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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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wird es euch doch ein Leichtes sein, Theodulf eine Weile im Gespräch festzuhalten, während ich mir seinen Sohn vornehme, nicht wahr?«
    Erst als sie zu ihrem Sessel zurückkehrte, fiel Wulfila auf, dass ihre Hand bis eben auf seiner Schulter gelegen hatte.

21. Kapitel: Der Tigerkhan
    »Es sieht schlecht aus, nicht wahr?«
    Ardeija hätte Rambert gern eine beruhigende Antwort auf seine Frage gegeben, doch wenn ihn dieser Morgen eines gelehrt hatte, so war es, dass Theodulfs Schüler und Wulfin zu aufmerksam waren, als dass man sie leicht mit einer freundlichen Halbwahrheit hätte abspeisen können.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er also nur und wünschte sich ein besseres Mittel, die Besorgnis aus den beiden Augenpaaren zu vertreiben, die abwartend auf ihn gerichtet waren.
    Er hatte erst nicht geglaubt, dass die beiden Kinder viel miteinander würden anfangen können, doch der Altersunterschied hatte sich als weniger störend erwiesen, als er erwartet hatte, vielleicht, da Wulfin daran gewöhnt war, es überwiegend mit Leuten zu tun zu haben, die älter waren als er, vielleicht auch, da eine erstaunlich abgeklärte Weltsicht die beiden verband.
    Sie hatten sich, seit Wulfin mit seinem Großvater vom Markt zurückgekehrt war, die Zeit damit vertrieben, Gjuki auf dem Fußboden Walnüsse zuzurollen und wie Männer von Geist und Erfahrung Überlegungen zu Theodulfs Verhör durch die Richterin auszutauschen. Anders als Ardeija, dem die ganze Zeit über ähnliche Gedanken im Kopf herumgegangen waren, hatten sie sich aber nicht darauf beschränkt, sich die möglichen Folgen nur im Stillen auszumalen. Wahrscheinlich hätte er sich nicht daran gestört, wenn er über die Vermutungen der Kinder hätte schmunzeln können, statt sich eingestehen zu müssen, dass sie ein erhebliches Maß an Kenntnis der niederen Gerichtsbarkeit verrieten. Wie Wulfin dazu gekommen war, ließ sich leicht erraten. In Ramberts Fall war Ardeija sich weniger sicher, doch vielleicht hatte man, wenn man auf dem Brandhorst aufwuchs, ausreichend Gelegenheit, Asgrim Recht – oder das, was er dafür hielt – sprechen zu hören.
    Daneben verstanden die beiden sich außerordentlich gut auf die Kunst, unauffällig zu lauschen; als Wulfila kurz hereingekommen war, hatten sie ihre Beschäftigung nicht unterbrochen, aber kein Wort überhört.
    Nun standen sie beide vor Ardeija und waren mit der knappen Antwort, die sie erhalten hatten, nicht zufrieden.
    »Wenn Frau Herrad zwar Richterin ist, aber eigentlich in Tricontium und nicht hier, darf sie Herrn Theodulf dann überhaupt befragen?«
    Wulfins Bereitschaft, sich überhaupt um Theodulf Sorgen zu machen, bewies zwar einige innere Größe, doch Ardeija wäre es lieber gewesen, wenn er mit seinen Fragen zu seinem Großvater gegangen wäre, der sich offenbar nicht zuständig für dieses Gespräch fühlte und sich mit betonter Ausschließlichkeit der Zubereitung des Fencheltees widmete, den die Richterin verlangt hatte.
    »Um ihn über irgendetwas zu befragen, benötigt sie keinerlei richterliche Befugnis, solange er freiwillig mit ihr redet«, sagte er und fand doch, dass es falsch klang; es gab sehr unterschiedliche Grade der Freiwilligkeit. »Und nun hört beide auf zu reden, als ob sie eine Feindin wäre. Sie ist meine Herrin, auch die deines Großvaters, Wulfin, und gut und gerecht. Wenn sie Herrn Theodulf einen Vorwurf zu machen hat, dann sicher keinen unbegründeten.«
    »Dein Vater wird sich freuen, das zu hören«, bemerkte Wulf, ohne von den Teeschalen, die er vor sich aufgereiht hatte, aufzusehen, mit dem gelassenen Spott eines Mannes, der überzeugt sein konnte, dass sein eigener Sohn nötigenfalls mehr für ihn unternehmen würde, als auf den Gerechtigkeitssinn seiner möglichen Ankläger zu vertrauen.
    Ardeija musste sich zwingen, ihn nicht mit aller Macht zurück nach Mons Arbuini zu wünschen. »Es wird sich schon alles klären«, sagte er und beobachtete angestrengt Gjuki, der eine Nuss vor sich her eine der Bodenfugen entlangschob. Die Bewegungen des kleinen Drachen zu verfolgen war weitaus angenehmer, als sehen zu müssen, wie Rambert zweifelnd unter der geliehenen, zu großen Mütze hervorblickte.
    Es war ein Segen, dass Gjukis Spielzeug unter dem Tisch bald gegen ein Hindernis stieß, was dem Drachen ein unzufriedenes Zirpen entlockte. Eine bessere Ablenkung von dem gefährlichen Gebiet, auf das die Unterhaltung sich zu bewegen drohte, hätte es gar nicht geben können, und Ardeija war im

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