Trickser: Sammelband: Der Iril-Konflikt - Zwischen allen Fronten (German Edition)
Möglichkeiten
Das Büro der Wertus Raumschiff AG auf Nostokur lag in einem der guten Vororte der Hauptstadt, abseits der zentralen und dichter besiedelten Stadtteile mit ihren Einkaufskomplexen und Hochhäusern. In diesem Viertel waren die Unterschiede zwischen Wohnhaus und Geschäftsgebäude nur schwer zu erkennen. Das Bürogebäude lag an einer nur wenig befahrenen Straße. Es war ein weiß getünchtes Haus, die Fensterläden mit Ornamenten verschönert und die Dachgiebel in einem satten Rot. Durch einen gepflegten Rasen schlängelte sich ein Asphaltweg. Über der Tür hing ein geschmackvolles Werbeschild mit der in goldenen Lettern geprägten Aufschrift: WERTUS - IHR LUXUS ZWISCHEN DEN STERNEN.
Es war eine gute Stunde nach Mittag, als eine Gleiter-Limousine vor diesem Haus hielt und zwei Personen ausstiegen. Die eine war humanoid, vielleicht eine Merdianerin oder Eianerin. Sie trug ein rotes, die Figur betonendes Kleid und kniehohe Stiefel. Das weite Dekolleté ließ für Phantasie kaum Platz. In den Armbeugen hing ein Schal, der mit jeder Hüftbewegung in ihren Händen schwang, was ihren aufreizenden Gang noch betonte. Die Frau hatte grüne Augen und grünes Haar.
Ihr Begleiter war ein Maschinoid. Der Rumpf war kugelförmig mit einem zylindrischen Kopf. Vier Halbkugeln wiesen gen Boden, und zwei Stummelarme ragten aus der Mitte des Körpers. Der Rumpf des Maschinoiden schimmerte im Licht der Sonne wie Bronze, wenn es auch ein paar matte Stellen gab. Er schwebte gut zwei Schritte hinter der Frau mit einem leichten Schlenker durch die Luft. Sein Schwebekissen schien nicht richtig synchronisiert zu sein.
Die Frau durchschritt die Lichtschranke, woraufhin sich die Eingangstür öffnete. Vor dem Schreibtisch stand eine Nostokerin, gekleidet in ein dezentes Kostüm. Ihre Aussprache in Norm war akzentlos und ihr Lächeln professionell. «Guten Tag, Frau Tolobe», grüßte sie die neue Kundin. «Mein Name ist Kovai, ich bin die Assistentin von Herrn Gilescy.»
«Guten Tag», erwiderte die Frau und wies mit einer hingeworfenen Handbewegung auf den Maschinoiden, «mein Unfreier Karmel.»
«Angenehm», sagte der Maschinoid. Seine Stimme besaß einen auffallend künstlichen Klang. An diesem Maschinenwesen musste wohl einiges neu justiert werden.
«Hat Herr Gilescy Zeit für uns?»
«Er erwartet Sie bereits. Bitte, folgen Sie mir.»
Während sie der Assistentin folgten, sah sich die neue Kundin aufmerksam um. Sie wusste, dass die Sensoren unter der ramponierten Oberfläche des Maschinenwesens jeden Zentimeter scannten und jedes elektrische Feld erfassten, aber ihre Erfahrung hatte sie gelehrt, dass persönliche Beobachtung unersetzlich war.
Die Kovai führte sie einen kleinen Flur entlang. Der dicke Teppich schluckte die Geräusche ihrer Schritte. Oberlichter ließen die Sonne hereinscheinen. Scyna DeVere, die in ihrer Verkleidung als Frau Tolobe ins Büro des Raumschiffverkäufers trat, drehte sich im Vorbeigehen zu der Assistentin und nickte ihr dankend zu, um sich im nächsten Moment voll und ganz auf Eren Gilescy zu konzentrieren.
Der Merdianer sah genau so aus, wie Blaine ihn beschrieben hatte: ein Bauchträger mit jener grauen Färbung des Haars, die jeder Mann seiner Rasse nach der Pubertät bekam. Er trug einen zweiteiligen Anzug in klassisch diagonalem Schnitt, der ihm auf den Leib geschneidert war. Die Farbe seines Anzugs changierte blau und schwarz. Ebenso exquisit war sein Büro. An den Wänden hingen Gemälde von angesagten Malern – Scyna konnte nicht beurteilen, ob es Originale oder Repliken waren. Die Wand zur Rechten war aus durchsichtigem Glasal, durch das man auf einen gepflegten Rasen mit rund gestutzten Bäumen schauen konnte. Das Sonnenlicht floss unaufdringlich in den Raum und erhellte die cremefarbenen Wände. Es gab keinen Schreibtisch, nur vier Stühle, die in einem Kreis zueinander aufgestellt waren.
Aus diesem Kreis trat Gilescy, lächelte zuvorkommend und begrüßte Scyna mit der nostokischen Geste für willkommene Freunde. «Frau Tolobe, es freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen.»
«Die Freude ist auf meiner Seite», gab Scyna zurück und stellte den Maschinoiden als Karmel vor. Dieser schlingerte durch die Luft und bremste seinen Flug erst wenige Zentimeter vor Gilescys Gesicht. Die beiden tauschten höflich Floskeln aus und setzten sich.
Aus einer Nische kam ein Roboter herangeschwebt und bot ihnen ein gutes Sortiment an Getränken an. Scyna entschied sich für
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