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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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Ardeija prüfend, und dieser empfand bei dem Gedanken, dass solch ein erfahrener Krieger sich vielleicht selbst herablassen könnte, ihn herauszufordern, etwas wie freudigen Schrecken. Doch Godegisel wandte sich ab, um mit Corvisianus zu flüstern, der seinerseits Ardeija zu mustern begann, und das war schon weniger erfreulich, denn er hatte ein wenig Angst vor dem Mann, seit der ihn vor zehn Jahren in einem von Bernwards Birnbäumen ertappt hatte. Die Erinnerung wäre vielleicht nicht so schlimm gewesen, wenn Corvisianus damals nur mit ihm geschimpft hätte, aber dieser fürchterliche Mensch war auch hingegangen und hatte Valerian einen langen Vortrag darüber gehalten, dass man auf seine Kinder gefälligst aufzupassen habe, vor allen Dingen, wenn sie auf dem besten Wege wären, sich in fremden Gärten den Hals zu brechen. Valerian hatte nach schwacher Gegenwehr am Ende nur noch ergeben genickt und bei nächster Gelegenheit die Flucht ergriffen. Ardeija wollte ganz bestimmt nicht gegen jemanden kämpfen müssen, gegen den Valerian nicht angekommen war, ohne dass überhaupt Waffen gezogen worden waren. Er war sehr erleichtert, als Corvisianus am Ende nur aufstand und nach seinem Sohn rief.
    Ardeija kannte den Jungen flüchtig, aber sie hatten bis zu dem Zeitpunkt nie viel miteinander zu tun gehabt. Bei diesem Fest hatte er ihn zum ersten Mal unter den Kriegern sitzen sehen, also war er wohl mittlerweile kein Junge mehr, sondern ein junger Mann, und trug ein Schwert, aber sonst wusste er nichts weiter über ihn. Er hatte ihn nur an den Vortagen um die leuchtend blaugrüne Glasperle beneidet, die das Band verzierte, das er in seinen Zopf geflochten trug, und ihn, wie immer, heimlich für seinen Namen bemitleidet. Wer konnte ein bloßes »Wölfchen« schon ganz ernst nehmen? So harmlos, wie der Name sich anhörte, wirkte auch sein Träger, und dazu noch sehr jung, zumindest in Ardeijas ungemein erwachsenen sechzehnjährigen Augen. Eigentlich war es ja fast eine Beleidigung, dass sie jemanden gegen ihn schicken wollten, der ein oder zwei Jahre jünger war, aber da Fürst Gudhelm lachte und einverstanden zu sein schien, konnte er sich wohl kaum beschweren. So bedauerte er nur im Stillen Bernward und seine einfältigen Krieger, während man die Tische beiseiterückte und den großen Teppich aus Baktrien, ein besonderes Lieblingsstück des Fürsten, zusammenrollte, um Platz für einen mitternächtlichen Zweikampf zu schaffen.
    Das harmlose Wölfchen nahm umständlich seinen langen Umhang mit der schönen Adlerfibel ab und bat ein Mädchen mit braunen Locken, darauf aufzupassen. Die beiden gaben einander einen raschen Kuss, und Ardeija hatte noch mehr Mitleid als zuvor, denn es konnte nicht schön sein, sich lächerlich machen zu müssen, wenn es jemanden gab, den man beeindrucken wollte. Vielleicht konnte er ja großzügig sein und sich mehr Zeit als nötig damit lassen, seinen Gegner zu besiegen.
    Doch er hatte Wulfila von Sirmiacum gründlich unterschätzt und es wurde ein verdammt guter Kampf, an den ihn eine Scharte in seinem Schwert, die sich nie mehr völlig hatte entfernen lassen, noch jahrelang erinnern sollte.
    Dass Wulfila tatsächlich kämpfen konnte, beeindruckte Ardeija, weit mehr aber noch der Umstand, dass er sich nach zähem Ringen als sehr anständiger Verlierer erwies.
    »Sie sollten ein Lied auf dich machen«, sagte er, als Ardeija die Klinge, die kurz an Wulfilas Kehle gelegen hatte, wieder zurückzog, und blickte ihn aus großen, grauen Augen so ehrlich an, dass es kein Scherz sein konnte.
    Ardeija war es eigentlich nicht gewohnt, dass jemandem in seinem Alter eine Niederlage gegen ihn nichts ausmachte, und wenn auch die meisten jungen Krieger auf Sala behaupteten, nicht neidisch zu sein, dass Gudhelm ihn seiner Fähigkeiten wegen bevorzugte, merkte er ihnen doch an, dass sie logen. Wulfila log nicht, und deshalb konnte er ihm die Hand hinstrecken und auch ehrlich sein. »Besser auf uns beide. Ich hatte nur Glück; das hier hätte anders ausgehen können.«
    Wahrscheinlich glaubten alle ringsum, dass sie nur edel und großmütig klingen wollten, aber so war es nicht, das wusste er, und als sie später einen Krug Wein miteinander teilten, der nach der Anstrengung viel zu stark für sie war, fragte er: »Wenn das Wetter wieder besser ist, willst du dann nicht einmal nach Sala kommen? Wir könnten zusammen üben.«
    Als er sich am nächsten Morgen mit sehr schwerem Kopf zu seinem Pferd schleppte, war er

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