Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
Vom Netzwerk:
mittlerweile hat sie sich daran gewöhnt, dass ich am Fenster stehe oder sogar auf den Stufen an der Hintertür sitze, wenn sie sich hervorwagt, um sich ihre Grütze zu holen.«
    »Redet sie auch mit Euch?«
    »Leider nein, aber sie kann manchmal sehr befriedigt nicken. Ich nehme an, das bedeutet, dass es ihr schmeckt.«
    »So gut kenne ich keinen Troll.« Nach Wulfilas Stimme zu urteilen war das der endgültige Beweis dafür, dass das Leben es nicht gut mit ihm meinte. »Ich habe nur einmal von weitem drei auf den Wiesen vor Sirmiacum tanzen sehen, als ich noch klein war. Aber außer meinen Eltern hat mir das ohnehin niemand geglaubt.«
    »Meine Trollfrau tanzt nicht, noch nicht einmal vor Freude über die Grütze.« Herrad ertappte sich dabei, ernsthaft darüber nachzudenken, was Trolle beim Tanzen wohl mit ihrem Schwanz anstellen mochten. »Vielleicht muss ich eine bessere Köchin einstellen, wenn ich nach Hause komme. Aber das muss ich ohnehin; die alte wollte nicht mit nach Tricontium. Das war ein weiser Entschluss von ihr!«
    »Ihr könnt meinen Vater nehmen«, sagte Wulfila, erschreckenderweise offensichtlich in vollem Ernst. »Er kocht besser als Eure alte Köchin, wer auch immer das war, und es wird auf die Dauer billiger für Euch; er ist sehr gut darin, jeder beliebigen Marktfrau etwas zum halben Preis abzuschwatzen.«
    »Das glaube ich Euch gern.« Vielleicht stimmte auch die Hälfte der Behauptung, die sich auf Wulfs Kochkünste bezog, doch auch abgesehen davon, dass es Herrad unvorstellbar erschien, einen Mann, der vor einigen Jahren noch Krieger befehligt hatte, mit der Führung ihres Haushalts zu betrauen, war sie nicht bereit, Wulfilas Vorschlag in Erwägung zu ziehen. »Weiß Herr Corvisianus, dass Ihr hier seine Fähigkeiten anpreist? Wie auch immer … Bevor ich nicht weiß, wie er aus Mons Arbuini fortgekommen ist, kann ich nicht einmal daran denken, ihm Arbeit zu verschaffen. Wie stünde ich da, wenn mir der Vogt vorwerfen könnte, ich würde einen entflohenen Gefangenen beschützen?«
    »Nicht Corvisianus«, sagte Wulfila mit einigem Nachdruck, als sei nichts an ihren Worten so bedeutend wie der Umstand, dass sie diesen Namen gebraucht hatte. »Wulf. Nur Wulf. Den anderen Namen hat Herr Bernward ihm zur Unterscheidung von Wulf dem Waffenschmied aufgezwungen, als er noch zu jung war, sich zu wehren, und er mag ihn nicht. Und er ist nicht aus Mons Arbuini geflohen; ich habe ihm noch nicht einmal zur Flucht verholfen.«
    »Was habt Ihr dann getan, um ihn dort herauszuholen? Ich höre.«
    Zwei Köpfe wandten sich ihr zu; offensichtlich hatte Gjuki entdeckt, dass er hervorragend im Warmen bleiben und doch die Welt betrachten konnte, wenn er die Schnauze unter dem Nestelband an Wulfilas Kragen hindurchsteckte.
    Wulfila ließ es geschehen. »Wie viel wisst Ihr von der ganzen Geschichte?«
    Über diese Frage hatte Herrad bereits nachgedacht, seit Wulf unversehens in der Krypta vor ihr gestanden hatte.
    »Nicht viel«, sagte sie ehrlich, obwohl es klüger hätte sein können, zu tun, als wäre sie wohlunterrichtet. »Ich weiß, dass es nach Bocernae geschehen ist und dass Bernward Euren Vater recht bereitwillig ausgeliefert hat. Doch es waren unruhige Tage, und wahrscheinlich hätte ich diesem einen Fall nicht viel Beachtung geschenkt, wenn nicht ein übereifriger Parteigänger des Königs vor mir eine Anklage gegen einen fahrenden Sänger vorgebracht hätte, der ein Lied auf Euren Vater gesungen hatte. Ein sehr lobendes, wie ich anmerken möchte.«
    Sie dachte nicht gern an die wirren Monate zurück, die der Schlacht gefolgt waren, in der mit dem Tod eines Königssohns die ganze Erhebung gegen seinen Vater, der sich so viele Fürsten und kleinere Herren des Nordens angeschlossen hatten, in sich zusammengebrochen war. Die Häupter dieses Aufstands hart dafür zu bestrafen, dass sie lieber Herrn Faroald als König Gundoald gefolgt waren, hätte die Verwaltung und Verteidigung ohnehin unsicherer Gebiete für Monate wenn nicht gar Jahre unmöglich gemacht, und das hatte auch der alte Mann gewusst, der seinen mühsam errungenen Sieg über den eigenen Sohn gerade um ein Jahr überlebt hatte. Er hatte sie selbst unangetastet gelassen, doch er hatte andere von ihnen gefordert, ihre Hauptleute und Schwertmeister, Kanzler und Berater, denen man halbwegs glaubhaft hatte vorwerfen können, dass ihr verderblicher Einfluss ihren Herren ins falsche Lager gelenkt hätte, und deren Verlust schwer genug wog, um an sich

Weitere Kostenlose Bücher