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Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Titel: Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Brody
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spürte, breitete sich die gewohnte Leere in meinem Kopf aus. Ich stellte das Denken ein. Es hat eine Weile gedauert, bis ich die Kunst des Nicht-Denkens beherrschte. Ich hatte stets die Meinung vertreten, es sei praktisch unmöglich, nicht zu denken. Vor allem für eine Frau. Ständig rasen unsere Gedanken, ständig analysieren und planen wir. Doch nach mehreren Meditationskursen und der Lektüre zahlreicher Bücher über die Kunst des Zen – und nicht zuletzt dank stundenlangen Übens – war ich schließlich eine Meisterin des Nicht-Denkens geworden. In meinem Kopf herrschte auf Kommando Leere.
    Das musste auch so sein in Momenten wie diesem.
    Denn es gab weiß Gott genug, woran man in einem solchen Augenblick denken könnte: an seine Frau, seine Kinder, seine wunderschöne Villa in irgendeiner beeindruckenden Stadt, an seinen Ehering, das Symbol der Treue, versteckt in der Brusttasche seines Hemdes.
    Der Schein trügt oft bei Männern wie Raymond Jacobs. Für das ungeschulte Auge mag es aussehen, als hätten sie eine Bilderbuchfamilie und eine Bilderbuchkarriere. Als führten sie ein Leben wie im Fernsehen. Ein Musterbeispiel des amerikanischen Traumes. Doch eine Expertin wie ich blickt hinter die Fassade.

    Schon seltsam. Wenn ich als Kind Jede Menge Familie und Wunderbare Jahre guckte, hätte ich mir nie und nimmer träumen lassen, dass ich Ehemännern und Vätern wie denen aus diesen Serien später einmal unter solchen Umständen begegnen würde. Aber ich habe bald begriffen, dass eine Sitcom nie die Wirklichkeit darstellt. Sie ist eine idealistische Utopie, erschaffen von einem Produzenten, der es darauf abgesehen hat, unsere gefühlsbetonte Seite anzusprechen. Der Unterschied zwischen dieser Utopie und unserer realen Welt könnte größer nicht sein.
    Bislang jedenfalls. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.
    Pling! Die Aufzugtüren öffneten sich. Ich setzte ein neckisches Grinsen auf, als mich Raymond an der Hand packte und den Korridor entlang zu seinem Zimmer führte.
    Jetzt bloß nicht unvorsichtig werden. Leichtsinn ist gefährlich, auch wenn das Spiel fast vorüber ist. Jeder noch so kleine Fehler, jede uncharakteristische Verhaltensweise oder Äußerung konnte sein Misstrauen erregen und zum Scheitern der Mission führen. Raymond wirkte zwar viel zu beschäftigt, um argwöhnisch zu werden, aber man konnte nie wissen. Ich muss immer auf Überraschungen gefasst sein, ganz gleich, wie berechenbar mein Testobjekt auch scheinen mag, muss stets hochkonzentriert bleiben, um nicht aufzufliegen.
    Es ist eine Sache, wenn er einen Rückzieher macht. Aber wenn er mir auf die Schliche kommt, bin ich geliefert.
    Er ließ meine Hand nur los, um seine Schlüsselkarte aus der hinteren Hosentasche zu fischen und ins elektronische Schloss zu stecken. Ich kicherte verlegen. Der erste Versuch schlug fehl – Karte verkehrt, Eintritt verwehrt. Ein rotes Licht blinkte auf. Schade, dass Raymond der symbolhafte Charakter des Augenblicks entging.
    Zweiter Versuch. Jetzt blinkte ein grünes Licht. Raymond drehte den Knauf und stieß mit der Hüfte die Tür auf, dann
schlang er mir den Arm um die Taille und zog mich mit sich hinein.

    »Eine Frage noch...«, hatte Mrs. Jacobs gesagt, als ich meine Siebensachen aufsammelte.
    Ich steckte das Foto ihres Mannes, das sie mir gegeben hatte, in meine Mappe und verstaute die Mappe in meiner Tasche. Dann hob ich den Kopf. »Ja?«
    Ich wusste, wie die Frage lauten würde.
    Sie kommt immer etwa an dieser Stelle.
    Sie muss kommen, ansonsten verfolgt die Auftraggeberin die ganze Woche, wenn nicht ihr ganzes Leben lang, dasselbe verstörende Bild.
    »Wie ist das mit dem... Sex?«, presste Mrs. Jacobs hervor. »Haben Sie vor... äh... mit ihm zu...« Sie verstummte, brachte es nicht über die Lippen. Konnte es vermutlich nicht einmal denken.
    »Nein«, sagte ich kategorisch. Das war ein unumstößlicher Bestandteil der Mission, und genau so musste ich es präsentieren.
    Sie atmete erleichtert auf. »Gott sei Dank.«
    Ich lächelte warm. »Mrs. Jacobs, ich versichere Ihnen, mein Test zielt ausschließlich darauf ab, Ihrem Mann die Bereitschaft zum Seitensprung nachzuweisen. Es kommt nicht zum Verkehr.«
    Wieder rutschte sie unruhig auf ihrem Sessel hin und her. »Die Bereitschaft zum Seitensprung«, wiederholte sie halblaut.
    »Ganz recht«, bestätigte ich und nickte nachdrücklich.
    »Und was bedeutet das genau ?«

    Wir stolperten unbeholfen durch die extravagante Penthouse-Suite. Raymonds

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