Trias
begeben uns jetzt mit der Zielperson hinein, alles ruhig«, schnarrte Marlowe aus der Leitung.
»Gehen Sie vor wie besprochen. Es hängt von ihr ab, wie sicher ihr Leben und das ihrer Freundin in Zukunft sind. Und bleiben Sie mit Ihren Agenten an der zweiten Zielperson.«
11
Berlin-Wedding, an der Spree, 22:11 Uhr
Die Lagerhalle am Berliner Westhafen hatte bis zu seiner Übernahme durch den BND als Speicher für Getreide gedient. Die Höhe der Decke betrug mehr als acht Meter. Vier Ventilatoren in der Größe von Kutschenrädern hingen von ihr herab. Aus dem rohen Betonboden wuchsen einzelne Stützpfeiler an die Decke. Ihre Kanten wiesen Schlagspuren auf, der Putz war rissig und grau.
Neu und sogar elegant wirkte eine Konstruktion aus Holz und Glas, die als eine Art Kontor am Ende der Halle an die Wand gesetzt war. Zwei Tische, vier Stühle, zwei Telefone und zwei Lampen waren die einzige Ausstattung. Zwei der Stühle waren gepolstert, einer aus rissigem Holz, staubig und hart. Die beiden Agenten hatten der Journalistin den Holzstuhl zugewiesen, sich ihr gegenübergesetzt und sahen sie an. Einer von ihnen war BND-Agent Hans Strachow. Von der Decke saugte ein Kameraobjektiv mit einem empfindlichen Mikrofon jede Bewegung und jedes Geräusch auf die Festplatte eines handtellergroßen Computers.
»Ich habe Durst, ich möchte rauchen, und eigentlich würde ich doch ganz gerne gehen«, sagte die Journalistin. Ihre Stimme war viel zu wacklig, als dass sie einen bleibenden Eindruck hinterließ. Erwartungsgemäß blieben beide Männer unnachgiebig.
»Arbeiten Sie nicht mit uns zusammen, können wir für Emma Rumpfs und Ihr Wohlergehen nicht garantieren«, gab ihr Strachow zur Antwort. Seine langen, zu einem Zopf gebundenen Haare lagen als schwere Strähnen auf seinem Kragen. Er sah mit kaltem Blick auf ihren Hund.
»Ich könnte ihn erschießen«, sagte er leichthin, »und das wäre erst der Anfang aller Qualen.«
»Was wollen Sie genau von mir?«, gab sich Katja konstruktiv.
»Informationen«, antwortete Strachow. »Sie wären nicht die erste Journalistin, die uns unterstützt. Von Ihren männlichen Kollegen ganz zu schweigen. Wir verstehen uns als Beschützer, nicht als Angreifer.« Der Agent lächelte gewinnend. Er strich sich über den aschblonden Zopf. Sein Blick wurde eine Spur wärmer.
Katja betrachtete die beiden Männer mit kunstvoll-zynischem Interesse. Sie fuhr sich durch die blonden Haare. Trotz ihrer Anspannung schaltete sie ihren inneren Motor auf einen hohen Gang.
»Agenten, die sich missverstanden fühlen? Ach, mir bricht es fast das Herz. Und das soll ich Ihnen glauben? Wen schützen Sie denn? Mich haben Sie angegriffen, in Ihr Auto gezerrt, praktisch entführt … Und da erwarten Sie von mir Entgegenkommen?!«
Ihre Stimme hatte sich überschlagen. Ihr Hund Charlie sah erschreckt zu ihr auf und ließ ein unrhythmisches Hecheln hören. Dann machte er sich wieder flach.
»Wonach suchen Sie? Informationen kriegen Sie doch auch auf andere Weise. Leitungen abhören, hinter Menschen herspionieren, Betäubungsmittel in Weingläser schütten. All dieses Zeug, was man so hört und liest und im Kino sieht. Ihr …«, verfiel die Journalistin in eine abschätzige Duzform, »habt doch für alles einen Freibrief, ihr seid doch der Staat im Staate …« Sie bemerkte eine Abnahme ihrer Energien. Eigentlich war ihr zum Heulen.
Katjas Rage ließ die Agenten scheinbar kalt. Sie hörten ihr zwar zu, aber Strachow besah sich unbeeindruckt den Dreck unter den Fingernägeln, während der andere, ein Mann mit einem Gesicht wie eine Spitzmaus, ihre Beine fixierte. Er hatte sich in anbiederischem Ton als Lutz vorgestellt, einen Vornamen, den sie nicht mochte. Er sprach in einem Kölner Unterschichtdialekt.
»Hören Sie«, sagte Lutz jetzt, »wir wissen nicht, ob Ihre Freundin Emma Rumpf in das Attentat verwickelt ist. Ihr Mann war Geheimnisträger, hatte mit vertraulichen oder streng vertraulichen Dokumenten zu tun. Wir wollen nur, dass Sie Ihre Augen und Ohren offen halten und uns berichten, was die Dame gerade treibt. Vielleicht ist sie ja auch in Gefahr? Natürlich könnten wir sie beschatten lassen, ihr Telefon anzapfen, ihre Post kontrollieren, aber …«
»Was aber?«, unterbrach Katja. Sie klang wieder eingeschüchtert.
»Wir denken, dass Sie als Ihre Freundin großes Vertrauen genießen und uns und ihr mit einer vorübergehenden Mitarbeit einen Gefallen tun.«
»Ich bin Journalistin, keine
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