Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
nicht anmerken zu lassen, das mich bei dem Gedanken erfasste. »Wie könnte ich das je vergessen?«
Zoë riss die Wohnungstür so weit auf, dass eine Elefantenparade hindurchgepasst hätte. Dann hielt sie inne und wandte sich theatralisch zu mir um, als wollte sie gleich das Geheimnis um die streng gehütete Coca-Cola-Zutat lüften. »Und ruf Sophie an!«, befahl sie mit gestrengem Blick, ehe sie die Tür hinter sich zuknallte. Die Meisterin des dramatischen Auftritts hatte offenbar den effektvollen Abgang für sich entdeckt.
Normalerweise hätte ich mir nach Zoës theatralischer Einlage Vorwürfe gemacht, weil ich mich nicht überwinden konnte, meine beste Freundin trotz unseres dämlichen Streits anzurufen. Ich hätte zum Telefon gegriffen, kleinlaut die erste einer ganzen Reihe gegenseitiger Entschuldigungen ausgesprochen und dann noch eine Weile mit Sophie darum gerungen, wen denn nun die größere Schuld traf.
Doch heute war kein normaler Tag.
Im Grunde gibt es so etwas wie normale Tage bei mir gar nicht.
Ich kam zu dem Schluss, dass ich mich mental und emotional in einer viel besseren Ausgangsposition zur Beilegung unserer Streitigkeiten befände, wenn ich erst die anderen Probleme in meinem Leben gelöst hatte... sprich, wenn ich dem Racheengel, der hinter www.vorsichtfalle.com steckte, auf die Spur gekommen war.
Während sich Zoë vorhin in endlosen Reden über das Universum und seinen Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen ergangen hatte, war mir eine Erleuchtung gekommen.
Okay, Erleuchtung war etwas übertrieben. Eine Idee. Ein erster kleiner Hoffnungsschimmer an diesem rabenschwarzen Tag.
Ich kehrte in mein Arbeitszimmer zurück, klappte meinen Laptop auf und nahm noch einmal die unverständlichen Zeilen auf www.whois.com unter die Lupe, die ich vor Zoës Besuch eine gute Stunde lang ratlos angestarrt hatte. Abwechselnd mit den Fotos von mir.
Diese Domain gehört... »das geht dich einen feuchten Kehricht an« stand da zwischen den Zeilen.
Ich scrollte ungeduldig nach unten. Ah, da war es ja – »name server«, und dahinter ein Name: »NS2.Fiztech.net.« Zugegeben, ich bin alles andere als ein Computergenie, und
seit der Erfindung des Internets habe ich oft das Gefühl, dass meine Mitmenschen mit einem zusätzlichen Sprachchip ausgestattet sind, der auf dem Postweg zu mir leider verloren gegangen ist.
Aber vor etwas mehr als drei Monaten hatte ich einen Auftrag erhalten, für den ich mir ein wenig Computer-Fachchinesisch hatte aneignen müssen. Der Kandidat, ein Computerfreak aus dem Silicon Valley, hatte vor Jahren seine erste große Liebe geheiratet in der Überzeugung, sie wäre die Einzige, die ihn nehmen würde. Was vermutlich den Tatsachen entsprochen hatte, als er noch ein unwichtiger und eher unattraktiver Netzwerkadministrator bei einem Versandhaus für Büromaterial gewesen war. Mit der Zeit jedoch hatte sich nicht nur sein Aussehen zu seinem Vorteil entwickelt, sondern vor allem auch sein Kontostand und der Titel auf seiner Visitenkarte, und plötzlich gab es jede Menge Mädchen, die sich darum rissen, von ihm in die aufregende Materie der Informationstechnologie eingeweiht zu werden. Mädchen, von denen er es sich nie hätte träumen lassen, dass sie ihn je beachten, geschweige denn erhören könnten. Mädchen wie Ashlyn – eine hoch motivierte, technisch versierte Systemanalystin, die in einem feindlichen, von Männern dominierten Umfeld ums Überleben kämpfte.
Wer hätte gedacht, dass sich dieses Wissen noch einmal als hilfreich erweisen könnte!
Noch vor vier Monaten hätte ich den Ausdruck »name server« nämlich zweifellos mit Gastronomie oder Tennis in Verbindung gebracht, doch dank meiner damaligen Recherchen wusste ich nun, dass sich dahinter ein speziell ausgestatteter Rechner verbirgt. Dieser Rechner gehörte der Firma, bei der das Schwein, das mich via Internet terrorisierte, Webspace erworben hatte. Eine Art digitales Lager, wenn man so will.
Jetzt musste ich nur noch den Firmennamen googeln. Das
Resultat meiner Suche fiel eindeutig zu meinen Gunsten aus. Wie erhofft handelte es sich bei Fiztech.net um einen Einmannbetrieb. Betonung auf Mann.
Dieser Mann würde schon sehr bald Besuch erhalten.
Doch ehe ich Jason Trotting von Fiztech.net einen unerwarteten Besuch abstatten konnte, musste ich den für mich unerwarteten Besuch bei meinem Autohändler hinter mich bringen.
Als ich dort am Mittwochvormittag vorfuhr und aus meinem Range Rover stieg, kam
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