Trias
ungeduldig. Dass die Deutschen wachsende Probleme mit Neonazis hatten, war ja längst kein Geheimnis mehr.
»Ich lernte Sprock in Prag kennen. Er besuchte einen Vortrag von Spread, den jener aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verlesen konnte. Spread lag bereits ermordet in seinem Hotelzimmer.«
»Und Sie ließen ihn laufen?«, fragte Talo erregt.
»Nach einem Verhör, ja. Er hatte ein Alibi. Und zu jenem Zeitpunkt fahndete niemand nach ihm.«
Talo schüttelte den Kopf. »Und nun haben wir von eben jenem Sprock vielleicht ein Attentat auf den russischen Präsidenten am Hals.«
»Kann durchaus sein«, sagte Croy zerknirscht.
»Tatsache ist doch, dass wir mindestens drei unüberschaubare Sicherheitsrisiken haben. Einen bislang Unbekannten, der im Besitz von hundertfünfzig Kilo Plastiksprengstoff ist; einen größenwahnsinnigen chinesischen Geheimdienstchef, der einen Vertrag verhindern will; und eine Horde Neonazis, von denen wir bislang nicht genau wissen, was sie vorhaben. Habe ich etwas vergessen, Mister Kaltenborn?« Der BKA-Vize knurrte etwas Unverständliches.
»Aufgrund der Bedrohungslagen gibt es nur eine Schlussfolgerung: Wir blasen den Gipfel ab, bevor es zu spät ist …«
»Geht nicht, Talo!«, trompetete Kanzleramtschef Wilkens prompt. »Deutschland braucht diesen Gipfel. Wie Sie wissen, haben wir einige innerdeutsche Probleme aufgrund des hohen Ölpreises, der erneut gestiegenen Arbeitslosigkeit und einer erstarkten außerparlamentarischen Opposition. Die Bundeskanzlerin will diese Veranstaltung. G8 wird hier stattfinden.«
»Und Sie glauben tatsächlich, die Sicherheit der Regierungschefs garantieren zu können?«, fragte Talo Wilkens mit arrogantem, aber auch verärgertem Unterton.
»Ich koordiniere die deutschen Geheimdienste, Mister Talo. Das dürften Sie wissen.«
»Wenn Sie da mal nicht die Kontrolle verloren haben«, konterte der CIA-Agent und schüttelte genervt den Kopf.
Kaltenborn nahm Talos Faden auf. »Der Mann mit dem gestohlenen Sprengstoff ist unser kleinstes Problem. An ihm sind wir dran, der kommt nicht weit. Die Chinesen zu kontrollieren dürfte in der Tat etwas schwieriger sein. Ich denke aber, dass wir über offizielle diplomatische Kanäle punkten könnten. Und was Sprock anbelangt: Hier ist lediglich eine intensive Ermittlungs- und Fahndungsarbeit nötig.«
Er hatte kaum geendet, als es an der Tür zu seinem Büro heftig klopfte.
»Herein!«
Ein junger BKA-Beamter eilte auf Kaltenborn zu und drückte ihm hektisch zwei Blatt Papier in die Hand.
»Verdammt!« Kaltenborn sprang auf und stakste mit wuchtigen Schritten um den Besprechungstisch herum. »Verdammt! Verdammt! Verdammt!« Die Augenpaare seiner Zuhörer verfolgten ihn mit einer Mischung aus Schreck und Neugier.
»Hier steht …«, er wedelte mit dem ersten Blatt Papier durch die Luft, doch dann blieb ihm der Atem weg. Er konnte nicht glauben, was dort stand. Sprachlos sah er in die Runde.
»Geben Sie es mir «, sagte Croy fürsorglich zu seinem Vorgesetzten. Kaltenborn reichte das Papier folgsam weiter. Während Croy zu lesen begann, gab er seiner Stimme Festigkeit.
»An die Veranstalter des Treffens der G8-Mitgliedstaaten in Marienstrand, Deutschland Sie planen, mit amerikanischen Imperialisten und hegemoniesüchtigen Russen einen Vertrag zu beschließen, der die Welt an den Rand einer wirtschaftlichen Katastrophe bringt. Deutschland ist dabei, gemeinsam mit den USA und Russland die Weltmacht an sich zu reißen. Wer das Öl hat, hat die Macht.
Im Kampf gegen den ungerechtesten Vertrag, den die Nachkriegsgeschichte kennt, werden wir jedes Mittel nutzen, um ihn zu verhindern. Sie haben Ihr eigenes Schicksal, Frau Bundeskanzlerin, und die Schicksale des russischen Präsidenten und der amerikanischen Präsidentin in der Hand. Wir erwarten von Ihnen bis zum 14. Dezember, 14 Uhr deutscher Ortszeit, die Erfüllung folgender Forderungen:
Sie veröffentlichen in der New York Times eine Geburtsanzeige mit folgendem Inhalt: ›Wir geben mit großer Freude die Geburt unseres Sohnes Matthew bekannt. Auf dass die Guten ins Paradies kommen und die Bösen auf ewig in der Hölle brennen.‹ <
Zur Sühne Ihrer imperialistischen Planungen zahlen Sie bis zum selben Tag zugunsten unserer Organisation einen Strafzoll in Höhe von 100 Millionen US-Dollar auf ein Konto auf den Cayman-Inseln ein. Die Nummer werden Sie erfahren.
Sollte beides nicht bis zu den vereinbarten Terminen erfolgen, werden Präsident Semjonow,
Weitere Kostenlose Bücher