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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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bestätigte der General, erhob sich und griff in seinem Bambusschränkchen nach einer Flasche Wu Chia Pi, einem hochprozentigen Kräuterschnaps, und zwei Gläsern.
    »Wann stellen Sie mir den Marokkaner vor?«
    »Sie meinen Kamidou Saanigri?«
    Kong blickte auf die Uhr. »In etwa einer Stunde.« Er goss die Gläser als Doppelstöcker voll.
    Beide sahen sich in die Augen.
    »Auf die Revolution!«
    »Auf die Revolution!«
    Der Schnaps war mild, aber er hatte Feuer. Beide durchlief ein wohliger Schauer.
    »Kommen Sie«, sagte Kong, »wir haben noch etwas Zeit. Ich zeige Ihnen unsere jüngste Beute. Totmacher einer Gruppe Ninjas. Absolut Hightech. Sie wollten letztes Jahr in Taiwan im Auftrag japanischer Imperialisten eine chinesische Bank sprengen. Wir haben sie aufgerieben und jeden von ihnen getötet.«

2
    Berlin, Auswärtiges Amt, am Tag darauf, 20:00 Uhr
    Früher als heute war es Emma Rumpf nicht möglich gewesen, die Diensträume im Auswärtigen Amt zu betreten. Zwei Wochen waren seit dem Attentat auf ihren Mann vergangen, und immer noch saß der Schock über den Verlust tief. Und hätte der Außenminister sie nicht persönlich gedrängt, langsam wieder zur »Normalität zurückzukehren«, wäre sie auch die folgenden Tage dem Amt ferngeblieben. Zu sehr waren die Räume mit Erinnerungen an ihren Mann und ihre gemeinsame Arbeit belastet.
    Als Emma Rumpf das Büro des Krisenstabes betrat, nickten ihr die Mitarbeiter und ihr Dienstherr Kohlhoff freundlich zu. Sie setzte sich auf den einzigen freien Stuhl und blickte sich unsicher um. Vor Kohlhoff und den anderen Beamten lagen Aktenordner, Papiere mit E-Mails und persönlichen Schriftstücken Rumpfs, Kopien von zentimetergenauen Landkarten der Umgebung von Görlitz und eine mehrere Seiten umfassende Einschätzung der bisherigen Erkenntnisse. Kohlhoff referierte die mageren Ergebnisse beinahe eine halbe Stunde lang. Als er fertig war, nickte der Außenminister Rumpfs Witwe mitfühlend und freundlich zu.
    »Liebe Kollegin Rumpf …«, sprach er sie vorsichtig an und erntete von ihr einen kühlen Blick. »Ich bitte Sie, uns baldmöglichst mitzuteilen, ob sich in Ihrer gemeinsamen Wohnung noch weitere persönliche Unterlagen befinden, die wir für unseren Abschlussbericht auswerten müssen.«
    Dieser Satz überraschte sie.
    » Das glauben Sie?«
    »Aus Pietät haben wir bisher unterlassen, uns selbst ein Bild zu verschaffen, obwohl die Herren vom BKA …«
    Emmas diplomatische Ausbildung verhinderte, dass sie ihren Chef anherrschte. Kalt sagte sie: »Niemand wühlt in unserer Wohnung herum. Sie nicht, das BKA nicht, niemand. Wenn ich wegen eines solchen Begehrs hierherkommen sollte, dann nenne ich das infam. Und jetzt entschuldigen Sie mich!«
    Sie schob die Papiere vor sich zu einem ungeordneten Stapel zusammen und hatte zum wiederholten Male das Gefühl, die Welt um sie herum verenge sich zu einem Tunnel, aus dem es kein Entrinnen gab. Sie hatte sich längst noch nicht wieder so unter Kontrolle, wie sie es sich wünschte.
    Der Außenminister sah sie prüfend an. Mit wohltemperierter Stimme sagte er in die Runde: »Der traurige Termin der Beerdigung unseres verehrten Kollegen Rumpf ist auf Freitag siebzehn Uhr auf dem Waldfriedhof in Berlin-Dahlem festgesetzt. Ich schließe unsere kurze Zusammenkunft und danke Ihnen.«
    Außenminister Kohlhoff erhob sich und ging mit ausgestreckten Armen auf Rumpfs Witwe zu, die reflexartig zurückwich. Wer in ihren Gedanken hätte lesen können, hätte in einem wild zerklüfteten Tal gestanden, das umgeben war von Bergen aus Zweifeln, Vermutungen, bohrenden Fragen und Selbstvorwürfen.
    Für Emma Rumpf wäre mit der Ergreifung der Attentäter die Tat längst nicht gesühnt. In ihr schwelte seit den vergangenen Wochen der Verdacht, dass ihr Mann noch viel heißere Eisen angefasst hatte als dieses. Zu sehr hatte sie seine barschen Worte im Kopf, wenn er abends nicht heimgekommen und stattdessen im Dienstapartment geblieben war.
    Oder war alles ganz profan, und er war deshalb so oft nicht heimgekehrt, weil er eine heimliche Geliebte gehabt hatte? An die Möglichkeit einer Konkurrentin hatte sie noch gar nicht gedacht. Emma Rumpf schwirrte der Kopf.
    »Entschuldigen Sie, werte Kollegin«, unterbrach der Außenminister ihre Gedanken mit gewinnender Stimme, »uns allen gehen der Tod Ihres Mannes und die Umstände sehr nahe. Doch Sie müssen verstehen, dass wir Sie um diese kleine Hilfe bitten müssen.«
    Sie nickte wortlos, gab ihm jetzt doch

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