Tricontium (German Edition)
Gudhelm dort, wo er gefallen war, liegen zu lassen; wahrscheinlich hatte ihm seine Mutter einmal zu oft erzählt, dass man einen großen Khan ebenso wenig wie einen Freund einfach dem Feind zur Ausplünderung überließ. Er schrie Peregrina, die er zu seiner Linken entdeckte, zu, dass er den Fürsten holen würde, und drängte sein Pferd zu dem Altarm des Simertius, in dem Gudhelm verschwunden war, hinüber, ohne zu wissen, ob sie sein Vorhaben billigte oder ihn auch nur gehört hatte. Doch einen Körper in Rüstung und vollgesogenen Kleidern, der im Wasser versunken war, konnte man schlecht aus dem Sattel heraus aufsammeln, und Ardeija war schon abgesprungen, bevor er sich die Sache besser überlegen konnte. Das war das Letzte, was er je von seinem Pferd sah, und auch das Letzte, was er mit kühlem Kopf mitbekam, bevor der Dorn einer Streitaxt sich in seinen Fuß grub und die Welt in Schmerz, Angst und aufgewühltem Wasser versank.
Wie es am Ende kam, dass nicht er tot neben Gudhelm lag, sondern der Mann aus Tricontium, der die Axt geschwungen hatte, begriff er nur halb, obwohl es seine Hand gewesen sein musste, die dem Krieger das Schwert in die Eingeweide gestoßen hatte. Er wusste nur, dass er verwundet nicht lange gegen die drei Leute aus Sirmiacum durchhalten würde, die nun auf ihn zukamen. Was folgte, war unerfreulich. Kein Kampf, der damit endete, dass man Baras bewährten Rat befolgte, sich tot zu stellen und zu hoffen, dass niemand noch einmal zuhauen würde, um sicherzugehen, war ein guter Kampf, aber der umgesunkene Birkenstamm nahe beim Ufer des Gewässers, auf den er sich hatte fallen lassen, bot eine vorläufige Stütze, um durchhalten zu können, bis Bernwards Krieger wieder auf festem Grund und mit der Verfolgung der Fliehenden aus Sala beschäftigt waren. Es konnte nicht zu weit bis in den Schutz der Sträucher hinter ihm sein, nur ein paar Schritte in seichtem Wasser, bis er ein Versteck hatte … Nicht zu weit, wenn er nicht so lange wartete, bis er zu schwach geworden war. Nicht zu weit.
Doch ein paar Schritte konnten sehr wohl zu weit sein, wenn man glaubte, nicht länger warten zu dürfen, um nicht wirklich das Bewusstsein zu verlieren, vorschnell die Augen öffnete und doch noch einen Krieger aus Sirmiacum vor sich sah, der zu dem umgestürzten Baum gewatet kam, als wisse er, dass dort noch nicht alle Arbeit getan war.
Als das, was vom Gesicht seines neuen Gegners unter dem Spangenhelm zu erkennen war, sich zu einem Bild zusammenfügte, begriff Ardeija, dass er tatsächlich von der Hand eines Freundes sterben würde. Es konnte nur zusätzlicher Hohn sein, dass Wulfila den Schild beiseitewarf; gegen jemanden, der sich nicht mehr wehren konnte, brauchte man keinen.
Ardeija versuchte, sich hochzustemmen, doch der Arm, auf den er sich stützen wollte, blutete und trug ihn nicht. Als er die andere Hand zu heben versuchte, wurde ihm bewusst, dass das Schwert ihm längst entglitten sein musste, doch der eine Blick hinauf in die vertrauten grauen Augen, den er erhaschte, bevor er in einer Woge von Schmerz und Schwindel wieder vornübersackte, ließ ihn ahnen, dass er ohnehin nicht das Geringste hätte ausrichten können. Er hatte den, der einmal sein Freund und Waffengefährte gewesen war, selten so wild entschlossen gesehen.
Erst als Wulfila ihn ohne Zuhilfenahme irgendeiner Waffe mehr schlecht als recht aus dem geröteten Wasser zu zerren begann, verstand er, dass es wohl förderlicher sein würde, so gut er konnte mitzuhelfen, sich retten zu lassen, statt sich gegen den eisernen Griff des vermeintlichen Feindes zu wehren und auf einen Gnadenstoß zu warten, der nicht kommen würde.
Zu dieser Erkenntnis war er eben erst gelangt, als die Reiter vom Brandhorst über sie hereinbrachen.
Hier unten war kein günstiges Gelände für Pferde, doch Asgrim war niemand, der sich die Gelegenheit hätte entgehen lassen, etwas, das andere maßgeblich vorbereitet hatten, zu Ende zu bringen und auszunutzen. Kein namenloser Speerwerfer, der Beute hätte beanspruchen können, und kein gewöhnlicher Plünderer würde Gudhelms Leichnam bekommen, wenn der Fürst vom Brandhorst ihn an sich bringen konnte, um nach der Schlacht das unwürdige Spiel des Schacherns um die Auslösung eines Toten betreiben zu können.
Doch das durchschaute Ardeija erst später, als er Zeit hatte, nach Gründen und Ursachen zu fragen. Nun sah er nur eine Flut von Pferdeleibern, die vom Ostufer des Altwassers herabquoll und einen Wald
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