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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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Präsidentin Wood und Sie, Frau Bundeskanzlerin, das G8-Treffen aller Voraussicht nach nicht überleben.«
    Croy sah blinzelnd in die Runde. »Eine Unterschrift fehlt.«
    Jetzt gab es unter den Anwesenden kein Halten mehr. Erregte Stimmen überlagerten sich gegenseitig, Wortfetzen flogen wie zornige Hornissen durch den Raum. Kaltenborn setzte sich mit seinem Bass als Erster durch.
    »Ruhe!«, verlangte er, »Ruhe, bitte!«
    Er sah ungeduldig auf Ermittler Croy und Special Agent Talo. Beide diskutierten immer noch miteinander.
    »Ich würde Sie beide bitten, mir zuzuhören. Danke.«
    Sie hielten abrupt inne.
    »Ob dieser Erpresserbrief echt ist, werden wir sofort prüfen lassen. Linguistiker müssen da ran, Kalligraphen, die ganze Armada an Spuren- und Deutungsspezialisten. Von wem der Brief auch immer ist: Wir müssen so oder so Sprock finden und ihn unschädlich machen. Gibt es erste Vermutungen?«
    Talo meldete sich zu Wort. »Ich tippe auf die Chinesen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass Staatschef Jiang von einem derartigen Brief Kenntnis hat.«
    Kaltenborn sagte: »Es könnte auch Sprock selbst sein, der in die Trickkiste greift. Er gaukelt uns mit dem Brief vor, die wichtigsten Regierungschefs töten zu wollen, um von seinem eigentlichen Ziel, dem russischen Präsidenten, abzulenken.«
    »Gegen Sprock als Verfasser spricht Art und Weise des Briefes«, warf Croy ein. »Als Nationalkonservativer und als Chef eines deutschen Neonazi-Netzwerks wird ihm eher an einem starken Deutschland gelegen sein. Andererseits kann er 100 Millionen gut gebrauchen. Jetzt, wo sein Freund und Gesinnungsgenosse Spread nicht mehr lebt.«
    Talo rief dazwischen: »Nein! Ich tippe eher auf chinesische Terroristen. Der Verfasser spricht von aufstrebenden Nationen. China ist eine solche Nation. Vielleicht die gierigste von allen.«
    »Das könnte man auch von einigen osteuropäischen Ländern behaupten«, warf eine BKA-Beamtin ein, »die mit Dumping-Steuersätzen und -Löhnen westeuropäische Investoren in großem Stil anlocken und mit Milliardensubventionen beglücken.«
    »Vielleicht«, sagte Talo. »Nehmen wir dennoch an, es handelt sich um chinesische Terroristen: Könnte es sein, dass die gleiche Organisation die Anschläge auf Rumpf, Spread und Kirijenko verübt hat? Und wäre die gleiche kriminelle Energie Sprock wirklich zuzutrauen? Würde das zu ihm passen? Ein Düngemittelfabrikant als Terrorist, eine Neonazi-Organisation als Terrornetzwerk?«
    Die Ermittler sahen sich zweifelnd an. Kanzleramtschef Wilkens schien überfordert, er blickte mit blassem Gesicht in die Runde. Kaltenborn nickte ihm mitfühlend zu und sagte streng: »Sie halten bitte Funkstille bis frühestens morgen Mittag. Bis dahin wissen wir, ob wir G8 verschieben oder veranstalten. Haben wir uns im Interesse der Sicherheit dieses Landes und der Ruhe seiner Bürger verstanden?« Kaltenborns Blick ließ Wilkens keine Wahl. Er nickte nur stumm.
     
    Während sich Croy an Sprock heftete, nahm Talo Tuchfühlung zu Informanten nach Peking auf. Croy stellte eilig ein Fahndungsteam zusammen. Er fragte bei LKA-Beamten in Köln Ergebnisse ihrer Durchsuchung der Büros und der Labore der Düngemittelfabrik ab und ließ Fahndungsaufrufe an alle Polizeidienststellen und öffentlichen Ämter versenden. Indessen besprach Kaltenborn mit seinen Kommissaren das Vorgehen bei der weiteren Observierung Strachows. Er schärfte ihnen ein, jede noch so kleine Auffälligkeit sofort an ihn weiterzuleiten. Dass Kaltenborn nicht sofort den Befehl zur Verhaftung des Agenten gab, führte zu einer längeren Diskussion unter den Beamten. Aber da war Kaltenborn schon aus dem Zimmer verschwunden. Ihre Mutmaßungen führten zu keinem Ergebnis.
    Nur kurze Zeit später teilte der Wachschutz von Sprocks Firma mit, dass ihr Geschäftsführer in der vorvergangenen Nacht in einem weißen Transporter mit unbekanntem Ziel davongefahren sei. Die Bilder der Überwachungskameras zeigten klar und deutlich Sprock, wann er angekommen, wie lange er im Laborgebäude geblieben war, den Wagen beladen und den Hof wieder verlassen hatte. Croy löste eine Fahndung nach einem weißen VW-Transporter des Typs Crafter aus.
    Weitere zwei Stunden später erreichte ein weiteres Fax ohne Absenderkennung den Einsatzstab. Der Erpresser teilte darin lediglich seine Kontonummer mit.

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    Berlin-Mitte und München-Pullach, Bundesnachrichtendienst, gleicher Tag, gleiche Zeit
    Strachow war weder am Montag noch am heutigen

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