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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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mit Euch, wenn Ihr nicht mit ihm redet?«
    »Vielleicht nichts; vielleicht auch mehr, als du gern hören möchtest. Richter, die ihr Amt schlecht versehen, bereuen es meist. Im Westen, in Masolacum, gab es beispielsweise einmal einen Richter, dem man vorwarf, er habe aus Furcht, es sich mit den mächtigen Kaufleuten der Stadt zu verscherzen, eine Untersuchung verschleppt. Da er einflussreiche Feinde hatte, kerkerte man ihn ein und verbannte ihn erst nach drei Jahren gnadenhalber. Und das weiß ich aus erster Hand. Er war nämlich später mein magister iuris und ich hätte wohl auf ihn hören sollen, als er mir riet, keinesfalls ein Richteramt anzunehmen.«
    Wulf hatte eine Hand auf die Schulter seines Enkels gelegt. »Ist es Euch denn so viel lieber, von Ebbo umgebracht zu werden?«
    Herrad betrachtete ihn aus ihren klugen Augen, denen nichts zu entgehen schien. »Der Vogt in Masolacum hat einen festen Turm für Verbrecher und alle anderen Leute, die ihm schlecht gefallen, und schlimmstenfalls den alten Kran, um sie ihre Strafe abarbeiten zu lassen. Der Vogt von Aquae Calicis hingegen hat Mons Arbuini, wie Euch gut genug bekannt sein dürfte. – Und nun widersprecht mir nicht länger. Adela?«
    Die Kriegerin, die links neben Maurus stand, sah auf, und die Richterin gab einem der Knechte einen Wink, der Frau ihr Pferd herbeizuführen. »Reitet auf schnellstem Wege nach Aquae und berichtet Vogt Geta alles, was wir über Ebbo und seine Barsakhanen wissen; sagt ihm auch, dass ich mit Ebbo sprechen werde. – Maurus? Ihr werdet zum Brandhorst reiten. Oshelm muss gewarnt sein. Er soll sehen, dass er Ardeija heil nach Aquae bekommt, ohne über Tricontium zu reisen oder corvisianisches Gebiet zu berühren, und wenn sie durch den Sumpf reiten müssen! Mit Asgrim hingegen seid vorsichtig … Überlasst es Oshelm, ob er gewarnt werden soll oder nicht, aber geht keinesfalls auf eigene Faust zu ihm.«
    Sie wandte sich dem Rest ihres freiwilligen und unfreiwilligen Gefolges zu. »Die Übrigen werden diesen Karren auf dem schnellsten Wege nach Aquae bringen. Werdet Ihr angegriffen, könnt Ihr ihn allerdings zurücklassen; man kann ja hoffen, dass die meisten Krieger lieber plündern als armselige Flüchtlinge zu verfolgen, nicht wahr? – Und, Adela? Wenn Ihr in Aquae Calicis seid, richtet Ihr Otter aus, dass er sich bei mir melden soll, sobald ich zurück bin.«
    Der Name ließ Wulfila aufhorchen, dem es endlich gelungen war, den anhänglichen Gjuki, sehr zu dessen Missfallen, aus seiner Kleidung zu entfernen. »Otter?«, wiederholte er und konnte sich kaum davon abhalten, erleichtert zu lachen. »Er hat sich also noch erholt, ja?«
    Herrad sah ihn verwirrt an; erst verspätet schien ihr aufzugehen, dass sich die Frage auf etwas, das für sie seit Jahren erledigt sein musste, bezogen hatte, und sie nickte. »Ja, das hat er. Recht schnell und vollständig sogar.«
    Wulfila hätte sich gern noch eingehender nach Otter erkundigt, doch Maurus, der sich nachdenklich das stoppelbärtige Kinn rieb, erinnerte ihn nur zu rasch daran, dass andere Fragen weit dringender geklärt werden mussten.
    »Und Ihr seid Euch sicher, dass Ihr zurückkehrt, ja, Frau Herrad?«, fragte der alte Krieger nämlich eher besorgt als höhnisch. »Es gäbe ja noch andere Wege.«
    Mehr sagte er nicht, doch er musste nicht näher ausführen, was er gemeint hatte. Die Grenze war nah und wenn der Vogt einem übelwollte, war man jenseits davon sicher besser aufgehoben. Vielleicht hatte er gar mitbekommen, dass Gold in den Gräbern zu haben war, und malte sich aus, dass Herrad und die wenigen, die noch bei ihr waren, davon fürstlich in einer der Städte des Ostens würden leben können. In diesem Trümmerfeld hier, zwischen Schlamm und Steinen und angesichts einer ungewissen Zukunft, fiel es einem gewiss leicht, von einer Flucht aus all diesen Verwicklungen zu träumen, von Wein und erlesenen Speisen im Überfluss, von guter Unterkunft und neuen Kleidern, der Sicherheit der Fremde, in der niemand wusste, was man im fernen Westen getan hatte, und blühenden Gärten …
    Doch die Richterin dachte in dieser Frage bestimmt nicht wie ein Söldner, der sich keiner großen Verantwortung bewusst war.
    Herrad kam aber nicht dazu, ihren diesbezüglichen Standpunkt deutlich zu machen, denn der Zauberer, auf den für eine ganze Weile niemand mehr geachtet hatte, stieß ein hohles Lachen aus. »Oh, sie wird heil zurückkommen«, sagte er, an alle und niemanden gewandt, die

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