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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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wieder ein Schloss zu öffnen … Aber das hat Zeit. Frau Herrad braucht dich oben dringend. Oshelm ist so erleichtert, dass er von nichts anderem als himmlischer Gerechtigkeit redet und nichts Sinnvolles zustande bringt …« Erst jetzt drehte er sich um und runzelte die Stirn. »Was hast du denn angestellt? War Asgrim so unzufrieden?«
    »Nein«, sagte Wulfila und war dankbar, dass Ardeija seine neugierigen Leute hinausscheuchte.
    Er erzählte ihm die ganze Geschichte, während er sich das Blut aus dem Gesicht waschen ließ und sein Haar in einen halbwegs annehmbaren Zopf zwang.
    »Und ich muss bis zum Gerichtstag irgendetwas Besseres zum Anziehen auftreiben«, schloss er. »Über mich können sie ja gern lachen, aber nicht über Herrads zweiten Schreiber.«
    Ardeija legte das blutige Taschentuch beiseite. »Falls doch einer über den Schreiber lacht, habe ich etwas, womit du die Sache so gut wie heute klären kannst.«
    Er ging zu der Wandnische neben der Tür hinüber und hob das Schwert auf, das bis dahin unbeachtet dort gelehnt hatte. »Da! Ich bin noch einmal nach Hause gelaufen, um das zu holen, als Frau Herrad sagte, du seist zu Asgrim gegangen, um ihm eine Absage zu erteilen. Wenn du nicht auf den Brandhorst gehst, wirst du dein eigenes Schwert wohl nie wiederbekommen.«
    »Aber deshalb kannst du mir doch nicht Valerians Schwert geben!«, sagte Wulfila fassungslos, als er erkannte, was ihm dort in die Hände gelegt wurde. »Das hat deinem Vater gehört … Oder Stiefvater. Aber du hängst doch daran!«
    »Es ist ein gutes Schwert und du brauchst eines«, sagte Ardeija. »Ich weiß zwar nicht, ob es ein so besonderes Schwert ist wie das Helmolds, das es vertreten sollte, aber gut ist es. Ich brauche es eigentlich nicht. Ich habe ja jetzt ein Schwert meines Vaters, das er, wie es aussieht, seinerseits nicht mehr brauchen wird.«
    Er lächelte schief, doch seine Augen blieben ernst und Wulfila begriff, dass Ardeija es übel aufnehmen würde, wenn er nun noch einmal ablehnte; vielleicht wäre das nicht allein eine Zurückweisung eines Geschenks gewesen, sondern auch die eines Danks für Bocernae oder einer ganzen Freundschaft.
    »Danke«, sagte er also und strich bewundernd über den Griff, der ebenso schlicht wie schön war und gut in der Hand liegen würde. »Aber du bist großzügiger, als es vernünftig ist.«
    »Bei dir wird es schon gut aufgehoben sein.«
    Solch tiefer Überzeugung konnte man nicht widersprechen, ohne undankbar zu wirken, und wenn Wulfila auch noch halb und halb ein schlechtes Gewissen hatte, nun ein kostbares fremdes Erbstück sein Eigen zu nennen, überwog doch letztendlich die Freude.
    Im weiteren Verlauf des Tages konnte er sich nicht davon abhalten, seinen neuen Besitz gelegentlich in der Kanzleiecke, in der er ihn abgestellt hatte, zu besuchen, über das Leder der Scheide zu tasten, um das Holz darunter zu spüren, den Griff zu befingern und sich vorzustellen, wie er dieses Spielzeug einweihen würde, gleich am Abend oder spätestens am nächsten Morgen, gegen Hilda in der Hand seines Vaters …
    »Na, bereust du deine Antwort an Asgrim schon?«, fragte Herrad, als er sich, während Oshelm Tee aufgoss, zum dritten Mal vom Schreibpult fortschlich.
    Die Frage traf Wulfila unvorbereitet, da die Richterin auf seiner blinden Seite saß und er nicht mitbekommen hatte, dass sie nicht mehr mit ihren Papieren befasst war, sondern stattdessen ihn betrachtete.
    »Warum sollte ich?«, fragte er und drehte den Kopf, um sie anzusehen. »Ich glaube nicht, dass er mir noch etwas tun wird.«
    »Das meine ich auch nicht.« Herrad hatte das Kinn in die Hand gestützt. »Aber hier wirst du dein schönes neues Schwert nicht oft brauchen, und wenn doch, dann nicht in großen Kämpfen, sondern eher, um Ardeija zu helfen, einen Missetäter in die Enge zu treiben.«
    Wulfila lachte leise. »So ist es schon ganz gut. Wenn man sich ansieht, was aus Asgrims Schwertmeister geworden ist, ist es wohl gesünder, Schreiber zu bleiben.«
    Doch Herrad lachte nicht mit. »Ihr wart Krieger, du und dein Vater, alle beide, und nun wäret ihr frei, es wieder zu sein. So lange du niemandem von dem Brandmal erzählst, habt ihr nichts mehr zu fürchten.«
    Wulfila riss sich von dem Schwert los und richtete sich auf. »Aber auch nicht viel zu hoffen. Vielleicht würde es etwas bewirken, wenn mein Vater hinginge und ›Ich bin Corvisianus, sind zufällig meine Dienste gefällig?‹ sagte, aber dass sich etwas mit diesem

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