Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
Vom Netzwerk:
Stein verziert. »Doch ich habe einen Teil dessen gehört, was Maurus zu Euch gesagt hat, und möchte Euch daher eines versichern. Ich habe vor fünf Jahren nicht gewusst, wer Ihr wart, und hätte ich es gewusst, so hätte es nichts geändert. Ich habe über einen Diebstahl befunden, nicht mehr und nicht weniger als das. Es war keine politische Angelegenheit.«
    Wulfila schwieg. Es war ihm schleierhaft, warum Herrad sich bemüßigt fühlte, den Verdacht, den Maurus so vorschnell geäußert hatte, zum Anlass für eine Rechtfertigung zu nehmen. Was kümmerte sie die Meinung eines Diebs, den sie verurteilt hatte?
    »Das habe ich nie angenommen«, sagte er am Ende langsam. »Ihr wart gerecht. Hättet Ihr das Urteil gesprochen, um dem Vogt oder gar dem König eine Gefälligkeit zu erweisen, hätte ich meinem Vater wohl geraume Zeit in Mons Arbuini Gesellschaft leisten dürfen.«
    »Angesichts des teuren Seidenhemds wäre das durchaus vertretbar gewesen, das gebe ich zu.«
    Wulfila fragte sich, ob sie erwartete, dass er nun seine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen würde. »Weshalb dann so und nicht anders?«
    »Ich habe es Euch hoch angerechnet, dass Ihr damals Otter geholfen habt, obwohl Euch bewusst gewesen sein muss, dass Ihr damit zugleich Eure Freiheit aufs Spiel gesetzt, wenn nicht gar fortgeworfen habt. Und ansonsten … Nennt es Mitgefühl.« Herrad sah wahrhaftig nicht aus, als ob sie gewöhnlich stark von solchen Regungen geplagt würde. »Nicht mit Euch; mit der kleinen Krabbe da.« Sie deutete auf Wulfin, der nun, da die Magd endlich widerstrebend ihre Unterhaltung mit Maurus unterbrochen hatte, in angeregten Verhandlungen über Gjukis Abendessen zu stehen schien. »Wenn damals etwas für Euch sprach, dann vor allem, dass Ihr Euch leidlich gut um ihn gekümmert habt. Ich wollte, dass Ihr ihn durchbekommt, und in den Steinbrüchen hättet Ihr einen Säugling keine vier Wochen am Leben und bei guter Gesundheit erhalten können.« Ihr Lächeln war unerwartet und es erschien Wulfila fast befremdlich, wie weich ihre Züge wirken konnten. »Er ist schön groß geworden seitdem; es geht ihm doch gut, wenn man von den Tagen bei Asgrim absieht?«
    Die Frage traf Wulfila unvorbereitet, doch nach einem langen Augenblick der Verblüffung lächelte er ehrlich erfreut. »Ja, es geht ihm gut. Ihr müsst Euch keine Gedanken machen; so wie in den letzten Tagen steht es …«
    … um uns nicht immer, hatte er sagen wollen, doch er beendete den Satz nicht mehr. Noch während er gesprochen hatte, hatte ein plötzlicher Windstoß die Kerze ausgeblasen. Mochte das noch durch einen Zufall zu erklären sein, war nicht zu begreifen, weshalb gleich darauf das Feuer hoch aufloderte und genau im selben Augenblick ein Wurfgeschoss die Richterin an der Schulter traf. Als wäre dies noch nicht genug gewesen, ertönte wie von nirgendwoher eine hohle, geisterhafte Stimme: » Discedite !«
    Dann erlosch mit einem letzten Flackern auch das Feuer und Tricontium lag im Dunkeln.

5. Kapitel: Ein altes Schwert
    Auf dem Schlussstein des Gewölbes blühten die Schatten dreier Pflanzen, Trollblume, Goldlack und Akelei; so viel konnte Ardeija erkennen, als er im Morgenlicht die verblasste Malerei stehend und aus größerer Nähe betrachtete. Viel Sinn hatte es nicht, sich mit den etwas flüchtigen Pinselstrichen zu befassen, doch die Beschäftigung mit dem verzierten Stein lenkte ihn für eine Weile von seinem Elend ab, so gut es irgend ging. Das wollte allerdings nicht viel heißen, denn die Gedanken an all das, was er doch nicht ändern konnte, kehrten nur zu schnell ungebeten zurück.
    Gjuki war verschwunden. Es war zwar nicht ungewöhnlich, dass er kam und ging, wie er wollte, doch in Anbetracht der Umstände wäre es Ardeija lieber gewesen, sicher zu wissen, dass der kleine Drache sich freiwillig entfernt hatte und nicht etwa Theodulfs Zorn zum Opfer gefallen war.
    Auch über das, was aus Wulfila und seinem Sohn geworden war, konnte er nur Vermutungen anstellen und hoffen, dass sie mittlerweile gut in Tricontium angekommen waren; sicher war er sich nicht. Zwar zog ein belangloser Gartendiebstahl gewöhnlich kaum mehr als eine rasche Züchtigung nach sich, doch wie nachdrücklich diese Mahnung, es nicht so bald wieder zu versuchen, geriet, stand ganz im Ermessen des Richters und seines ausführenden Arms. Dem Fürsten auf dem Brandhorst war wohl leider zuzutrauen, dass er diesbezüglich auf Gründlichkeit Wert legte.
    Zu der aufrichtigen Sorge um

Weitere Kostenlose Bücher