Trigger - Dorn, W: Trigger
Erlebte mit kindlichen Worten und Gedanken auszudrücken? Spielen klang beileibe nicht so schlimm wie verprügeln oder vergewaltigen, auch wenn es für diese Frau dasselbe bedeuten mochte.
Immerhin war das ein Anfang. Besser, als wenn sie sich hinter einer Mauer des Schweigens verbarrikadierte.
Wenn du Zugang zu ihr bekommen willst, solltest du dich zunächst auf ihr Verhalten einlassen. Vergiss das Gerede von wegen therapeutischer Distanz und dass man seine Patienten siezen soll. Wenn sie sich für ein Kind hält, dann rede zu ihr wie zu einem Kind.
»Verrätst du mir deinen Namen?«
Die Frau schüttelte energisch den Kopf und presste das Handtuch noch fester an sich.
»Du kannst ihn mir ruhig verraten. Hier kann dir nichts geschehen«, versicherte Ellen.
»Nein!«
»Warum nicht?«
»Weil er mich dann hört und mich holen kommt. Und dich auch!«
Wieder diese Andeutung, dass der Unbekannte auch vor Ellen nicht haltmachen würde.
Was mochte die Frau nur durchgemacht haben? Hatte es vor ihr auch andere Opfer gegeben und wusste sie davon?
»Weißt du denn, wo er gerade ist?«
Wieder schüttelte die Frau den Kopf. Diesmal drückte
sie dabei beide Hände auf die Ohren und presste Augen und Mund fest zu.
»Bitte«, versuchte Ellen zu ihr durchzudringen, »du kannst mir vertrauen. Ich werde dich vor ihm beschützen, aber das kann ich nur, wenn ich weiß, wer er ist. Und wenn ich weiß, wer du bist.«
Weiter den Kopf schüttelnd, begann die Frau mit verstellter Stimme zu singen. »Wenn er aber kommt, dann laufen wir davon.«
Es hörte sich auch so schon unheimlich an, aber in der kleinen, dunklen Toilettenkabine klang es noch viel unheimlicher.
Als höre man eine Kinderstimme durch einen geschlossenen Sargdeckel, dachte Ellen.
Zurück in ihrem Büro, machte sie sich daran, den Patientenbericht über diese Frau auf ihrem Notebook zu schreiben, und ergänzte Chris’ Notizen mit ihren eigenen Beobachtungen. Dabei ging sie wie immer sehr detailliert vor. Das half ihr dabei, das Beobachtete in den richtigen Kontext zu setzen.
Ja, dies war wirklich ein Besonders Interessanter Fall, und es würde eine Menge Arbeit erfordern, Zugang zur Patientin zu bekommen. Es gab jedoch eine Person, die ihr dabei helfen konnte. Jemanden, der Erfahrungen mit Traumaopfern hatte.
Sie griff zum Telefon, und als Mark sich nach dem zweiten Läuten meldete, fragte sie: »Was hältst du von Sushi?«
Kapitel 7
»Der Schwarze Mann.«
Nachdenklich schaute Mark auf den kleinen Teller vor sich. Er hatte seine Sushihäppchen noch nicht angerührt.
Ellen hingegen hatte während ihres Berichts unentwegt gefuttert und sich immer wieder am gemächlich vorbeilaufenden Band bedient. Nun war sie neugierig, wie Mark über den Fall der unbekannten Frau dachte.
Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit und betrachtete die in Algenblätter gerollten Reishäufchen, als wolle er sie hypnotisieren, während um ihn herum der allabendliche Trubel des A Dong – Running Sushi toste.
Ellen bedauerte fast, ihn in ihr Lieblingsrestaurant geführt zu haben. Mark schien weder von der japanischen Küche noch vom Ambiente des Lokals angetan zu sein.
»Mark? Alles okay bei dir?«
Er schreckte hoch. »Wie? Äh, ja, natürlich. Ich habe nur über diese Frau nachgedacht.«
Sie zeigte auf seinen Teller. »Schmeckt es dir nicht?«
»O doch. Das …«, er warf einen hastigen Blick auf die Karte, »das Hosomaki ist echt nicht schlecht.«
Sie belohnte die Notlüge mit einem Lächeln.
»Ich könnte sterben für dieses Zeug«, sagte sie und schob sich einen letzten Rest Sasazushi in den Mund. »Aber als tolerante Frau lasse ich auch all diejenigen am Leben, die Currywurst und Pommes den Vorzug geben.«
Mark hüstelte. »Du hast vergessen, deinem Befund eine ausführliche Anamnese vorauszuschicken.«
»Ach ja?«
»Und ob! Dort würde dann stehen, dass Herr Dr. Behrendt nicht nur die gesamte italienische Chefkochelite im Bücherregal seiner Küche zu Gast hat, sondern auch für sein Ragù alla Bolognese berühmt ist. Ganz zu schweigen von den selbst gemachten Fettuccine, die der Maestro dazu reicht. Ich empfehle dir, gelegentlich mal eine ausführliche Vor-Ort-Recherche anzustellen.«
Er prostete ihr mit seinem Bier zu.
»Ist das eine Einladung zum Essen?«
Marks Gesichtsfarbe wechselte in ein tiefes Rot. Er machte den Eindruck, als habe er sich bei einem peinlichen Versprecher ertappt. »Nun ja, eigentlich schon«, sagte er dann. »Wenn du möchtest. Ich
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