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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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die Nachricht überbracht habt, nach Bocernae herauf. Dann können wir reden und ich sage Euch, was Ihr wissen wollt.«
    Ardeija verschränkte aus reiner Gewohnheit die Arme, biss sich auf die Lippen und entwirrte den Knoten so sacht wie möglich wieder; ein Wunder hatte Malegis’ Zauber wahrhaftig nicht vollbracht. »Was schadet es, wenn ich den Namen kenne?«
    »Würdet Ihr ihn kennen, so müsstet Ihr ihn Eurer neuen Herrin nennen«, entgegnete Gudhelm unbewegt, »doch kennt Ihr ihn nicht, könnt Ihr ihr die Reise getrost verschweigen oder doch die Gründe dafür unerwähnt lassen.«
    »Folglich stiftet Ihr mich an, Unrecht zu tun«, stellte Ardeija ohne Vorwurf fest.
    Der Fürst lachte. »Kein großes. Wollt Ihr mir den Gefallen abschlagen? Dann muss ich fürchten, dass Ihr wirklich nur noch ein willenloser Handlanger Frau Herrads seid, und nicht mein Schwertmeister, der einst meiner Bitte nachgekommen wäre, ohne lange zu fragen.«
    »Nehmt dies Letzte zurück«, entgegnete Ardeija leise, doch mit einigem Nachdruck. »Sonst müsste ich meinerseits wohl annehmen, dass Ihr nicht mehr mein Fürst seid, der mir vertraut, sondern nur noch ein argwöhnisches Gespenst. Ihr wisst, dass ich nach Mons Arbuini gehen werde, da Ihr mich bittet, und wir wollen nicht in Unfrieden scheiden.«
    Gudhelm lachte. »Wohl gesprochen, Ardeija. Dann kommt! Ich werde Euch zeigen, dass ich Euch traue, und Euch ins Ohr sagen, was Ihr wissen wollt. Ganz leise nur; nicht einmal eine Maus darf uns hören.«

9. Kapitel: Barsakhanen
    Als Wulfila zuletzt Kundschafterdienste geleistet hatte, war er mit dem ersten Morgenlicht zu den Zelten Bernwards von Sirmiacum zurückgekehrt, um zu melden, dass die Leute Gudhelms von Sala oberhalb der sumpfigen Niederung von Bocernae zum Heer des alten Königs gestoßen seien. Er hatte erst seinem Fürsten, dann dem jungen Faroald alle notwendigen Einzelheiten über Anzahl und Verfassung dieser zusätzlichen Feinde dargelegt und doch die ganze Zeit über nur daran denken können, dass er unter den gegnerischen Kriegern auch Ardeija erspäht hatte, obwohl doch in einer gerechten Welt Freunde nicht auf verschiedenen Seiten hätten stehen dürfen, wenn sich eine mörderische Schlacht ankündigte.
    Damit, etwas zu sehen, was ihm so ins Herz schnitt, hatte er heute nicht rechnen müssen, und so war er zuversichtlich aufgebrochen, obwohl er nicht sicher gewesen war, ob er in seinem Zustand den kurzen Reiterbogen, den Maurus ihm aufgenötigt hatte, überhaupt würde spannen können. Er war den Waldweg entlanggeritten, bis Gjuki zwischen den Ohren des Pferdes unruhig geworden war. Von da an war er, nachdem er das Pferd notdürftig versteckt hatte, ein Stück vom Pfad entfernt zu Fuß weitergegangen und hatte zwischen Trolllöchern und Blaubeersträuchern sowohl nach Feinden als auch nach dem verschwundenen Wigbold Ausschau gehalten. Er hatte jedoch nichts Ungewöhnliches bemerkt, bis er zum Waldrand und damit in Sichtweite des alten Turms gelangt war.
    Was er dort zu finden erwartet hatte, wusste er eigentlich nicht mehr recht, vielleicht Asgrims Männer, den verhinderten Grabräuber Honorius oder gar die Gesetzlosen, von denen Malegis gesprochen hatte, doch gewiss nicht das, was er tatsächlich sah, als er im Schutz der äußersten Bäume stand und ungläubig auf die wenigen Hütten hinabblickte, die sich lose um einen wuchtigen Turm scharten. Es waren Barsakhanen dort, als hätte eine Laune des Schicksals die Zeit um vierzig Jahre zurückgeworfen.
    Als Terguri Khan, der letzte Erbe Tergelis, des ersten Herrschers, der sieben Stämme der Barsakhanen unter seinem Feldzeichen vereint hatte, mit Tausenden von Reitern in die östlichen Marken eingefallen war, hatte er in einem fürchterlichen Jahr so viel Unruhe, Leid und Not verursacht wie zuvor wohl nur der lange Zusammenbruch des Römischen Reichs. Der Bischofssitz in Corvisium und das große Kloster in Bocernae waren hinweggefegt worden, ebenso zahllose kleine Ortschaften und Höfe. Die Befestigungen der größeren Burgen und Städte hatten einen gewissen Schutz geboten, denn ausdauernde Belagerer waren die Reiter aus der Steppe nicht gewesen. Wer noch rechtzeitig vom Herannahen der wilden Krieger erfahren hatte, war mindestens bis nach Aquae geflohen, oder noch weiter in den Westen, doch beinahe jeder hatte etwas über Gräueltaten und Plünderungen, verzweifelte Kämpfe und wundersame Rettungen, verlorene Angehörige und zerstörtes Hab und Gut zu erzählen

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