Tricontium (German Edition)
gegen die Wand von Bernwards großem Kuhstall gedrängt und eine reumütige Entschuldigung bekommen hatte. »Sonst hätte ich ja zu viel Zeit, mich von Rambert zu erholen, nicht wahr? Komm!«
Wulfila schloss die Hand um einen der lederumwickelten Griffe. »Nicht so ungeduldig, sonst verlierst du noch!«
»Das glaubst auch nur du!«, sagte Ardeija, wie er es sagen musste, und war froh, dass nicht auch noch Frau Herrad zusehen konnte.
Gjuki schien zu glauben, dass es nun trotz aller Freundschaft ernst werden würde, denn er brachte sich mit einem missbilligenden Schnauben auf Ramberts Schulter in Sicherheit. Das war kein gutes Zeichen, doch noch schlechter war es, dass Wulfila so lächelte, wie er es sonst nur tat, wenn er dabei war, ein Würfelspiel zu gewinnen. Wenn es ihm so gut ging, musste man sich vor ihm in Acht nehmen.
Als er nun herankam, war es ganz wie immer, als lägen nicht acht Jahre, ein auf verschiedenen Seiten überstandener Krieg und viel Kummer zwischen ihrem letzten Kampf und diesem, und als Ardeija die Waffe rasch wendete, um einen ersten, halb spielerisch geführten Schlag mit ihrer flachen Seite aufzufangen, spürte er, dass er gegen seinen Willen selbst lächeln musste. Es mochte zwar anstrengend und vor all seinen Kriegern auch heikel sein, gegen Wulfila anzutreten, aber jetzt, da es begonnen hatte, war es dennoch schön. Davon abgesehen, dass es hier so viele neugierige Augen gab, vor denen man sich beweisen musste, wusste er es eigentlich zu schätzen, dass sein Freund noch ein so schwieriger Gegner wie früher war, wendig, entschlossen und tatsächlich ungefähr so unberechenbar wie ein Wolf aus dem großen Nordwald.
Letzteres mochte damit zusammenhängen, dass Wulf irgendwann und irgendwie in den Wirren des Barsakhanensturms entdeckt hatte, dass er eigentlich auch mit Waffen umgehen konnte, aber zuvor in der Hinsicht nur unzureichend ausgebildet gewesen war. Vielleicht hatte ihm Hilda das ein oder andere erzählt, aber das konnten nur Grundbegriffe aus einer lang vergangenen Kindheit vor ihren Klostertagen gewesen sein; das Meiste musste er sich selbst beigebracht oder hier und da von den verschiedensten Leuten aufgeschnappt haben. Das, was sich für ihn bewährt hatte, hatte er getreulich an seinen Sohn weitergegeben, und es gehorchte keinen erkennbaren oder allenfalls ganz eigenen Regeln. Falls man es noch nicht erlebt hatte, konnte man leicht davon überrumpelt werden, und auch wenn man diesen kunstvollen Mangel an geordneter Kunstfertigkeit kannte, blieben die Einzelheiten reichlich unvorhersehbar.
Zum ersten Mal hatte Ardeija das sechzehn Jahre zuvor erfahren, in Sirmiacum, als Fürst Gudhelms älteste Nichte sich ihren Bräutigam von dort geholt hatte und drei Tage lang Hochzeit gefeiert worden war.
In dem Jahr war die große Halle von Sirmiacum eben erst aufwändig erneuert worden und Fürst Bernward war erkennbar stolz auf die bunten Wandbehänge, die gläsernen Fenster, die silbernen Leuchter und die hohen Säulen, um die sich gemalte Blumen rankten. Alle drei Abende über sparte er weder an Kerzen noch an Speisen und Getränken, obwohl die Ernte nicht besonders gut gewesen war, und der junge Verwandte, den er an die Frau aus Sala verheiratete, trug nur Seide, kostbare Pelze und reichen Goldschmuck, dessen sich ein König nicht hätte schämen müssen.
Das alles gefiel Herrn Gudhelm schlecht, da es auf Sala in den letzten Jahren bescheidener zugegangen war. Als er am dritten Abend zu betrunken war, um weiter an sich zu halten, suchte er etwas, womit er prahlen konnte, und da Ardeija in seinem Blickfeld saß, traf es ihn, als Bernward so töricht war, einen meisterlichen Schwertkämpfer zu erwähnen, der im Herbst lieber über die Grenze gegangen war, als in seine Dienste zu treten.
»Den hätte ich nicht gebraucht!«, rief Gudhelm nämlich. »Da, seht Ihr den dort drüben, den mit dem Kragen aus Schaffell? Der ist zwar noch einer meiner jüngsten Krieger, aber doch schon der beste Schwertkämpfer, den ich je gesehen habe … Der beste! Selbst wenn Ihr den Kerl, der nicht bleiben wollte, angeworben hättet, wäre unter Euren Leuten niemand, der sich mit ihm messen könnte!«
»Meint Ihr?«, fragte Bernward viel zu ruhig und legte sein Messer mit dem Elfenbeingriff etwas härter auf den Tisch zurück, als es sich gehörte. »Haben wir keinen, Godegisel?«
Godegisel, sein Schwertmeister, der noch ziemlich nüchtern wirkte, beugte sich daraufhin vor und betrachtete
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