Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
Vom Netzwerk:
halten schien. »Ich brauche keine Bedenkzeit mehr«, entgegnete er. »Meine Entscheidung ist getroffen und wird sich nicht mehr ändern.«
    »Dann weißt du hoffentlich auch, worauf du dich einlässt!« Der Junge wurde schon wieder vorwitzig. »Wir auf dem Brandhorst sind einen richtigen Schwertmeister gewohnt, der etwas kann! Herr Theodulf konnte alles mit einer Klinge. Er hat einmal sogar einen wilden Keiler erlegt, nur mit einem Jagdmesser und ohne Hilfe.«
    »Das klingt unerfreulich, für das Wildschwein wie für Theodulf«, entgegnete Wulfila sanft. »Ich weiß nicht, was er sich oder euch damit beweisen wollte, aber ich glaube nicht, solchen Unsinn nötig zu haben.«
    Die Hälfte der Anwesenden lachte anerkennend, die andere verächtlich.
    »So?«, sagte der vierte Krieger vom Vorabend; er gehörte eindeutig nicht zu denen, die auch nur ansatzweise beeindruckt wirkten. »Du hast es nicht nötig, jemandem etwas zu beweisen, wie? Natürlich nicht. Wir wissen ja, dass du gut Kürbisse stehlen kannst, und das allein macht ohne Zweifel einen Schwertmeister aus.«
    »Halt den Mund, Liutbrand!«, sagte die mit den Taubenfedern, die wohl unnützen Streit zu verhindern hoffte. »Der Fürst wird wissen, was er tut, und Ebbos Leute sagen alle, dass der hier seine Kunst versteht.«
    »Wenn Ebbos Leuten ein Dieb gut genug ist, können sie ihn gern zurückhaben!«
    Wulfila hätte gern gewusst, ob Liutbrand aus eigenem Antrieb handelte oder nebst einigen anderen die Weisung bekommen hatte, Wulfila zu erproben, sobald er sich auf der Burg sehen ließ. Dass Ansgar sich nun einmischte, passte ganz gut zu diesem Verdacht.
    »Willst du nicht antworten?«, fragte er lauernd an Wulfila gewandt. Auch alle anderen sahen ihn abwartend an.
    Wulfila beschloss, dass Spiel mitzuspielen. Sie hatten es alle nicht besser verdient, und wenn Liutbrand einen Kampf wollte, sollte er ihn bekommen. »Das könnte ich vielleicht, wenn ihr mir nicht neulich mein Schwert weggenommen hättet.« In Windeseile versuchte er, die Waffen der Krieger rings um ihn einzuschätzen, und entschied sich für die Spatha an Ansgars Gürtel. »Leihst du mir deines, Ansgar? Dann könnten Liutbrand und ich unsere Unterhaltung fortsetzen.«
    Das gefiel ihnen allen, ganz gleich, welchen Ausgang sie erwarten mochten, und Ansgar reichte Wulfila nach einem kaum merklichen Zögern das Schwert mit dem Hinweis, er solle auch ja gut damit umgehen.
    Dann schwemmte die Welle der Übrigen sie mit auf den Hof hinaus, wo einige Krieger Ebbos ihre Übungen im Bogenschießen sehr bereitwillig unterbrachen, um sich der besseren Unterhaltung hinzugeben, andere Leute aneinandergeraten zu sehen. Da auch ein paar zufällig vorüberkommende Bedienstete stehen blieben, als sie begriffen, was im Gange war, hatte sich die Gruppe von Zuschauern schon in eine kleine Menschenmenge verwandelt, als Liutbrand und Wulfila im Inneren des Kreises, den die anderen gebildet hatten, Aufstellung nahmen.
    Dado nahm hilfsbereit beide Mäntel in Verwahrung, doch er konnte sich nicht enthalten, zu der Taubenfederfrau zu bemerken, dass der Kürbisdieb dringend eine neue Tunika nötig habe. Wulfila musste nicht an sich herabsehen, um zu wissen, wie Recht Dado hatte, aber selbst das machte ihm heute nicht das Geringste aus. Der Tag war schön und das Schwert so ausgewogen, dass er wohl nur noch schöner werden konnte.
    Liutbrand seinerseits war bei aller Frechheit, die seine Reden ausgezeichnet hatte, nicht zu siegessicher, sondern vorsichtig und gewitzt wie der erfahrene Kämpfer, als der er sich in dem ersten behutsamen Umkreisen und Abtasten erwies. Das war gut; ohne einen Gegner, gegen den es sich zu kämpfen lohnte, hätte alles nur halb so viel Spaß gemacht.
    Als sie dann endlich im Ernst aufeinandertrafen, lachte Wulfila entzückt und bedauerte nur, nicht wie die Helden der alten Lieder gleichzeitig ein Schwert schwingen und bedeutungsvolle Verse sprechen zu können. Das Leben war herrlich – ein Schritt zurück, um einen Stoß ins Leere gehen zu lassen – und der liebe Gott verdiente ein Dankgebet für alles. Vielleicht taten das auch die alten Götter, die Herrad ihren Raben geschickt hatten, oder Mars ultor , der bestimmt für so etwas wie dies hier zuständig war, das kaum mit christlicher Demut und Vergebung in Einklang stand …
    Ein Hieb für Liutbrand, abgefangen zwar, aber nicht mit solcher Leichtigkeit, wie Ardeija vorgestern alle Schläge abgewehrt hatte … Nein, das hier war nicht

Weitere Kostenlose Bücher