Trias
Zuträgerin.«
Strachow hatte ihr mit lebhaftem Gesichtsausdruck zugehört, geriet jetzt aber in Rage:
»Ihr Journalisten tut immer so, als ginge ohne euch die Gesellschaft unter. Aber wenn ihr dem Land mal ganz konkret einen wirklichen Dienst erweisen sollt, fühlt ihr euch gleich wie kaserniert.«
Diese Art des Streits war Katja nicht fremd. Und wäre die jetzige Situation eine andere, würde sie ihrem Streitpartner sogar Respekt zollen. Doch hier ging es um sie persönlich. Deshalb ließ sie die Meinung des Agenten nicht einen Zollbreit gelten. Sie nahm nochmals all ihre Kraft zusammen und wies wortreich auf den Segen journalistischer Unabhängigkeit hin, auf das Credo der Kontrolle und der Analyse der vielfältigen Machtinteressen von Politik und Wirtschaft.
Doch darüber lachte ihr Widerpart nur und sagte: »Es ist doch seit Jahren so, dass Journalisten nur noch über das schreiben, was die Politik, Wirtschaft oder Sicherheitskräfte sowieso freigegeben haben. Nehmen Sie die Geiselnahmen im Jemen und Irak, die Wirtschaftsverträge mit Russland und Saudi-Arabien oder die stille Diplomatie mit den Terrorstaaten des Nahen Ostens: Alles, was nicht unmittelbar der Regierung schadet, wird breit gestreut. Aber was wirklich hinter den Kulissen läuft, wer sich welche Informationen wann zuschiebt, also all das, was die Ruhe der Regierenden stören könnte, gelangt längst nicht mehr an die Öffentlichkeit.«
Katja wusste, dass er recht hatte, doch noch waren und blieben bissige und analytische Kommentare ein wichtiges Druckmittel gegenüber der Politik und ein Aufklärungsinstrument für die Öffentlichkeit.
Die Spitzmaus legte indes nach: »Was ist denn mit den einstigen Flaggschiffen der Nachrichtenmagazine? Zu zahnlosen Tigern mutiert. Auf den Titelblättern ist mehr Esoterik, Psychologie, Sex und Amerikazweifel zu finden als boshafte Sticheleien gegen den Kurs der Regierung. Oder irre ich? Erinnern Sie sich an einen Fall der letzten Jahre, in denen Journalisten eine grobe Scheiße der Politik aufdeckten, bevor die vornehmen Zeitungen und Magazine nur noch die Ergebnisse bejammern konnten?«
»Das müsste Ihnen doch entgegenkommen«, sagte sie letztmalig aufbegehrend. »Ist nicht Heimlichtuerei Ihr Geschäft?«
»O nein«, antwortete Strachow überzeugt. Er spürte, dass Katja Kirchner beinahe weich gekocht war. Sein Begleiter nickte zustimmend. Strachow wählte jetzt das Programm Vertrauen schaffen mit treuem Blick.
»Auch die Geheimdienste haben eine Vorstellung von Demokratie. Uns ist es lieber, der Regierung würde vom Volk aus auf die Finger geschaut, als dass wir diejenigen sind, die mit einem Heer von Spitzeln und Zuträgern die Dummheit manches Politikers und den daraus resultierenden Volkszorn eindämmen sollen.«
»Und warum erzählen Sie mir das alles?«, fragte sie Strachow schwach.
»Wir halten Sie für eine gute Journalistin. Wir möchten, dass Sie überzeugt und engagiert unserer Bitte entsprechen. Wir ziehen nämlich Freiwilligkeit dem Zwang vor.«
Katja Kirchner ahnte, dass sie keine Wahl hatte, und gab ihren Widerstand auf. Sie besprach mit Strachow die Modalitäten ihrer Informationsübergabe. Als er sie anschließend danach fragte, was sie und Emma Rumpf in der Wohnung am Abend geredet hatten, ließ sie nichts aus. Während sie davon sprach, dass die Ehe der beiden in einer Krise gesteckt hatte, sahen sich die Agenten nur kurz an. Sehr viel deutlicher fiel ihre Reaktion aus, als Katja Kirchner von Rumpfs Geheimnistuerei berichtete.
»Sind Sie sicher, dass seine Ehefrau nicht weiß, welchen Job er zuletzt machte?«
»Davon bin ich überzeugt«, antwortete Katja ehrlich.
Die Agenten besprachen sich kurz und fuhren sie dann bis vor ihre Haustür. Bei der Verabschiedung stießen sie eine der üblichen Drohungen aus:
»Falls Sie mit jemandem über unser Treffen und unsere Abmachung reden, müssen Sie mit ernsten Konsequenzen rechnen.« Sie nickte nur stumm und trieb Charlie strenger als sonst vor sich her in ihre Wohnung. Den Abend verbrachte sie in der Badewanne mit zu viel Weißwein und Kerzen, die sie wie auf einem Altar vor sich gruppiert hatte.
Währenddessen meldete Hans Strachow alias Marlowe an seinen Vorgesetzten Hess Vollzug.
»Sie hat sich unter den üblichen Protesten der Journalisten dennoch als Informantin verpflichtet.«
»Jetzt muss unser Huhn nur noch Eier legen«, gackerte Hess zufrieden in den Hörer.
»Niedliches Bild«, sagte sein Agent anbiedernd und legte
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