Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
berühmte Persönlichkeiten ein, die irgendwann in ihrem Leben versucht haben, nach Paris zu gelangen. Charles Lindhberg, Lance Armstrong, Audrey Hepburn, Ernest Hemingway, selbst Hitler. Ich dagegen versuchte, Paris zu entkommen, wie es sich für eine Reinkarnation von Marie Antoinette gehörte.
»Verstehen Sie das denn nicht?«, bellte ich ins Telefon, während ich aufgebracht in meinem Hotelzimmer hin und her tigerte. »Ich habe bereits ein Ticket nach Los Angeles, aber erst für Freitag.«
Eine ganze Stunde telefonierte ich nun schon mit dem »Kundenservice« von Air France, um meinen Flug umzubuchen. In L.A. war es jetzt ein Uhr nachts. Um diese Zeit war mein Stammreisebüro dummerweise nicht besetzt.
Im Gegensatz zu meinem letzten Aufenthalt, den ich um zwei Wochen verlängert hatte, um die Stadt zu erkunden, konnte ich es diesmal kaum erwarten, endlich abzureisen.
Ich hatte genug gesehen.
»Ich glaube, Sie verstehen nicht, Miss Hunter«, tönte es in fast akzentfreiem Englisch aus der Leitung. »Alle unsere Flüge sind restlos ausgebucht.«
»Gibt es hierzulande denn keine Stand-by-Tickets?«
Die Air-France-Angestellte war wie ich allmählich am Ende mit ihrer Geduld. »Selbstverständlich gibt es die, und ich kann Sie gern auf die Liste setzen, Miss Hunter, aber in diesem Fall kann ich nicht garantieren, dass Sie erster Klasse fliegen.«
Ich seufzte. »Das ist mir egal. Und wenn ich im Frachtraum zwischen Koffern und Hundekäfigen sitzen muss – ich will nach Hause! «
»In Ordnung, Miss Hunter. Wenn Sie sich bitte einen Augenblick gedulden würden, versuche ich …«
»Oh nein, bitte nicht wieder die Warteschleife!«
Zu spät. Schon ertönte erneut das ach-so-beruhigende Hintergrundgedudel. Immerhin mit Anklängen an klassische französische Chansons.
Seufz. Ich schnappte mir die Fernbedienung und suchte einen englischen Sender. Ah, CNN. Ich warf die Fernbedienung aufs Bett. Vielleicht konnte ich mich ja mit den Problemen anderer Menschen ein bisschen ablenken, während Air France die meinen löste. Irakkrieg, Selbstmordattentate in Israel, Kinderarbeit in Mexiko – verglichen damit sollte mir mein Leben doch vorkommen wie das reinste Honiglecken.
Dummerweise lief auf CNN gerade eine Sondersendung zum Thema Politskandale in den USA. Nicht besonders hilfreich.
»Hallo?«, tönte eine Männerstimme aus dem Hörer.
»Ja?«
»Was kann ich für Sie tun?«
»Bin ich etwa schon wieder weiterverbunden worden?«
»Sieht ganz danach aus. Wie kann ich Ihnen helfen?«
Ich stöhnte. »Ich habe einen Flug nach L.A. für Freitag, möchte aber umbuchen und schon heute fliegen«, erklärte ich zum ungefähr zehnten Mal.
Ich hörte ihn tippen. »Tut mir leid, für heute sind die Flüge nach L.A. komplett ausgebucht. Ich könnte Ihnen einen Flug am Mittwochvormittag anbieten.«
Doch ich war abgelenkt – soeben flimmerte das Bild eines nur allzu vertrauten Gesichtes über den Fernsehbildschirm. »Das darf doch nicht wahr sein!«
»Bedaure, aber ich kann Ihnen keine andere Möglichkeit anbieten«, entschuldigte sich der Air-France-Angstellte.
Ohne darauf einzugehen, tappte ich nach der Fernbedienung und stellte den Ton lauter.
»Dieser republikanische Senator des kalifornischen Senats hat erst vor Kurzem bekannt gegeben, dass er für das Repräsentantenhaus kandidieren wird«, berichtete der CNN-Reporter.
»Hallo, Miss Hunter? Sind Sie noch da?«
»Ähm, ja«, stammelte ich, hin und her gerissen zwischen meiner Neugier und dem Wunsch, Paris endlich den Rücken kehren zu können. »Ach, ich fliege einfach stand-by«, sagte ich hastig und legte auf, während der Fernsehreporter fortfuhr: »Umso überraschter, ja, geschockter reagierte seine Familie, als einer seiner Opponenten kürzlich verlauten ließ, Daniel Austin sei homosexuell.«
»Nicht zu fassen«, stieß ich hervor.
Nun wurden Ausschnitte einer Pressekonferenz gezeigt. Kein Zweifel. Der Mann, der da den Medien auf einem Podium Rede und Antwort stand, flankiert von einer Frau in einem dunkelblauen Kostüm, war niemand anderes als Daniel Miller , der schwule Segeljachtbesitzer, dem John und ich neulich am Hafen »zufällig über den Weg gelaufen« waren. Offenbar hieß er gar nicht Daniel Miller, sondern Daniel Austin und war ein wichtiger kalifornischer Politiker!
»Ich sehe keinen Anlass, mich für die Tatsachen zu schämen, mit denen meine politischen Gegner an die Öffentlichkeit getreten
sind«, verkündete er gerade. »Und obwohl ich
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