann ich. Weil diese Art der Argumentation jedoch eine ganze Menge weiterer Erklärungen erforderlich gemacht hätte, auf die ich gut und gern verzichten konnte, beschränkte ich mich üblicherweise auf die traditionellen Beruhigungsmethoden.
»Ich weiß nur eines: Wenn ein Mann erst anfängt, Dates abzublasen, dann ist was im Busch«, verkündete sie düster.
»Sophie«, erwiderte ich mahnend. »Ihr seid doch längst über die Dating-Phase hinaus. Ja, er lebt in Chicago, aber ihr telefoniert mindestens zweimal täglich miteinander und habt
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