Tricontium (German Edition)
besingen.«
Ardeija nickte stumm und sah sehr trübsinnig auf die unregelmäßigen Steinplatten des Bodens hinab. »Frau Herrad sagt, du sollst für heute hier unten aufhören«, sagte er nach einer ganzen Weile. »Sie braucht dich oben, und das Schloss kann wohl noch etwas warten.«
Als sie die Treppe zur Kanzlei hinaufstiegen, kam ihnen Otter entgegen. »Bleibt es bei übermorgen in den ›Himmlischen Rosen‹?«, fragte er im Vorbeigehen.
Ardeija sah für einen Augenblick so erstaunt aus, wie Wulfila es war, doch dann schien er sich an etwas zu erinnern. »Ja … Ich glaube schon.«
»Gut; dann bis übermorgen!« Otter nickte zum Abschied und lief wohlgemut die letzten Stufen hinunter.
Ardeija war stehen geblieben. »Das sollte ich dir schon heute Mittag ausrichten, ich habe es nur vergessen«, sagte er etwas sehr verspätet. »Er lädt uns ins Teehaus ›Zu den drei Himmlischen Rosen‹ ein, übermorgen Abend. Du hast doch nichts vor? Er meint nämlich, dass wir noch nicht gebührend gefeiert hätten, dass ich heil vom Brandhorst zurückgekommen bin und dass du überhaupt wieder in Aquae aufgetaucht bist. Na, ganz gleich, was für Gründe er hat, es ist eine Einladung, und die sollte man annehmen. Es wird uns alle auf bessere Gedanken bringen.«
»›Zu den drei Himmlischen Rosen‹?«, wiederholte Wulfila, den die Erfahrung gelehrt hatte, dass man sich tunlichst nicht von Ardeija überreden lassen durfte, sich irgendeinem Haus, das die Bezeichnung »himmlisch« schon im Namen führte, auch nur zu nähern. »Ardeija, was für eine Art ›Teehaus‹ ist das?«
Er bekam keine Antwort; Ardeija lachte nach einem Blick in Wulfilas zweifelndes Gesicht so sehr, dass er vorläufig nichts erklären konnte, doch vielleicht war das nach all seinem Kummer über die Umstände von Gudhelms Tod nicht das Schlechteste.
»Wirklich nur ein Teehaus«, sagte Herrad vom oberen Treppenabsatz her. »Ein ganz harmloses. Otter trinkt nur dann Stärkeres, wenn seine Nachforschungen es erfordern; wenn er feiert oder sich ausruht, ist er gewöhnlich in den ›Himmlischen Rosen‹. Was den Namen angeht, hoffe ich auch immer noch, dass die Besitzerin entweder einer Fehlübersetzung aufgesessen ist oder dass die Entsprechung in ihrer Muttersprache nicht einen solchen Beiklang hat. Die gute Frau ist mit den Barsakhanen hergekommen, aber sie stammt wohl noch weiter aus dem Osten, dorther, wo die großen Drachen wohnen sollen. Sie hat sehr rasch erkannt, dass es keinen besseren Weg gibt, zu Geld zu kommen, als Leuten Tee zu verkaufen, wenn man sie erst einmal daran gewöhnt hat … Und sie hat sehr guten Tee. – Da wir nun gerade von Einladungen sprechen … Ardeija? Maurus sagt, er habe Eure beiden neuen Krieger zum Warten in den ›Grünen Keiler‹ geschickt; wenn Ihr Euch beeilt, könnt Ihr sie sicher dort auflesen und in Augenschein nehmen. Er deutete allerdings an, dass er ihnen in Aussicht gestellt habe, sie müssten nicht selbst bezahlen. Ich zahle aber auch nicht und das Hochgericht hat kein Geld. Wenn Ihr hingegen so freundlich sein wolltet, wäre das wohl eine angemessene Strafe für Euren verschenkten halben Tag.«
»Verschenkt? Ich habe Euch immerhin Malegis mitgebracht!«, gab Ardeija zurück, entfernte sich dann aber ohne weiteres Murren.
»Malegis?«, fragte Wulfila. »Hat der die Geschichte von Otachar erzählt?«
»Und was für eine … Wie viel hat Ardeija dir schon berichtet?«
»Nicht viel«, sagte Wulfila und erfuhr während der folgenden Stunden von Herrad und Oshelm, der sich über die ganze Sache gar nicht beruhigen konnte, dass »nichts« eine treffendere Einschätzung gewesen wäre.
Es war erstaunlich, wie gut die Richterin und ihr erster Schreiber sich darauf verstanden, noch halbwegs vernünftig zu arbeiten, während sie einen verwickelten Sachverhalt abwechselnd so knapp wie möglich zusammenfassten, doch vermutlich hatte der jahrelange Umgang mit kaum nachvollziehbaren Rechtsstreitigkeiten sie darin geschult. Wulfila ahnte, dass er sich daran wie an so manches würde gewöhnen müssen. Immerhin gab es zum Ausgleich reichlich Kräutertee einer Mischung, die Herrad selbst aus ihrem Garten zusammenzustellen pflegte.
»Ich finde, es war sehr freundlich von mir, Malegis mit seiner Geschichte zu Ebbo weiterzuschicken, besonders, da es gar nicht leicht war, unseren guten Zauberer von der Notwendigkeit dieses Schritts zu überzeugen«, sagte die Richterin bei ihrer dritten Schale des grünen Gebräus,
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