Tricontium (German Edition)
scheinbar zustimmendes Geräusch von sich gab.
»Verräter!«, sagte Ardeija und Gjuki schnaubte empört, bevor er wieder verschwand. »Es ist nicht, was du denkst, keine böse Beschwörung, wie Malegis oder andere seines Schlages sie betreiben mögen. Daran, die Ahnen zu Hilfe zu rufen, kann nichts Schlechtes sein, das tut meine Mutter auch ständig. Sie antworten ihr nur nicht. Aber wenn sie dir antworten und sich dir zeigen, bist du ganz besonders gesegnet.«
»Gesegnet? Das gewiss nicht.« Wulf wandte sich wieder dem Herd zu, als betrachte er das Gespräch damit als beendet.
Doch Ardeija gab nicht auf. »Es mag dir ja nicht gefallen, aber es ist dennoch ein Segen«, beharrte er. »Und es ist noch nicht einmal sonderlich überraschend, wenn ich es recht bedenke. Du hast schließlich auch schon mit einem Bären gesprochen und der hat ebenfalls auf dich gehört.«
»Du hast was getan?«, mischte Oshelm sich ein.
Er klang entsetzt genug, um Wulf dazu zu verleiten, kurz über die Schulter zu sehen und ihm einen befriedigten Blick zuzuwerfen. »Das habe ich getan, ja, aber das hatte seine Gründe. Wenn man einen Haufen müder Krieger beeindrucken will, gibt es eigentlich kein besseres Mittel, als etwas ungeheuer Dummes zu tun, das zugleich sehr mutig aussieht.«
»Schon«, räumte Oshelm ein, »aber doch nicht, wenn ein Bär dabei ist!«
»Hat er dir eigentlich geantwortet?«, fragte Ardeija, ohne dem besorgten Einwand des Schreibers viel Beachtung zu schenken.
Wulf hätte die Frage wohl gern überhört, doch sein Enkel, der eben wieder auf der Türschwelle erschienen war, beantwortete sie nur zu bereitwillig: »Der Bär hat ihm gesagt, welchen Weg sie nehmen mussten. Und mein Vater sagt, dass die Richterin sehr böse auf Euch ist und …«
»Das spielt jetzt keine Rolle«, unterbrach Ardeija ihn eilig. »Wulf, hat der Bär wirklich geantwortet, oder war das nur etwas Wildes, das du Wulfin erzählt hast?«
»Auch das spielt keine Rolle«, sagte Wulf, ohne sich umzudrehen. »Ich dachte, ich hätte deutlich genug gemacht, dass ich mich in deinem Auftrag weder mit Geistern noch mit Bären noch mit sonst irgendjemandem unterhalten werde? Nimm einen guten Rat an und sieh zu, dass du zum Praetorium zurückkommst, der Richterin den Mantelsaum küsst und sie um Verzeihung dafür bittest, dass du dir lieber Geschichten anhörst, als ihre Aufträge auszuführen.«
»Oshelm soll auch kommen«, fügte Wulfin hinzu. »Frau Herrad meint, die Art von plötzlicher Krankheit ließe sich am besten mit viel Arbeit verscheuchen, und wenn er in einer halben Stunde nicht da wäre, würde sie ihn selbst holen.«
Oshelm stand auf. »Dazu wollen wir es dann doch nicht kommen lassen«, sagte er mit einem Lächeln. »Hat sie sonst noch etwas gesagt?«
Wulfin nickte. »Ja, aber sie hat selbst gemeint, dass anständige Leute so etwas nur unter besonderen Umständen sagen dürfen, und mein Vater findet, dass ich es nur wiederholen soll, wenn schlimme Drohungen nötig sind.«
»Hat er wirklich mit einem Bären geredet? Mit einem wilden, einfach so?«, fragte Oshelm, als sie auf der Straße standen und heldenmütig bereit waren, zum Praetorium aufzubrechen und sich Frau Herrads berechtigtem Zorn zu stellen, der dem eines übellaunigen Bären wahrscheinlich sehr nahekommen würde.
Ardeija nickte. »Das hat er, im Krieg, gegen Ende des Sommers vor Bocernae. Ich kann es bezeugen; ich habe es selbst gesehen.«
»Habt Ihr dann auch gleich freundlich mit dem Bären geplaudert?«
»Nein, und ich hatte auch nicht das Bedürfnis, es zu versuchen.« Gjuki, der es sich inzwischen wieder auf Ardeijas Schulter bequem gemacht hatte, steuerte ein beifälliges Zirpen bei. »Was Wulf geritten hat, es zu tun, weiß ich bis heute nicht so recht, ganz gleich, wie viel Eindruck er schinden wollte. Vielleicht hatte er einfach zu viel getrunken; der Wein, den Eginhard dabei hatte, war ziemlich stark, und es war irgendein seltsames Zeug darin, das alles noch schlimmer gemacht hat.«
Oshelm war mitten auf der nächsten Kreuzung stehen geblieben. »Nun komme ich nicht mehr ganz mit«, gestand er. »Wenn es im Krieg war, warum hat Wulf dann mit Euch und Eginhard getrunken, und das auch noch da, wo Euch ein Bär begegnen konnte? Habt Ihr irgendein heimliches Treffen im Wald abgehalten?«
Ardeija schüttelte den Kopf. »So heimlich war das gar nicht. Kennt Ihr den Steinkreis im Wald eine Wegstunde östlich der alten Salzstraße, die von Sala nach
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