Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
Vom Netzwerk:
nahelegte, so etwas nie wieder zu tun. Wulf lachte nur und sagte: ›Den nächsten Bären kann ich dann ja gern Euch überlassen, mein Fürst!‹ – Manchmal frage ich mich, ob das nicht mit dazu beigetragen hat, dass Bernward sich nach Bocernae entschloss, ihn fallen zu lassen; niemand lässt sich gern von einem Gefolgsmann sagen, dass er sich wenig rühmlich verhalten hat.«
    Es war nicht der günstigste Zeitpunkt, um Betrachtungen über das Schicksal derjenigen anzustellen, die ihren Herren unbequeme Wahrheiten verkündeten. Immerhin war da noch etwas mit Frau Herrad zu besprechen und was Ardeija ihr zu sagen hatte, würde sie wohl nicht besser aufnehmen als Bernward seinerzeit Wulfs unbedachte Antwort, gerade, da die Richterin heute bereits allen Grund hatte, gereizt und unzufrieden zu sein.
    Doch von dem ernsten Gespräch, das Ardeija zu führen gedachte, konnte Oshelm nichts ahnen, und so lachte er nur halb nachsichtig, halb bekümmert. »Das mag wohl sein; in jedem Fall klingt es ganz nach ihm. – Da wären wir.«
    Ardeija sah die alte Linde an, vor der sie standen, dann die wohlvertrauten, weißgekalkten Wände des langgestreckten Gebäudes dahinter.
    »Nein«, sagte er langsam, »nein, da wären wir nicht. Das hier ist das Niedergericht, Oshelm. Wir müssen zum Praetorium.«
    Oshelm sah für einen Augenblick milde entsetzt aus; dann begann er zu lachen. »Oh je! Ich fürchte, sie wird uns nie und nimmer abnehmen, dass wir abgelenkt und in alter Gewohnheit hier gelandet sind!«
    Leider hatte er mit dieser Einschätzung wohl Recht; Ardeija brachte nur ein halbes Lächeln zustande. »Morgen wird sie es glauben und auch darüber lachen«, sagte er, »aber heute … Heute wird es schlimm.«
    »Sehr schlimm.«
    Es blieb nichts, als einander zuzunicken und abermals tapfer aufzubrechen. In schweigend geteilter Besorgnis gingen sie die ungepflasterte kleine Straße hinunter, die an der nördlichen Schmalseite des Niedergerichts entlangführte, und blieben beide ebenso einvernehmlich stehen, als eine Stimme, die hier nicht hingehörte, durch ein halb geöffnetes Kanzleifenster ins Freie drang: »Nein, nicht allein deshalb. Ich wollte vor allem nachfragen, wie es um Herrn Honorius steht. Wenn meine Hilfe doch noch benötigt wird …«
    »Er will Euch nicht sehen«, erwiderte eine Frau, wahrscheinlich Honorius’ Schreiberin; Ardeija hatte sich ihre Sprechweise nicht gut genug eingeprägt, um ganz sicher zu sein. »Aber es geht ihm ohnehin besser. Den Gerichtstag wird er wohl abhalten können, wenn auch unter Mühen. Aber auf Euch schimpft er viel. Warum seid Ihr auch auf den Römerfriedhof gekommen und habt Frau Herrad mitgebracht?«
    »Weil es Unrecht war, was Euer Herr tun wollte«, entgegnete Malegis gemessen und so überzeugt, als hätte er selbst noch nie etwas Böses getan. »Zu großes Unrecht. Ich habe darüber geschwiegen, dass er oder einer von euch meine Arbeit in Tricontium erschwert und mit Steinen geworfen hat, und ich habe auch nichts zu dem unwürdigen Versuch, die Gräber dort auszunehmen, gesagt, aber hier musste ich einschreiten. Ihr hättet euch doch alle nur unglücklich gemacht.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«
    »Ich weiß es, das genügt«, entgegnete der Zauberer kurz angebunden. »Doch ich muss gehen; man erwartet mich.«
    Ardeija stieß Oshelm an, und sie beeilten sich, im schützenden Gewirr der Trümmer des alten Minervatempels zu verschwinden, durch dessen Ruinen man ohnehin schneller als auf gebahnten Wegen zum Praetorium gelangen konnte, wenn man sich auskannte.
    Allerdings kamen sie nicht weit; sie waren eben über eine umgestürzte Säule gestiegen, als hinter einigen Eiben hervor der Zauberer mit einem unter seinem Bart nur zu erahnenden Lächeln auf sie zutrat. »Dann habe ich also doch recht vermutet«, sagte er vergnügt und ließ eine Fingerspitze über den Spiegel an seinem Gürtel gleiten. »Lasst Euch eines gesagt sein, Herr Ardeija, zum Spitzel taugt Ihr wirklich nicht. Nebenbei, wie geht es Eurem Arm mittlerweile?«
    »Besser«, gestand Ardeija widerwillig und bemerkte mit Erstaunen, dass Gjuki weder fauchte noch mit dem Schwanz schlug. »Ich spüre nichts mehr von der Verletzung. Herr Honorius sollte Euch wohl doch zu Rate ziehen.«
    »Späte Erkenntnis!«, sagte Malegis und lachte.
    »Wenn es ein Tag für Erkenntnisse ist, könntet Ihr uns vielleicht auch zu einer verhelfen«, bemerkte Oshelm, »nicht unbedingt über das, was in Tricontium nun eigentlich vorgefallen

Weitere Kostenlose Bücher