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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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nicht geöffnet.
    Sie zog die beiden Türen auf und blickte überrascht auf die Wäsche ihres Mannes. Sie strich mit den Fingerspitzen über Oberhemden, Hosen, Unterwäsche sowie eine Partie Bettzeug aus Laken, Kopf- und Deckenbezug. Sie spürte dabei ein Gefühl wie Glück.
    Die Kleidung hatte er sorgfältig in drei Regale gestapelt. Auf den beiden leeren oberen Regalen lag eine dünne Schicht Staub. Und wo waren seine Schuhe? Standen sie auf dem Schrankboden?
    Sie konnte nichts sehen, weil ihr das unterste Regal die Sicht versperrte. Sie ging in die Hocke und tastete mit der rechten Hand die für sie unsichtbaren Ecken ab. Keine Schuhe. Sie blieb mit ihren Fingernägeln in einer winzigen Spalte hängen, die sich zwischen der senkrechten Schrankwand und dem waagerechten Boden auftat.
    Neugierig geworden hob sie das unterste Regalbrett aus seiner Verankerung, griff nochmals in den winzigen Zwischenraum - und tatsächlich: Sie konnte die Bodenplatte anheben, die nur auf schmale Holzschienen gelegt war und einen rechteckigen Hohlraum bedeckte.
    Emma klappte das Brett vollständig zu sich heran und entdeckte einen Stapel Papiere von etwa fünf Zentimetern Dicke, den sie an sich nahm und, ohne ihn näher zu untersuchen, rasch in ihrer Aktentasche verstaute. Ein Gefühl von Aufregung durchfuhr sie und wich beherrschter Nüchternheit.
    Sie legte das Brett wieder auf die Holzschienen, schob das Regal in seine Verankerung, beließ die restliche Kleidung im Schrank, ergriff ihren Mantel, Schal und Handschuhe. Leise verließ sie das Apartment mit ihrem Fund, vom dem sie ahnte, dass er der Schlüssel zum Parallelleben ihres Mannes sein würde.
    Noch im Taxi zu ihrer Wohnung klappte sie ihre Aktentasche auf und sah auf das weiße Deckblatt des mit Klammern zusammengehaltenen Papierstapels. Sie erkannte die Schrift ihres Mannes, der mit Tinte undeutlich ein Wort auf das Deckblatt links oben in die Ecke geschrieben hatte: Trias .
    Kaum war das Taxi außer Sichtweite, stürmten ihre Verfolger in das Haus, weiter ins Apartment und filzten den Boden des Schrankes.
    »Sie hat die Papiere gefunden!«
    Zurück im Wagen machten sie Meldung.
    »Genie hier, sie hat die Mappe dabei. Wie verfahren wir weiter?«
    »Postiert euch vor ihrer Adresse und wartet auf weitere Anweisungen von Marlowe. Ende.«
     
    Noch im Mantel fiel Emma auf ihr Sofa und sichtete die Papiere. Gleich auf der ersten Seite las sie von einer Absichtserklärung zur Entwicklung eines amerikanisch-russisch-deutschen Vertrages, die von Bundeskanzlerin Sprado persönlich unterzeichnet war. Das Dokument trug das Datum des 4. Juli, des amerikanischen Unabhängigkeitstages. Sie blätterte fieberhaft weiter. Anschließend folgten fünfzehn Namen, von denen sie drei kannte: den ihres Mannes, Viktor Kirijenko und Gordon Smith, republikanischer Senator des Abgeordnetenhauses. Alle drei wurden als Executive Fellows des FIES genannt. Was war das nur für ein Verein? Sie schob aufgeregt ihr Haar aus der Stirn. Was hatten denn diese Leute mit ihrem Mann zu tun? Wer waren sie?
    Es folgten Fragen, Memoranden, Briefe, Verhandlungen, Analysen und Empfehlungen zum Thema »Energiepolitik und wirtschaftliche Entwicklung bis 2056«. Insgesamt hatte Rumpf teils in seiner eigenen Handschrift, teils als Computerausdruck Informationen von mehr als zwanzig Staaten zusammengetragen, die er nach Größe, Einwohnerzahl, Bruttosozialprodukt und dem jeweiligen Rohstoffbedarf geordnet hatte: Kohle, Erdöl, Erdgas, Uran, Gold, Eisen, Zinn, Zink, Bauxit, Glimmer, Graphit und Diamanten. Die Machtzentren der Welt in PowerPoint-Optik. Wofür hatte er das getan?, fragte sie sich. Was hatte ihr Mann mit Rohstoffen zu tun? Und was bedeutete das Wort Trias auf der ersten Seite? Es steckt das Wort Satir darin, dachte sie sofort. Wie eine Satire kamen ihr die letzten Tage allerdings nicht vor. Es war alles bittere Realität.
    Ganz am Ende fand sie einen handgeschriebenen Brief, auf dem in der unteren rechten Ecke eine kaum leserliche Unterschrift und eine Telefonnummer standen. Die Vorwahl wies auf die Nähe von Köln hin. Sie riss die Ecke heraus und schob sie in die Innentasche ihres Mantels, den sie noch immer trug. Der Inhalt des Briefes war rätselhaft. Sie las:
    Verehrter Mister Spread, in gespannter Erwartung des gemeinsamen Unternehmens überreiche ich Ihnen ein paar wichtige Daten für die weitere Ausarbeitung unseres gemeinsamen Projektes. Grüße an den Kameraden P.S., Ihr S.R.
    Spread? Gemeinsames

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