Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
sagen kannst, was an der ganzen Chose positiv sein soll.«
Sophie spitzte die Lippen und sah stur gerade aus. »Also, äh …«
Ich ließ den Kopf schwer gegen die Nackenstütze sinken. »Du sagst es.«
»Es gibt immer eine positive Seite«, beharrte sie. »Du musst nur lange genug suchen.«
»Du meinst, ich muss es mir nur lange genug einreden, dann glaube ich es am Ende selbst?«
Sophie warf mir einen Blick aus den Augenwinkeln zu. »Da ist jemand in den vergangenen vierundzwanzig Stunden aber ganz schön zynisch geworden.«
Ich schloss die Augen. »Das war ich immer schon, ich hab’s nur nie gezeigt.«
Nicht einmal mir selbst , dachte ich.
»Was hast du jetzt vor? Arbeitest du weiter als Treuetesterin?«
»Weiß ich noch nicht«, sagte ich ausweichend.
Ich war noch zu keiner Entscheidung gekommen, obwohl ich mir darüber im Laufe meiner Reise durchaus Gedanken gemacht hatte. Ich hatte nicht nur wegen Jamie einen Schlussstrich ziehen wollen. Zugegeben, er war ein gewichtiger Grund gewesen, aber ausschlaggebend war die Tatsache gewesen, dass er mir die Augen geöffnet hatte.
Dass es auch ein paar treue Männer gab.
Von dieser Überzeugung war ich inzwischen wieder abgekommen.
Als Sophie vor meinem Haus hielt und mich ansah, hatte ich das Gefühl, sie könnte meine Gedanken lesen. Ich hätte mein Geld darauf verwettet, dass sie genau das gerade tat.
»Eric kommt dieses Wochenende zu Besuch. Wir haben die erste Besprechung mit unserer Hochzeitsplanerin.«
Ich lächelte matt. »Großartig.«
»Es wäre schön, wenn wir uns am Sonntag zum Brunch treffen könnten. Sofern dir danach ist.«
»Du, ich und die Hochzeitsplanerin?«, scherzte ich.
Sophie lachte erfreut angesichts meines Galgenhumors.
»Nein, du Dussel. Du, Eric und ich. Ich möchte, dass ihr euch kennenlernt. Diesmal richtig.«
Ich wandte den Blick ab, sah aus dem Fenster. »Okay.« Sophie suchte nach Worten. »Ich dachte nur, es könnte
dich vielleicht aufmuntern, zur Abwechslung mal einen von den Guten kennenzulernen.«
Okay, jetzt war ich sicher, dass sie meine Gedanken lesen konnte. Zum Glück offenbar nicht alle, denn der zynische Teil meines Hirns dachte gerade: Sei dir mal lieber nicht so sicher, was Erics Treue angeht.
»Da könntest du recht haben.« Ich ließ die Schnalle des Sicherheitsgurtes aufschnappen.
»Entschuldige«, sagte sie rasch. »Das war vielleicht ein bisschen rücksichtslos. Ich bin es nicht gewohnt, dich aufheitern zu müssen. Sonst war es immer umgekehrt.«
Ich grinste schief und drückte ihr liebevoll die Schulter. »Du machst das großartig.«
Wir stiegen aus, und Sophie half mir beim Ausladen des Gepäcks. »Soll ich noch mit hochkommen und dir ein Weilchen Gesellschaft leisten? Dir einen Tee machen oder so?«
»Sophie, ich habe nicht vor, mir die Pulsadern aufzuschlitzen. Ich gehe schlafen. Ich bin innerhalb von zweiundsiebzig Stunden nach Europa und zurück geflogen.« Ich zog den Teleskopgriff meines Rollkoffers heraus.
»Weiß ich doch. Ich hatte nicht befürchtet, du könntest dir …«
»Ich melde mich, sobald ich ausgeschlafen bin.«
»Wenn man es genau nimmt, ist er nicht fremdgegangen«, erinnerte sie mich – unnötigerweise, denn exakt um diese Frage waren meine Gedanken in den vergangenen zwei Tagen unaufhörlich gekreist. Ganz egal, wie ich die Sache auch drehte und wendete, ich war bislang zu keinem konkreten Schluss gekommen.
War er schon fremdgegangen, indem er mich nach Paris mitgenommen hatte? Oder war er unschuldig?
Ich kam einfach auf keinen grünen Zweig. Die Grenzen
zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Recht und Unrecht verschwammen.
»Findest du?«, fragte ich skeptisch.
Sie überlegte, trieb hilflos in dem Ozean möglicher Antworten und Interpretationen. Ein gefährliches Unterfangen – die Strömung war nicht zu unterschätzen. Wenn man erst einmal zu weit draußen war, schaffte man es womöglich nicht mehr zurück zum Ufer. »Oder vielleicht doch?«, entgegnete sie schließlich.
Ich schnaubte. »Willkommen in meiner Welt.«
Mit diesen Worten ergriff ich meinen Koffer und ging ins Haus, nicht ohne einen bittersüßen Abschied von der Sonne zu nehmen. Ich hatte nicht vor, in den kommenden zwei Jahren einen Fuß vor die Tür zu setzen.
Ich fand meine Wohnung genauso weiß und blitzsauber wie immer vor. Marta musste hier gewesen sein, während ich nach Paris geflogen, in Paris mit Jamie Schluss gemacht oder aus Paris zu flüchten versucht hatte. Gleich an der Tür ließ
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