Tricontium (German Edition)
sich nicht mehr sicher, ob Wulfila etwas auf diesen zögernden Versuch, Freundschaft zu schließen, erwidert hatte, und wenn ja, was. So vergaß er die halbe Einladung fast, bis ihn im Frühjahr seine übliche Erkältung heimsuchte und es, anders als sonst, so schlimm wurde, dass Asri ihn eines Nachmittags in Decken wickelte, ihn in den Garten zwischen die Gemüsebeete setzte und um ihn Pflöcke in allen vier Himmelsrichtungen einschlug, um dann die guten Ahnen und hilfreichen Geister anzurufen und sie zu bitten, die Krankheit von ihrem Sohn zu nehmen. Es war ungünstig, dass Wulfila gerade zu dem Zeitpunkt unangekündigt vorbeikam, als sie Räucherwerk und geweihte Heilkräuter verbrannte, um die Kur ganz unfehlbar zu machen, aber es sprach wiederum für ihn, dass er sich von dem, was für ihn nach fremdländischer Hexerei aussehen musste, nicht abschrecken ließ, sondern zum Essen blieb und es sogar fertigbrachte, Asris Kochkünste zu loben.
Vielleicht war es gut, dass Ardeija sich nicht imstande fühlte, ein Schwert in die Hand zu nehmen, denn so mussten sie in der Sonne sitzen und reden. Sie fanden heraus, dass sie einander mehr als genug zu erzählen hatten, so dass Ardeija zwei Wochen darauf den Besuch erwiderte, wenn es ihn erst auch Überwindung kostete, sich in Corvisianus’ Haus zu wagen.
Von da an waren sie Freunde gewesen, und sie würden es wohl bleiben, denn Wulfila war auch heute ein guter Verlierer, vielleicht sogar ein absichtlicher, dem nach dem ersten Übermut aufgegangen sein mochte, dass es nicht sehr liebenswürdig gewesen wäre, Ardeija vor seinen Kriegern schlecht dastehen zu lassen.
Maurus und die übrigen zeigten sich auch angemessen beeindruckt. Nur Ramberts Gesicht war eigenartig unbewegt geblieben, doch als Wulfila Miene machte, wieder in die Kanzlei hinaufzugehen, lief sie zu ihm und fragte ihn leise etwas, das Ardeija nicht verstand, um eine ebenso leise, von einem Lächeln begleitete Antwort zu erhalten, die sie anscheinend zufrieden stellte. Ardeija sagte zunächst nichts weiter dazu, sondern begann ihr nur zu erzählen, woran sie in ihren nächsten Fechtstunden würden arbeiten müssen.
Erst als sie sich in der Dämmerung auf den Heimweg machten, erkundigte er sich so beiläufig wie möglich: »Hattest du etwas mit Wulfila zu bereden, vorhin?«
»Ja.« Rambert sah ihn offen an; ein großes Geheimnis war wohl nicht verhandelt worden. »Ich habe ihn gefragt, warum er Euch hat gewinnen lassen.«
Die Erkenntnis, dass er nicht der Einzige war, der diesen Verdacht gehabt hatte, berührte Ardeija unangenehm. »Und was sagt er?«, fragte er dennoch tapfer.
»Dass Ihr an der Reihe wart, zu gewinnen«, erklärte Rambert und sammelte eine Eichel auf, um sie Gjuki hinzuhalten, der aber wenig Interesse daran zeigte. »Ihr habt immer abwechselnd gewonnen, wenn es ernst war, sagt er.«
Ardeija lachte. »Da hat er fast Recht. Einmal ist es auch unentschieden ausgegangen, als wir uns ungeschickt genug angestellt haben, nach vielem Abdrängen und Ausweichen gemeinsam in Sirmiacum in den Fluss zu fallen. So viel zu den großen Kriegern! Aber du bist sehr aufmerksam.«
Rambert schien sich nicht viel darauf einzubilden. »Ich sehe nur, wenn jemand absichtlich verliert. Das habe ich auch gesehen, als Herr Ebbo damals gegen Herrn Theodulf gekämpft hat.« Sie warf die Eichel weg und setzte erklärend hinzu: »Das war bei dem Weihnachtsfest, als man Frau Gerberga und Herrn Hatto miteinander verlobt hat.«
Ardeija wusste, dass sich hinter Gerberga Asgrims Tochter und Erbin verbarg; bei Hatto war er sich weniger sicher. »Hatto ist einer von Ebbos Söhnen, ja?«, vermutete er und war froh, nicht falsch geraten zu haben, als Rambert nickte und ihn flüsternd wissen ließ, dass Gerberga es ihrer Meinung nach weitaus besser hätte treffen können. »Er kann auch nicht besser mit dem Schwert umgehen als sein Vater. Aber Herr Theodulf sagt, dass Frau Gerberga ihn dennoch leiden mag. Vielleicht will sie keinen, der ein besserer Kämpfer ist als sie. Sie ist nämlich auch nicht sehr gut.«
Die beiden Lehrmädchen gingen eben, als Rambert und Ardeija nach Hause kamen, doch die Werkstatt war noch erleuchtet, während das Wohnhaus im Dunkeln lag.
»Viel Arbeit, oder keine Hoffnung, dass Malegis noch vorbeikommt?«, fragte Ardeija, als er die Werkstatttür öffnete.
Asri und Theodulf sahen auf und Ardeija bemerkte mit Erstaunen, dass seine Mutter damit befasst gewesen war, die Wisente aus Theodulfs
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