Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!
härteres Brot. Weil in ihren Heilslehren immer von Ankündigungen, Hoffnungsschimmern, Siegen und Erlösungen die Rede ist, sie somit unter gewaltigen Beweiszwang stehen.
Die Ankündigungskünstler sollten sich ein Beispiel an der Feuerwehr nehmen. Auf der ganzen Welt gibt es nicht einen Mann, nicht eine Frau, keinen Menschenfreund und keinen Menschenfresser, der sich gegen sie aussprechen würde. Denn die ewige Wahrheit, dass Wasser Feuer löscht, ist immer wahr. Die Feuerwehr löscht auch nachts, auch an Feiertagen, auch während des Ramadan, selbst mitten im Karneval. Die Feuerwehr kommt und das Feuer hört auf. Auch im Haus eines Gottlosen, sogar bei den vielweibernden Mormonen. Sie liefert ununterbrochen das Zeugnis ihres Vorhandenseins. Sie kündigt nichts an, sie tut einfach.
Anders bei den Gottes-Anbetern. Denn der Messias – immer wieder versprochen – erscheint nicht. Auch nicht der längst beteuerte Mahdi, der schiitische Heiland. Nirgends die Weltenherrschaft Allahs (mit immer achtzig willfährigen Jungfrauen im islamischen Himmelszelt). Keine Spur von Jehova bei seinem »auserwählten Volk Israel«. Nur Sonntagsreden, nur Freitagspredigten, nur Sabbatlitanei. Nichts kommt hernieder, kein Himmelsvater, kein Paradies, nichts.
Halt! Wunder passieren! Ein drei Wochen lang Verschütteter wird noch atmend gefunden, ein wüster Krebs verschwindet aus der Bauchspeicheldrüse, ein Baby treibt nach dem Wüten des Tsunamis auf einer Luftmatratze Richtung rettender Küste. Da jubeln die Anbeter und jubilieren – handelt es sich um einen islamischen Krebs – entflammt »Allah Akbar« von den Dächern. Während sie beim (europäischen) Luftmatratzen-Säugling niederknien und ergriffen der heiligen Jungfrau ihre Dankbarkeit ins Ohr flüstern. Die Millionen Krebse, die Allah übersehen hat, sollen nicht zählen. Auch die tausend oder fünftausend Dreijährigen, denen die Jungfrau keinen Rettungsring schickte, sie sind vergessen.
Man kann diese elysischen Märchen ein paar hundert Jahre lang immer wieder auftischen. Aber irgendwann – in jedem Geschichtsbuch ist es nachzulesen – packt die Gläubigen die nackte Wut, auch über die eigene Dummheit, die sie dazu verführte, den Fabeleien zu glauben. Natürlich bleibt das eigentliche Motiv der Empörung unbewusst, wird nicht gegen die eigenen Schimären abgefeuert, denen man aufgesessen ist, sondern gegen die anderen Monotheisten geschleudert, die ähnlich unerlöst und genervt einen Herrgott anschwärmen, der als omnipotenter Wahn durch ihre Köpfe geistert. Und so ziehen sie in den Krieg und schlagen sich zu Krüppeln oder tot. Um zu beweisen, dass der eine Herrgott besser, glorreicher und gütiger ist als der andere.
Wie sonnenklar hat es schon Voltaire gewusst: »Diejenigen, die es schaffen, dass du an Absurditäten glaubst, schaffen es auch, dass du Gräueltaten begehst.« Ach, wie einfach hat es da die Menschheit mit der Feuerwehr. Die bimmelt und legt los. Und hält immer Wort.
Wie wahr, wie schauerlich wahr: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Keine Droge blendet erfolgreicher und hinterlistiger. Max Frisch hat es in seinen Tagebüchern notiert, hat schön radikal im Diesseits und Jenseits aufgeräumt: »Es genügte, wenn man den Mut hätte, jene Art von Hoffnung abzuwerfen, die nur Aufschub bedeutet, Ausrede gegenüber jeder Gegenwart, die verfängliche Hoffnung auf den Feierabend und das Wochenende, die lebenslängliche Hoffnung auf das nächste Mal, auf das Jenseits – es genügte, den hunderttausend versklavten Seelen, die jetzt an ihren Pültchen hocken, die Art von Hoffnung auszublasen: groß wäre das Entsetzen, groß und wirklich die Verwandlung.«
Am radikalsten aber hat es Albert Camus formuliert: »Alles Unglück des Menschen kommt von der Hoffnung.« Wie erfreulich hoffnungslos da der Buddhismus klingt. Wie lässig er den Himmel übersieht, auch den Teufelsschlund, ja, sich nicht um Gott schert, somit dem Menschen seine Würde und Eigenverantwortung zurückgibt. Indem er ihn nicht vertröstet, auf gar nichts, nur ungerührt und kompromisslos auf die Gegenwart verweist, in der er sich bewähren muss. Schon schwer. Aber immerhin werden wir nicht infantilisiert, sind wir nicht angewiesen auf die Launen eines Allmächtigen, eines – so plappern die Glaubensbrüder und Betschwestern – »Allgütigen«.
Ja, Frisch gibt es zu: Die Religion verfügt über einen enormen Trumpf, die Illusion. Denn solange sie durchhält, solange werden sich die
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