Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
seinen Satz beendet hatte. Jetzt dachte er bestimmt, ich hätte etwas zu verbergen. Ein paar Leichen, die ich erst beseitigen musste oder Drogen, die auf dem Sofatisch darauf warteten, gewogen und verpackt zu werden. Oder einen Ehemann, der annahm, ich würde den Abend mit meinen Freundinnen verbringen. In Wahrheit war ich einfach noch nicht bereit, Jamie in meine vier Wände zu lassen. Es war mir schon schwer genug gefallen, ihm meine Adresse zu verraten. Bei der Vorstellung, dass er in meiner Wohnung herumspazierte, wurde mir ein wenig flau im Magen.
Rasch stopfte ich die üblichen Verdächtigen in meine schmale Handtasche von Marc Jacobs: Schlüssel, Lipgloss, Pfefferminzbonbons, Kreditkarten, Bargeld und Personalausweis. Und... mein rosa Klapphandy. Das Treo lag stumm auf dem Küchentisch. Ich streckte die Hand danach aus, zuckte jedoch zurück, als könnte ich mir an seinem Metallgehäuse die Finger verbrennen. Aus unerfindlichen Gründen kam mir dieser Augenblick, diese scheinbar belanglose Entscheidung, wie ein bedeutender Wendepunkt in meinem Leben vor. Mit einem letzten Blick auf das Treo zog ich triumphierend den Reißverschluss meiner Handtasche zu und schwang sie über die Schulter.
Erstaunlich, wie leicht sie sich auf einmal anfühlte. Als würde dieses kleine Gerät nicht knappe zweihundert Gramm wiegen, sondern um die hundert Kilo.
Im Lift nach unten hatte ich plötzlich Schmetterlinge im Bauch. Dabei war das beileibe nicht mein erstes erstes Date. Im Grunde habe ich drei bis vier Mal die Woche ein erstes Date. Zugegeben, immer mit bestimmten Absichten. Aber trotzdem. Ich war ein Profi im Umgang mit Männern. Ich wusste, wie man sie dazu bewegt, einen zu mögen. Ich konnte
ihre Gedanken lesen. Kannte ihre Spielchen. Doch das war Ashlyn, nicht ich. Und als sich die Aufzugtüren wie in Zeitlupe öffneten und ich durch den bedrohlichen Schlund ins Freie trat, hatte ich das Gefühl, mich auf gänzlich unbekanntes Terrain zu begeben.
Ich betrachtete mich prüfend in den verspiegelten Wänden der Lobby. Sophie hatte ganze Arbeit geleistet. Sie hatte sich tapfer durch den Dschungel meines Kleiderschrankes gewühlt und binnen kürzester Zeit im Ausschlussverfahren ein Outfit für mich zusammengestellt: rosa Spitzentop, cremefarbener Cardigan, hautenge Jeans.
Dann hatte sie im Badezimmer die Schublade mit den Accessoires auf den Kopf gestellt und mir als Ergänzung des Ensembles einen Keramikarmreif und verspielte dunkle Ohrgehänge mit rosa Perlen in die Hand gedrückt.
Vor dem Haus stand ein weißes Jaguar-Cabrio – mit geschlossenem Verdeck, laufendem Motor und eingeschalteten Scheinwerfern. Nicht zu übersehen.
Ich war noch keine drei Schritte darauf zugegangen, da öffnete sich die Fahrertür, und Jamie kletterte aus dem Wagen, um mich zu begrüßen. Er sah umwerfend aus. Noch besser, als ich ihn in Erinnerung gehabt hatte. Er trug eine beigefarbene Hose, dazu ein eng geschnittenes schwarzes Hemd aus Jerseystoff und eine kragenlose Jacke.
Als er mich vorsichtig auf die Wange küsste, ging ein Prickeln durch meinen Körper. Ich räusperte mich. »Das ist er also, Ihr Jaguar?«
»Das ist er. Sind Sie beeindruckt?«
Ich schüttelte lachend den Kopf. »Nicht besonders.«
»Mist. Ich will mein Geld zurück.« Er ging um den Wagen herum und hielt mir die Beifahrertür auf. »Der Verkäufer hat behauptet, bei einem Jaguar würden die Frauen dahinschmelzen.«
Jamie setzte sich hinters Steuer und drückte einen Knopf am Armaturenbrett, worauf sich langsam das Verdeck öffnete. Ich spürte eine kühle Brise im Gesicht.
»Und, sind Sie jetzt beeindruckt?«
»Hm. Ein bisschen, ja.«
»In fünf Jahren werde ich vierzig. Ich habe beschlossen, die Midlife-Crisis mittels Cabrio-Kauf schon mal etwas vorzuverlegen.«
»Wow!«, stieß ich hervor. »Fast vierzig! Sie wirken so...«
Er warf mir einen warnenden Blick zu.
»... jung geblieben für Ihr Alter«, schloss ich grinsend.
»Danke. Ich lasse die Fenster geschlossen, damit Sie nicht um Ihre Frisur fürchten müssen.«
»Sehr rücksichtsvoll von Ihnen«, scherzte ich, obwohl ich mir deswegen insgeheim schon Sorgen gemacht hatte.
»Also...« Jamie legte sich den Sicherheitsgurt an. »Ich gehe davon aus, dass eine Frau wie Sie häufig mit Männern verabredet ist.«
»So, so. Was meinen Sie denn mit ›eine Frau wie Sie‹?«
Er suchte einen neuen Radiosender. »Ich meine damit ›eine so hübsche Frau wie Sie‹.«
»Oh. Danke.« Schluck. Ich
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