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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Menschen also, die wie Sie in die Hände eines Wahnsinnigen geraten sind. Ausgeliefert einem Terrorsystem, aufgebaut aus elektronischen Bauteilen und Metallteilen aus dem Handel im Wert von vielleicht 1.000 Euro.«
    »Es gab also keine wirkliche Gefahr?«, fragte Marie.
    Der Beamte lachte. »Nein, es gab zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr. Büllesbach hatte, durchaus mit erheblichem Geschick, alle möglichen elektronischen Effekte eingesetzt. Die Lichtschranken waren echt, aber sie lösten nur weitere Spielereien wie den Funkenregen an der metallischen Sperre aus, kombiniert mit einem Brummen, wie man es vom Gewitter her kennt, wenn sich der Blitz auflädt. Wenn man so etwas hört, denkt man natürlich an elektrische Starkstromüberschläge. Es macht Ihnen wirklich keiner einen Vorwurf, dass Sie alle darauf hereingefallen sind. Büllesbach war ein begabter Hobby-Elektroniker und Handwerker. In früheren Jahren war er bei der Berufsfeuerwehr der Stadt Dortmund. Damals war die Feuerwehr noch für den Zivilschutz und damit für das unterirdische Bunkersystem zuständig. Aus dieser Zeit heraus besaß er noch Schlüssel. – Wissen Sie: Wenn man einen Menschen wirklich bedrohen will, droht man ihm am besten mit Stromschlägen. Terror funktioniert immer dann am besten, wenn man mit Mitteln arbeitet, die nicht sichtbar sind. Strom, Gas oder auch der schrille Pfeifton, den Büllesbach eingesetzt hat.«
    »Und der Kurzschluss?«, wollte Stephan wissen.
    »Das war in der Tat ein technischer Schwachpunkt«, erklärte der Beamte. »Frodeleit war also in dem besagten Stollen. Er hatte überlegt, wie man weiter vorgehen sollte. Es zeichnete sich ab, dass Büllesbach seinem Ziel nahe war, Frodeleit und Löffke gegeneinander aufzubringen und sie sich förmlich zerfleischen könnten. Frodeleit hatte einen Schluck Wasser aus einer Flasche genommen und sie dann unverschlossen wieder in den Kasten gestellt. Offensichtlich ist die Flasche aber nicht in ihr Fach gerutscht, sondern hat sich oben verkantet, ist umgefallen und ausgelaufen. Der alte Heizlüfter lag daneben auf dem Boden. Das Wasser ist auf dem etwas abschüssigen Boden in den Stollen gelaufen und hat den Kurzschluss im Gerät ausgelöst. Herr Frodeleit erinnert sich, dass er die Flasche in den Kasten tun wollte, aber er weiß nicht mehr, ob und wann die Flasche umgefallen ist. Er war aufgeregt und wollte in die Halle zurück. Das ist nachvollziehbar, im Übrigen aber auch egal. Frodeleit hat den Kurzschluss ausgelöst und das war, wie Sie wissen, der Anfang vom Ende und letztlich Ihr aller Glück! Büllesbach hat den Fehler gemacht, seine Anlage nicht mit einer Sicherung zu versehen und darüber hinaus alle elektrischen Geräte an eine Quelle anzuschließen. Das ist natürlich stümperhaft bei so viel elektrischem Verständnis. Aber solche Dinge sind nicht ungewöhnlich. Denken Sie daran, wie oft sich Verbrecher bei einer im Übrigen akribisch gut vorbereiten Tat durch eine Dummheit verraten, die allen anderen als geradezu grotesk erscheinen muss. Auch das ist eine Frage, die wir nicht weiter aufklären können, aber auch nicht weiter aufklären müssen.«
    Der Beamte holte Luft. »Jetzt sind wir also an der Stelle, die wir protokollarisch noch füllen müssen. Nach dem Stromausfall befanden Sie sich, bis die Taschenlampen gefunden wurden, alle noch in der Bunkerhalle. Dann haben Sie sich getrennt. Ihr Kollege Löffke und der Richter Frodeleit sind mit einer Taschenlampe losgegangen, um Büllesbach zu suchen. Zudem bestand die Sorge, dass die elektrische Anlage wieder in Betrieb gehen würde. Allen war klar, dass die Steuerzentrale nicht weit von der Halle entfernt sein konnte. Die Kabel führten an der Lichtschrankenanlage vorbei in den sich hinter der Halle fortsetzenden Hauptstollen. Dorthin sind Frodeleit und Löffke gegangen. Sie haben sich an dem Kabel orientiert.
    Sie beide sind mit Frau Löffke und Frau Frodeleit in die andere Richtung gegangen, bis zu dem Ausgang, über den Sie tags zuvor in das Stollensystem eingestiegen sind. Die entscheidende Frage ist also: Haben Sie von der Auseinandersetzung zwischen Büllesbach und seinen Verfolgern etwas mitbekommen? Schreie oder sonst was?«
    »Nein! Wir sind zügig gegangen, um so schnell wie möglich die Anlage zu verlassen«, antwortete Stephan.
    Der Beamte notierte sich Stephans Worte.
    »Und Sie?« Er blickte auf Marie. »Sie haben auch nichts gehört?«
    Marie schüttelte den Kopf.
    »Es hätte ja sein können«, meinte

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