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Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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sich freuen. Anna legte die Banknoten fächerförmig auf die Anrichte, packte eine Schachtel Gauloises in ihre Tasche und löschte die Lichter vom kleinen Weihnachtsbaum. »Wenn ich es heute Abend früher aus der Arbeit schaffe, bringe ich Kartoffelchips mit. Und Brause, die magst du doch so gerne. Und dazu gucken wir eine Simpsons-Folge. Was hältst du davon?«
    »Ja.«
    Sie wünschte, der Plan würde ihm mehr Begeisterung entlocken. Aus dem Kommodenspiegel blickte ihr eine gestresste, übernächtigte Frau entgegen. Ihr Teint war stumpf, ihre Haut blass. Ihr Haar hatte keinen Halt mehr, und die Jacke spannte sich noch deutlicher als vor einem Monat über der Hüfte. Auf ihrer imaginären To-do-Liste notierte Anna: Solarium. Friseur. Fitnessstudio. Natürlich würde sie nichts davon erledigen.
Viel zu teuer. Und keine Zeit.
Sie schaute auf die Uhr. Mist, sie war spät dran. Also zwang sie sich zu einem Lächeln und sagte: »Na gut, mein Schatz, dann machen wir das so.«

44
    Warme, nackte Haut schmiegte sich an seinen Rücken. Sie erinnerte Harald Sackowitz an die vergangene Nacht, in der er zu wenig Schlaf bekommen hatte. Aber es gab durchaus Dinge, für die er gerne wach blieb. Eine gute Story zum Beispiel. Oder Sex.
Wie hast du nur so lange darauf verzichten können?
    Durch einen schmalen Spalt im Vorhang fiel ein Strahl Tageslicht. Der Reporter wälzte sich herum. Renates Schlaf blieb davon ungestört, doch unter dem Schaukeln der Matratze glitt ihre Zahnbrücke erbarmungslos noch einige Millimeter weiter über ihre Lippen, und Speichel rann ihr den Mundwinkel herunter.
    Sackowitz befühlte seine eigenen Dritten. Zum Glück befanden sie sich an Ort und Stelle. Trotzdem schwang er mit seltsamer Scham seine Beine über die Bettkante.
Ja
,
so ist das in unserem Alter.
Ihn überkam Abscheu, als er sein Gesicht im Badezimmer mit kaltem Wasser bespritzte und dabei seine verquollene Haut, die Hängebacken und das schüttere Haar betrachtete.
    Er versuchte, lautlos seine Kleider zusammenzusammeln, die verstreut vor dem breiten französischen Bett im Schlafzimmer lagen. Umsonst. Auf dem Kissen bewegte sich jemand hörbar. »Bleibst du nicht zum Frühstück?«, fragte Renate schlaftrunken und nuschelnd.
    »Kann leider nicht. Ich bin heute Morgen mit meinem Sohn verabredet. Er reitet ein Turnier, und ich habe ihm versprochen, dass ich ihn begleite. Außerdem muss ich mit ihm noch ein …«
    »Hardy!« Renate setzte sich am Kopfende auf. »Das ist schon okay.«
    »Ich wollte nur sagen, dass ich …«
    »Wirklich, es ist kein Problem für mich.«
    Die Decke verhüllte nur ihre Scham. Ihre Brüste hingen herab, das Gewicht vieler Jahrzehnte. Sosehr er sie letzte Nacht auch begehrt hatte, jetzt konnte Sackowitz nicht mehr hinschauen.
    »Du bist mir keine Rechenschaft schuldig. Und bitte, auch keinerlei Verpflichtungen.« Ihr Make-up, das die Nacht nicht unversehrt überstanden hatte, entblößte jetzt Renates Falten und ihre Enttäuschung.
    Er überwand sich und beugte sich zu ihr hinab. Ihre kühlen Lippen berührten sich, aber die Leidenschaft vom Vorabend war erloschen.
    Wie ein Dieb stahl er sich aus der Wohnung, die in einem Neubau lag, den man zwischen zwei Altbauten im Prenzlauer Berg eingepfercht hatte.
    Während der Fahrt zur Reithalle in Tegel schaltete Sackowitz zur Ablenkung das Radio ein. Mit dem Antennenstumpf empfing er noch immer nur ein Rauschen und wenige Fetzen Schlagermusik.
Früher war alles anders. Früher konnte ich verstehen. Früher ging alles ganz einfach
,
und früher …
Auf dem Reitgelände striegelte sein Sohn im Stall das Pferd. Mit seinen fünfzehn Jahren war Till schon so groß wie sein Vater. Zum Glück besaß er eine andere Figur. »Mensch, Hardy, was machst du denn für ein Gesicht?«
    »Tut mir leid, ich habe kein anderes.«
    »Dann hast du aber ein mächtiges Problem.«
    »Sehr witzig!« Er streckte seinem Sohn die Zunge raus, der mit seinem ausgestreckten linken Mittelfinger reagierte. »Ich habe Hunger. Wenn du nichts dagegen hast, gehe ich schon mal vor.«
    Das Reitercafé war ein rustikal eingerichtetes Lokal, in dem alte Kutschersitze als Stühle dienten. An drei Wänden waren Hufeisen neben Sätteln, Gerten und anderen Utensilien angebracht worden, deren Zweck sich Sackowitz nicht erschließen wollte. Die vierte Wand gab durch ein breites Panoramafenster den Blick auf die angrenzende Reithalle frei, in der später am Tag das Dressurturnier stattfinden sollte.
    Sackowitz bestellte

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