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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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Gegenzug gern bereit, sich zu verrenken und das Holzpferd, das sich der Nuss in den Weg gestellt hatte, aufzuheben.
    Rambert betrachtete es aufmerksam, sobald es auf der Tischplatte stand. »Ist das deins?«
    Wulfin nickte mit einem Anflug von Stolz, und Ardeija fand, dass er dazu auch Grund gehabt hätte, wenn dieses Pferdchen nicht ungefähr seinen gesamten irdischen Besitz ausgemacht hätte. Es war ein schönes Pferd, sorgfältig aus dunklem Holz geschnitzt, und wirkte so haltbar, dass es in vierzig oder fünfzig Jahren die liebgewonnene Erinnerung würde sein können, die in Theodulfs Truhen gefehlt hatte.
    »Wie heißt es?«, fragte Rambert weiter.
    »Pferdchen.«
    Der mangelnde Einfallsreichtum, was Namen betraf, lag anscheinend in der Familie.
    »Ich hatte auch ein Pferdchen, als ich ein Kind war«, sagte Ardeija. »Aber das hieß Bauduras der Große, wie der Held aus der Steppe.«
    Rambert strich über den blankgeriebenen Holzrücken. »Ich hatte auch eines«, sagte er mit leisem Bedauern, »aber das ist nicht in Aquae angekommen. Ich dachte, ich hätte es eingepackt, aber hier war es nicht mehr bei meinen Sachen. Vielleicht ist das aber nicht schlimm. Ich werde ohnehin langsam zu alt dafür, sagt Herr Theodulf.« Er hatte die tapfere Miene aufgesetzt, von der man in seinem Alter noch annahm, dass man sie nicht mehr würde spielen müssen, wenn man erst erwachsen und ein großer Krieger war.
    »Für Pferde wird man eigentlich nicht zu alt.« Wulf nickte seinem Enkel zu, ihm die Tür zu öffnen, damit er den Tee in Frau Herrads Zimmer hinübertragen konnte. »In irgendeiner Form benötigt man sie immer.«
    Rambert sah aus, als hätte er ihm gern geglaubt, ohne sich aber vorstellen zu können, dass man von irgendjemandem einen weiseren Rat als von Theodulf erhalten konnte. »Pferde kommen und gehen, sagt Herr Theodulf. Und auch, dass ein Krieger sein Herz nicht zu sehr an irgendetwas hängen darf.«
    Ardeija fragte sich, ob »irgendetwas« auch etwaige Söhne einschloss. »Warum das?«
    Rambert schob sich die Mütze zurecht. »Weil er sonst Angst darum haben könnte. Es ist gut, wenn man keine Angst hat.«
    Wulfin hatte die Tür hinter seinem Großvater geschlossen. »Mein Vater sagt, man muss eine ganze Menge Angst haben, um gut durchs Leben zu kommen«, verkündete er. »Er sagt, die, die gar keine Angst haben, sind die, die ganz sicher vom Ungeheuer gefressen werden, bevor der Held kommt und es erlegt.«
    »Aber wenn der Held Angst hätte, würde er ja gar nicht wagen, das Ungeheuer zu besiegen«, gab Rambert zu bedenken, »und dann wäre er kein Held.«
    Wulfin gab Gjuki eine zweite Nuss zum Spielen. »Aber wenn er gar keine Angst vor dem Ungeheuer hätte, müsste er es ja nicht umbringen.«
    Das Argument war Rambert anscheinend zu hoch und Ardeija wusste nicht, ob er selbst diesen Gedanken über die Verschränkung von Furcht und Tapferkeit zu Ende denken wollte. »Es gibt oft mehr als einen Weg, eine Sache anzugehen«, sagte er begütigend und hoffte, einen Streit vermeiden zu können. »Der eine muss nicht schlechter als der andere sein. Wulfila war seinerzeit ein tüchtiger Krieger und Herr Theodulf wäre nicht Asgrims Schwertmeister geworden, wenn er sein Handwerk nicht verstanden hätte.«
    Verspätet fiel ihm ein, dass Wulfin gut hätte einwenden können, dass Theodulf mit mehr Zurückhaltung und weniger kühnen Befreiungsplänen sehr gut auch jetzt noch Asgrims Schwertmeister hätte sein können, doch glücklicherweise schien Gjuki, der mit den Krallen erfolglos eine der Nüsse zu öffnen versuchte, für den Augenblick interessanter zu sein.
    Rambert hingegen war sich nur zu bewusst, dass Ardeija den unbequemen Teil der Geschichte wohlweislich nicht in seine Deutung miteinbezogen hatte. »Sein Pferd ist auch auf dem Brandhorst geblieben«, bemerkte er unvermittelt. »Und das war ein richtiges Pferd, keines aus Holz.«
    »Meins ist auch noch da«, sagte Ardeija. »Ich sollte dem Fürsten wohl eine Liste schicken – ›drei Pferde, zwei echte und eines aus Holz, wenn Ihr meine Hilfe oder mein Schwert wollt! Sonst verhandele ich nicht.‹«
    Immerhin brachte das Rambert zum Lachen, doch Wulfin schien zu finden, dass ein Scherz nur ein schwacher Trost war. »Vielleicht schnitzt dir mein Großvater ein neues, wenn du ihn bittest. Er macht gute Pferdchen.«
    Ardeija sammelte die Walnuss auf, die Gjuki allein nicht öffnen konnte. »Ich kann auch welche schnitzen«, sagte er, obwohl er den Versuch noch nie

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