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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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selbst.«
    Auf Kaltenborns Stirn hatten sich feine Schweißtropfen gebildet. Er begann zu lesen.
    »In einem Artikel zur G7-Konferenz 1991 in London brachte Thomas Gordon Spread zum ersten Mal einen Vorschlag in Umlauf, der ihm ein gewaltiges Interesse bescherte. Der Senior Fellow des Federal Institute for Energy Source (FIES) hatte die wahnwitzige Idee, dass der Westen vom damals notorisch klammen Russland einen Großteil der Fläche Sibiriens leasen sollte. Waren die Rohstoffe abgebaut, ging die Landmasse wieder an Russland zurück. Für ihn lag die Lösung für die Rohstoffprobleme der USA und die finanziellen Probleme Russlands auf der Hand. Seine Begründung: Schließlich hatte schon 1805 Thomas Jefferson Napoleon Louisiana abgekauft. Ein Jahr später schickte Spread dieser Idee einen ganzen Aufsatz voller Statistiken, Modelle und Trendanalysen zum amerikanisch-russischen Verhältnis hinterher. Dieser gipfelte in dem Vorschlag, dass es für beide Seiten nur Vorteile brächte, wenn die USA den Russen Sibirien vollständig abkauften. Die sibirische Landmasse, eine Region mit den gewaltigsten unerschlossenen Bodenschätzen der Welt, lag offensichtlich zu weit vom Herzen Russlands entfernt, um optimal und ohne Anstrengungen Moskaus genutzt und kontrolliert werden zu können.
    Dieses Geschäft auf Leasingbasis soll nun Wirklichkeit werden. Seine Laufzeit beträgt fünfzig Jahre, die Kosten betragen drei Billionen Dollar …«
     
    Kaltenborn sah mit nasser Stirn und zweifelndem Blick auf seinen Besucher, dann las er weiter.
     
    »Eine komplette Entschuldung sowie der Wiederaufbau des wirtschaftlich angeschlagenen Russlands ist damit auf einen Schlag möglich. Russlands Weg hin zu einem wirtschaftlich gesunden kapitalistischen Staat kann vollzogen werden … Im Unterschied zu den damaligen Annahmen wäre der Billionen-Dollar-Vertrag aber ohne Partner heute nicht möglich. Deshalb bot sich vor gut einem Jahr Deutschland als Mitteilhaber an, was die Russen akzeptierten. Laut Spread zeitigt ein solcher Vertrag folgende Vorteile:
    Die USA wären ihre prekäre Abhängigkeit von den arabischen Ländern los, hätten unbegrenzte Energieressourcen und gleichzeitig einen wirtschaftlich-politisch stabilen Partner im Osten Europas gewonnen. Deutschland, das sich aufgrund der Erdgas-Pipeline durch die Ostsee für das Mammutprojekt qualifiziert, wäre mit seinen beiden wichtigsten strategischen Partnern eng verbunden; Russland käme endlich aus seiner kritischen wirtschaftlichen Lage heraus und wäre politisch und wirtschaftlich nicht mehr erpressbar. Der Name des bislang streng geheim gehaltenen Projekts lautet ›Trias‹.
    Kritische Fragen zu der kaum noch vorstellbaren Summe von drei Billionen US-Dollar beantwortete Spread erst kürzlich vor einem geheimen Auditorium mit einem Vergleich zu den US-Raumfahrtprogrammen: ›Als Michael Layle unter Peter Smith sen. amerikanischer Vizepräsident war, befürwortete er ein Zwei-Billionen-Dollar-Programm, um zum Mars zu fliegen. Da sage ich nur: Sibirien ist näher als der Mars, das Wetter ist besser, und auf dem Mars gibt es kein Öl.‹
    Spread benennt in seinem Thesenpapier auch die möglichen Feinde des Billionen-Dollar-Vertrags: »Wir werden die ganze Welt gegen uns aufbringen, aber wir werden sie mit Vorzugspreisen und sehr viel größerer Verlässlichkeit, als es die arabischen Länder jemals wollten, wieder auf unsere Seite ziehen …«
    »Das ist wirklich ein Hammer«, entfuhr es Kaltenborn.
    »So kann man es auch sagen«, erwiderte der Mann. »Aber es ist noch etwas anderes im Busch«, sagte er und kniff dabei die Augen zusammen wie ein Tier auf Beutejagd. Kaltenborn griff nun doch nach seiner Flasche Cardhu. Croy erteilte ihm mit einem kurzen Kopfnicken die Absolution. Kaltenborn grinste schief, Saanigri winkte ab. »Ich darf als Muslim nicht, wie Sie wissen.«
    Croy und Kaltenborn durften auch nicht, weil sie im Dienst waren, taten es aber dennoch. Zu zweit stürzten sie jeweils einen Zentimeter Whisky hinunter.
    »Spread wird heute ebenfalls in Prag erwartet. Ich habe hier ein Foto von ihm.« Er zog ein Bild des Amerikaners aus dem Folder.
    Es zeigte einen Mann von Anfang sechzig, Haare so weiß wie Schnee, gerade gescheitelt. Um seinen Mund lagen die herrischen Züge einer Person, die es sich abgewöhnt hatte, auf andere zu hören.
    »Aus sicheren Quellen weiß ich, dass der Amerikaner einen engen Freund in Deutschland hatte. Und nun raten Sie mal, wen …«
    Kaltenborn

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