Trias
Tabletten und der übermäßigen Gabe an Midazolam hatte sie umgebracht. Sie war während der Fahrt an plötzlichem Atemstillstand und akuter Herzinsuffizienz gestorben.
Die beiden Agenten versuchten, Strachow und dann Hess zu erreichen. Doch beide Mobilfunknummern klingelten ins Leere.
»Wir müssen die Leiche schnellstmöglich loswerden.« Genie sah Pontius auffordernd an. Sein Ton klang kalt und arrogant. Er hielt seinen Partner für derzeit nicht entscheidungsfähig.
»Wir werfen sie gleich hier in den Kanal. So gewinnen wir Zeit. Bis sie gefunden wird, haben wir Gelegenheit, in Deckung zu gehen. Schnapp sie dir, und los geht’s.« Pontius fügte sich wortlos. Er hatte zuvor noch nie einen Menschen getötet.
4
Bundeskriminalamt, Berlin-Treptow, am nächsten Morgen
Die Nachricht vom Auffinden der Wasserleiche erreichte die Behörde in den darauf folgenden Morgenstunden. Der Dienst habende Kommissar hatte Kaltenborn ein ausführliches Protokoll der Ermittlungen und des ersten, nur oberflächlichen pathologischen Befundes ausgedruckt. Kaltenborn unterdrückte das Gefühl einer Mitschuld am Tode Emma Rumpfs. Er hatte, was die Gefährdung der Witwe anging, zwar noch die Zweifel seines Sonderermittlers Croy im Ohr. Doch von einer akuten Bedrohung war ihm tatsächlich nichts bekannt gewesen. War ihm da etwas entgangen?
Er wischte seine Überlegungen hinweg wie einen nassen Fleck auf dem Tisch. Dass ihn am Mittag der Innenminister wegen des schwerwiegenden Vorfalls sprechen wollte, behagte ihm allerdings ganz und gar nicht. Er ahnte, dass ihm zu seiner Entlastung noch ein paar Argumente fehlten. Die eigene Sicht der Dinge genügte dem Minister meistens nicht. Falls es keine Selbsttötung war - und von einer solchen konnte man wahrscheinlich nicht ausgehen -, fehlte von möglichen Tätern jede Spur. Kaltenborn beschloss, den Fall an das dem BKA untergeordnete Landeskriminalamt Berlin abzugeben. Er würde die Kollegen expressis verbis anweisen, die Medien von jeglicher noch so kleinen Information auszuschließen. Dem Innenminister würde er auf seine Art begegnen. Er würde ihn gegen sich anlaufen und wieder abprallen lassen.
Kaltenborn zog seine Schultern straff. Eine seiner Meinung nach viel bedrohlichere Kulisse begann sich aufzubauen, die alle Kraft der Ermittlungen brauchen würde.
Über einen Informanten in Berlin war ihm am Tag zuvor der Brief eines V-Mannes mit Namen Kamidou Saanigri zugeleitet worden, der seit Jahren für den marokkanischen Auslandsgeheimdienst arbeitete. Kein zimperlicher Dienst: 1965 hatten marokkanische Agenten mitten in Paris den damaligen führenden Oppositionellen Mehdi Ben Barka entführt - einen Freund Che Guevaras und Fidel Castros. Er wurde nie wieder lebend gesehen.
In dem Schreiben war von einem ominösen Vertrag die Rede. Es endete mit dem Satz: Die Antworten zum Tod Stefan Rumpfs finden sich nicht nur in Prag, sondern auch in Berlin.
Kaltenborn hatte daraufhin ausführliche Informationen verlangt. Der Marokkaner hatte ein Dossier versprochen und seinen Preis genannt. Kaltenborn hatte akzeptiert, wenn auch widerwillig. Dann hatte er Markus Croy vorsorglich aus Prag zurückbeordert. In wenigen Minuten würde der V-Mann hier erscheinen. Kaltenborn hatte gerade das Päckchen mit dem Honorar bereitgelegt, als es an seiner Bürotür klopfte. Es war Croy. »Unser Mann ist noch nicht da?«
Kaltenborn schüttelte den Kopf.
»Eine schöne Scheiße mit Emma …«
»Ach hören Sie auf, Markus. Wir haben jetzt wirklich andere Sorgen«, fiel er Croy ins Wort.
Croys Augen verengten sich. Es klopfte erneut an der Tür.
»Herein!«, rief Kaltenborn eine Spur zu laut. Es war Saanigri. »Ah, kommen Sie«, sagte er, während er um den Schreibtisch herum auf seinen Besucher zuging und ihm kräftig den Arm drückte. Der Marokkaner war eher klein und schmächtig, hatte krause schwarze Haare, eine olivfarbene Haut, dunkelgrüne Augen und einen kurz geschnittenen schwarzen Schnurrbart. Er presste eine braune Ledertasche zwischen Brustkorb und Bizeps.
Saanigri hatte lange Zeit in der marokkanischen Botschaft in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn gearbeitet. Kaltenborn vermutete, dass er ein Spion gewesen war. Noch heute war der Marokkaner ein umtriebiger Mann, der augenscheinlich für mehrere Seiten arbeitete.
»Zunächst freue ich mich, hier zu sein. Interessant eingerichtetes Büro«, sagte er und sah sich lächelnd um. Er sprach ein lupenreines Deutsch mit arabischem Akzent. Kurz
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