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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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nachdem er das Schwert verloren hatte, wurde er auf seine alten Tage doch noch Christ und erfuhr es, so dass er es sehr bereute, die Waffe so achtlos behandelt zu haben. Der andere aber vergaß mit den Jahren, was es mit dem Schwert auf sich hatte, und es war seinen Nachkommen nichts weiter als ein schönes Erbstück, bis es an Helmold kam. Helmold, der die Kirche in Tricontium errichtete, war so edel und fromm, dass ihm im Traum ein Engel erschien, um ihm zu sagen, wie es um das Schwert bestellt sei. Es war nämlich nicht nur irgendein Schwert Melchiors, sondern das eine, das er auf seiner Reise nach Bethlehem bei sich getragen hatte. Deshalb war es besonders gesegnet und geradezu heilig und seine Besitzer gewannen jeden Kampf damit. Der ferne Nachfahr des Melchior aber, der in jenem Perserfeldzug das Schwert an den Römer verlor, war im Kampf an der Schwerthand verwundet worden, bevor er die gesegnete Waffe hatte ziehen können, und als er nun sterbend sah, dass sie an einen heidnischen Feind fallen sollte, da verfluchte er das Schwert mit den stärksten persischen Flüchen, die es in jenen Tagen gab. Aber da der Segen, der darauf lag, so stark war, konnte er ihn nicht völlig brechen. Für die Frommen wirkte das Schwert immer noch zahlreiche Wunder, besonders für Helmold, dem man es bei seinem Tode mit ins Grab legte, auf dass keine unwürdige Hand die heilige Waffe entweihen möge.«
    »Hat jemand irgendetwas darüber verlauten lassen, woher er diese Geschichte hat?«, fragte Herrad, die bis dahin schweigend und mit unbewegtem Gesicht zugehört hatte. »Die Quellenlage erscheint mir äußerst dürftig.«
    »Das ist sie wohl«, gestand Theodulf unumwunden ein, »aber es war nicht wichtig, ob es eine wahre oder eine erfundene Geschichte war, solange sie wahrscheinlich genug klang, jemanden … jemand anderen, meine ich, zu überzeugen.«
    »Vogt Geta?«
    »Das wäre nicht von Nachteil gewesen.« Theodulf mochte spüren, dass Herrad diese Erklärung nicht unbedingt für ausreichend hielt, denn er fuhr eilig fort: »Vor allem aber ging es um den Bischof. Herr Ebbo meinte, Vogt Geta hätte Grund, ihn sich gewogen zu machen. Es gab wohl Streit zwischen ihnen. Jedenfalls fanden Asgrim und Ebbo, dass der Plan nicht übel sei. Sie beschlossen, dass Asgrim den Vogt einladen solle, mit ihm den beklagenswerten Zustand der Tricontinischen Mark zu besichtigen, nur, um ihm dann Gelegenheit zu geben, etwas zu finden und sich, wenn er es denn nahm, schuldiger zu machen als die, die es ihm verhüllt anboten. Wenn alles gut ging, sollte ihn Ebbo dann vor vollendete Tatsachen stellen, was die Barsakhanen anging; erst, wenn dahingehend alles abgemacht war, sollte dann der Gerichtskampf vorgeschlagen werden. Ebbo sagte, er hätte einen guten, unbekannten Schwertkämpfer, den Geta und seine Krieger nicht würden einschätzen können. Das war der Zehnte, den er eigentlich hatte mitbringen wollen. Er hatte sich nur dagegen entschieden, weil er den Mann bei allem Vertrauen, das er in seine Fähigkeiten setzte, noch nicht lange genug kannte und er überdies auf ungewöhnlichem Wege in seine Dienste getreten war. Wenn ich mich recht entsinne, hatte Ebbo ihn bei einer Schlägerei in einem Wirtshaus, bei der Waffen gezogen wurden, zufällig beobachtet und war beeindruckt genug, den fremden Krieger gleich mitzunehmen. Ein paar Monate später stellte sich allerdings heraus, dass sein Meisterschwertkämpfer ein gebrandmarkter Dieb war. Nun, wenn man auch unbedingt herrenlose Krieger von der Straße auflesen muss … Aber das wusste zu dem Zeitpunkt noch niemand und der Kampf galt als so gut wie gewonnen.«
    Wulfila schrieb weiter und betrachtete angestrengt seine in ihrem letzten Teil sehr verkürzte Wiedergabe von Theodulfs Worten, zu angestrengt vielleicht, denn es war mit einem Mal sehr still im Raum, so dass das Kratzen der Feder hart und laut klang; er hielt inne.
    »Ihr wart das«, sagte Theodulf mit der Überzeugung, die einem nur ein plötzlich gezogener glücklicher Schluss verleihen konnte. »Ihr seid Ebbos einäugiges Wunder, nicht wahr? Ja. Sonst hättet Ihr jetzt schon etwas gesagt! Ich hätte eher darauf kommen sollen, schon als wir einen Dieb mit nur einem Auge ergriffen, nachdem Ebbo seinen Krieger zum Teufel gejagt hatte. Aber an das Naheliegende denkt man nie. Wie auch? Wie ein guter Schwertkämpfer seid Ihr eigentlich nicht gerade gebaut.«
    Wulfila war nahe daran, herausfinden zu wollen, ob er wenigstens wie ein Mensch

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