Tricontium (German Edition)
obwohl er wusste, dass diese Andeutung Oshelm wenig helfen würde, und dachte an Blut im Wasser und zu viele Tote. »Das Büschel Heidekraut, an dem sie einander erkennen wollten, war Herrn Gudhelm vom Helm gehauen worden, und Herr Otachar hat ihn im Getümmel nicht erkannt. Nicht, bevor er den Speer geworfen hatte.«
Er hätte innehalten sollen, solange er noch konnte, doch er hatte schon zu viel gesagt und war wieder in Gudhelms Zelt im Lager oberhalb des zerstörten Klosters von Bocernae und sah zu, wie Gudrid, die jüngste Nichte des Fürsten und seine Schildträgerin, da er kein eigenes Kind hatte, die Rolle auszufüllen, ihrem Onkel das Heidekraut an den Helm steckte. Sie wusste noch nicht, dass die langen, blutigen Stunden, die vor ihnen lagen, sie zu »Gudrid Einhand« machen würden, ebenso wenig, wie sie wissen konnte, dass ihr Onkel und Eginhard, der Hauptmann seiner Bogenschützen, der eben mit dem Fürsten sprach, am nächsten Tag nicht mehr am Leben sein würden.
Peregrina dagegen, die Gudhelms Speerträger befehligte, scherzte und lachte, weil sie der Meinung war, dass nichts die Furcht vor einer Schlacht besser verscheuchen konnte als gute Laune. »Ich habe von schönen Männern geträumt, Schwertmeister«, sagte sie vergnügt zu Ardeija und versetzte ihm einen Stoß in die Rippen, »das muss doch gewiss ein gutes Zeichen sein?«
»Solange es keine Engel waren, die dich in den Himmel tragen wollten«, gab Ardeija mit gespielter Heiterkeit zurück und dachte doch nur daran, wie Otachar Gudhelm an der Tricontinischen Pforte einen ganz anderen Traum erzählt hatte, den nämlich, dass einer von ihnen den anderen im Kampf erschlagen werde.
Die Sorge, in den folgenden Stunden auf einen Freund zu treffen, konnte einen auch ohne ein solches nächtliches Gesicht überfallen, und spätestens nach Gudhelms Treffen mit Otachar konnte Ardeija sie nicht länger verleugnen. Wie sein Fürst kannte er zu viele der Männer, die nun im Kranichwald auf sie warteten, und ganz besonders einem wollte er heute nicht begegnen. Wulfila war dort drüben unter den Feinden, doch es fiel Ardeija schwer, ihn als Feind zu betrachten.
Vor fünf Jahren, als sich der Vogt von Salvinae in dem Glauben, aus seiner Vogtei ein Fürstentum machen zu können, gegen den König erhoben hatte, hatten sie beide zum ersten Mal einen Krieg erlebt, der über die üblichen Nachbarschaftsfehden und Kämpfe gegen Viehdiebe hinausgegangen war. Damals hatten sie Seite an Seite gekämpft, doch Freunde waren sie schon länger gewesen, zu lange, als dass Ardeija sich leichten Herzens mit dem Gedanken hätte abfinden können, nun nicht zum Vergnügen, sondern im vollen Ernst ein Schwert gegen Wulfila zu erheben. Er konnte nur hoffen, dass es nicht so weit kommen würde.
Der König ließ den Bischof von Padiacum vor der Schlacht Gebete sprechen; drüben, bei Faroalds Heer, betete der Abt von Maglinium genauso gut. Ardeija bat nur stumm die guten Ahnen, ihn zu beschützen, da er fand, dass es ungerecht war, von Gott zu verlangen, in einer solchen Schlacht Partei zu beziehen.
Das Licht war fahl unter den Wolken und kälter, als es sich für einen Herbsttag gehörte. Gudrids Umhang mit den schwarzen Schwänen blähte sich im Wind, als sie dem Fürsten den Schild hinaufreichte, bevor sie selbst aufs Pferd stieg. Ardeija hatte eine gute Stute, die Bara ihm auswählen geholfen hatte, und der Weg hinab in die Simertiusauen, zum Kranichwald, war ein letzter gefährlicher Genuss, bevor es begann.
Faroalds Männer waren vom alten Kloster bis fast zur Straße nach Tricontium hinüber aufgestellt. Dort, wo die Krieger von Sala in die Niederung hinunterkamen, waren die Leute von Tricontium und Sirmiacum, Nachbarn, Bekannte, Freunde, als habe ein böses Schicksal es so gewollt. Fürst Bernward jagte auf einem weißen Pferd seine Reihen entlang und kam doch schließlich unbeschadet davon, als solle sein Leichtsinn, den feindlichen Pfeilen absichtlich ein Ziel zu bieten, noch belohnt werden, während Gudhelms Vorsicht ihm kein Glück brachte.
Der Speer, der den Fürsten aus dem Sattel holte, als es schon Abend geworden war und leicht zu regnen begonnen hatte, war gut gezielt, und noch während Gudhelm stürzte, war erkennbar, dass hier nicht mehr zu helfen sein würde. Ardeija hätte wissen sollen, dass es in der Verwirrung, die dem Tod eines Anführers stets unweigerlich folgte, eigentlich nur wichtig war, sich selbst zu retten, doch es hätte ihm widerstrebt,
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