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Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Titel: Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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Halluzinationen vom Jenseits und der höllischen Feuersbrunst halten. Ohne Risse, ohne Bedenken. Viele sterben mit diesem Phantom, werden wohl nie erfahren, dass sie lebenslänglich per Hokuspokus anästhesiert wurden. Dass sie weder post mortem hemmungslos vögeln dürfen noch beim Teufel ankommen noch »auferstehen«. Und die Ahnungslosigkeit hat vielleicht ihre Vorteile. Denn die Reue über all die vertrauensselig hingenommenen Narreteien wäre maßlos, über all die Schindluder, die man im Namen der einen oder der anderen Gottheit erdulden musste.
    Noch ein Nachwort zum Thema. Die folgende Idee bekam ich von einem Freund, der einmal seine Mutter und ihren »Gottbüchlein-Glauben« erwähnte. Eine liebe, gute, einfache Frau, die damit aufgewachsen war und jeden Buchstaben im schwarzen Bändchen nachbetete. Das Wunderbare an ihr: Nach dem Beten hielt sie den Mund, hat weder ihre Familie noch den Rest des Planeten mit ihrer »Zwiesprache mit dem Herrn« belästigt, nie und nimmer mit dem giftschrillen Ton des Missionars ihre Umgebung behelligt (bedunkelt würde besser passen). Und ein solcher Glaube, der tat niemandem weh, der drohte nicht, den konnten die anderen im Haus nachsichtig hinnehmen.
    Zurück in Kushinagar. Irgendwo gibt es ein dunkles Loch, das sich selbstbewusst mit dem Namen »Tourist Office« schmückt. Ich frage nach ein paar Daten, denn hier in diesem Ort soll Buddha gestorben sein. Im tiefsten Loch sitzt ein schöner Alter, der kein Wort Englisch spricht, aber mit vornehmer Geste ein Visitors’ Book aus der Mitte des letzten Jahrhunderts überreicht. Damit ich den angebotenen Service kommentiere. Kein Witz, nur ernst und wichtig. Absurdes Theater war immer mein Lieblingstheater. Den Irrsinn so vorzuführen, als wäre er normal. Gefasst und in Schönschrift trage ich ein: »Best service ever.« Das ist nichts als die Wahrheit, denn die Heiterkeit, mit der ich die Dunkelkammer verlasse, ist viel beglückender als ein paar windige Informationen.
    Nach zwanzig Metern spricht mich ein Mann an, der sich als »Mishra« vorstellt. Wahrscheinlich hat er auf mich gelauert wie auf alle anderen vor mir, die ratlos kichernd aus dem »Fremdenverkehrsbüro« von Kushinagar heraustraten. Alles klar, der Mann ist ein guide, ich frage und er sagt seinen Preis: »Three hundred for three places.« Verstanden, er will 300 Rupien und zeigt und erklärt mir dafür drei Plätze, die mit dem Sterben Buddhas zu tun haben. Bevor ich einwillige, frage ich ihn nach einem Laden, wo ich ein Buch über Kushinagars Geschichte kaufen könne. Und der Dicke mit dem gut geschnittenen Gesicht antwortet selbstbewusst: »I am the local book.« Ich bin sofort sein Kunde, denn eine witzige Antwort muss belohnt werden.
    Wir gehen über die Hauptstraße und kommen zum Mahapari-Nirvana-Tempel , in dessen Zentrum sich eine liegende Statue befindet, sechs Meter lang, Symbol des sterbenden Buddha. Das Haus ist über 50, die Skulptur über 1500 Jahre alt. Um sie herum sitzen knapp dreißig Wallfahrer, vor allem tibetische Frauen. Mit betenden Händen. Und greinen. Hier ist der Buddhismus zum Glauben verkommen, zur Heiligenlegende, zum Ablass-Geleier. Es ist genau das eingetreten, was Buddha verhindern wollte: Der Personenkult, die wirre Idee, aus einem Menschen aus Fleisch und Blut einen Götzen zu fabrizieren, vor dem man sich niederwirft und der – längst vermodert – bei Hagel und Blitz, bei Bauchschmerzen und Epilepsie, bei Geldmangel und Ehekrach mal kurz durchgreifen und aufräumen soll. Buddha als heiliger Feuerwehrhauptmann, als fernöstliche Ausgabe des heiligen Antonius.
    Draußen im ansehnlichen Meditation Park setzen wir uns unter einen Sala-Baum. Und sechs weitere guides setzen sich dazu. Augenblicklich arbeitslos. Wahrscheinlich hoffen sie auf einen plötzlichen Herzinfarkt Mishras, um ihn in fliegendem Wechsel zu ersetzen. Das beeinträchtigt in nichts den Zauber der Situation. Ich lehne mich zurück und überlasse mich haltlos dem Singsang eines Hindus, der mit letzter Selbstverständlichkeit erzählt, dass in einer Dienstag-Vollmondnacht im Jahre 483 Buddha »seinen Körper verlassen hat«. Hier in Kushinagar. Ich widerspreche mit keinem Ton, weiß wieder, wie einfach und einlullend das Leben sein kann, wenn man nicht fragt, nicht nachfragt, wenn der Geist und sein Hunger nach Erkenntnis und Wissen nicht auftauchen und keinen Augenblick lang den Seelenfrieden stören.
    Nicht weit entfernt liegt der Matha Kuar Shrine , ein

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