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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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und verteilte Salz auf der Straße. Trotzdem glitzerte das blitzblanke Eis noch auf dem Asphalt. An der Kreuzung quietschten Reifen. Gleich darauf krachte es, und ein Auto prallte mit voller Wucht gegen einen Laternenmast.
    Die Jungen um Miro brachen über den Unfall in lautes Johlen aus. Tabori entschied, dass sie nichts anderes als gelangweilte Jugendliche waren, die sich ihre Zeit an einem halbwegs warmen Ort vertrieben. Es war sinnlos, sie weiter zu beobachten.
    In dieser Sekunde entsorgten die Jungen ihre Zigaretten in den Rinnstein, und ihre Mienen versteinerten sichtbar. Tabori konnte keinen triftigen Grund für den plötzlichen Wandel ausmachen. Ein älterer Mann mit Pudelmütze, Mantel und einem Aktenkoffer an der Hand ging auf die Gruppe zu. Der Mann sah aus wie einer der Reisenden, von denen es am Bahnhof Tausende gab. Er wechselte so schnell und unauffällig einige Worte mit Miro, dass Tabori es fast nicht bemerkt hätte. Eigentlich fiel es ihm nur deshalb auf, weil sich Miro kurz darauf an die Fersen des Mannes heftete.
    Tabori schaute zur Bahnhofsmission. Sie war keine hundert Meter mehr entfernt. Miro und der Mann bogen hingegen in eine Seitenstraße ein.
    Er rang mit sich, aber seine Neugier obsiegte. Tabori hastete den beiden hinterher, die ohne ein erkennbares Ziel nacheinander den Bürgersteig entlanggingen. Die Züge vom Bahnhof Zoo waren nur noch als ein dumpfes Rauschen zu vernehmen, das sich unter das Knistern ihrer Schritte im Schnee mischte. Am Eingang zum Tiergarten verschwand der Mann in einer öffentlichen Toilette. Miro folgte ihm.
    Unschlüssig verharrte Tabori vor der Tür. Aber was hatte er zu verlieren? Zudem waren nur wenige Menschen im Park unterwegs, ein paar Jogger, Hundebesitzer, eine junge Familie mit Kinderwagen. Zögernd griff er nach der Klinke.
    In dem kreisrunden Raum, der sich vor ihm auftat, funktionierte die Hälfte der Leuchten nicht. Alles wirkte schmutzig und dunkel. Von draußen hereingetragenes Streugut knirschte unter Taboris Schuhsohlen. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Wo war Miro geblieben? Wo der Mann? Nur zwei der Klokabinen waren besetzt. Die Tür der einen ging auf und heraus kam ein schlanker, dunkelhäutiger Mann im Arbeitsoverall. Er wusch sich die Hände und verließ das Toilettenhaus.
    »So ist es schön«, stöhnte es hinter der letzten geschlossenen Tür.
    Tabori schlich sich in die Kabine nebenan.
    »Nimm meinen Schwanz in deinen Mund.«
    Draußen fuhr ein Lkw vorbei. Das Motordröhnen ließ die Erde unter dem Gebäude zwar beben, aber das immer schneller werdende Schnaufen aus der Nachbarkabine konnte Tabori trotzdem hören. Es folgte ein erleichterter Seufzer. Dann Stille. Ein Gürtel wurde geschlossen, dann ging die Kabinentür auf und Schritte entfernten sich.
    Tabori wartete noch einen Augenblick, bevor er in den Waschraum trat. Miro wischte sich gerade das Gesicht am Becken ab und zählte anschließend die Geldscheine in seiner Hand.
    »Ist was?«, fauchte Miro.
    »Nein!«, sagte Tabori. Sein Blick war auf das viele Geld zwischen Miros Fingern gerichtet. Er verspürte Neid und Wut, aber er wusste nicht, worauf. Oder auf wen.
    Nachdem Miro die Banknoten sorgsam in seiner Jackentasche verstaut hatte, prallte er auf dem Weg zum Ausgang mit Tabori zusammen. Der kleinere Junge taumelte unter der Wucht des Zusammenstoßes, ging aber diesmal nicht zu Boden.
    Herausfordernd sah ihn Miro an: »Hast du ein Problem?«

145
    »Hardy, wach auf!« Praktikant Lothar rüttelte Sackowitz an der Schulter. »Bodkemas Sekretärin ist da.«
    Nur widerwillig trennte sich Sackowitz von seinem Traum. Mit Karin und den Kindern war er im Urlaub gewesen. Irgendwo am Meer. Die Sonne hatte vom blauen Himmel gebrannt, und die Welt war in Ordnung gewesen. »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Eine Stunde oder so.«
    »Verdammt!«
    Sackowitz folgte Lothar in das Großraumbüro zurück, wo eine aufgetakelte Blondine mit lackierten Fingernägeln bereits gereizt mit ihren Pumps klackerte. »Wo bleibst du denn, Harald? Ich soll dich nach draußen begleiten.«
    Ungerührt setzte sich Sackowitz vor die Notizen, Hefter und Zeitungen, die seinen Schreibtisch in mehreren Lagen bedeckten. »Gern, aber vorher muss ich das Chaos noch beseitigen. Anweisung vom Chef.«
    Sie verdrehte genervt die Augen. »Und wie lange brauchst du dafür?«
    »Was weiß ich? Zwei oder drei Stunden?«
    »Dann komme ich in anderthalb Stunden wieder.« Mit übertrieben herablassender Haltung

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