Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
noch immer auf den Armlehnen lagen, drückte sie fest auf das Holz und beugte sich ganz nahe zu ihm heran:
„Hier geht es um Mord, du Schöngeist! Dein Geliebter ist ermordet worden und das scheint dir nicht im Geringsten etwas auszumachen. Da frage ich mich: Hat unser Schöngeist etwas damit zu tun?“ Braun richtete sich wieder auf und nahm seine Hände von Dimitris Händen weg. Dimitri überprüfte hektisch den Sitz seines Zopfes, schien völlig auf Braun und Gruber vergessen zu haben, war nur mit seinem Äußeren beschäftigt. Angewidert von dieser wehleidigen Art ging Braun zu dem Schießscharten-Fenster, von dem aus man den Holzsteg zum Ufer sehen konnte. Am liebsten hätte er Dimitri die Fresse poliert, dann wäre das Geständnis schon auf dem Tisch. Unbewusst hatte Dimitri einen wunden Punkt getroffen, als er Braun als Proleten abqualifizierte, als jemanden, der sich mühsam seine Position in der Hierarchie der Gesellschaft erkämpft hatte, aber selbstverständlich niemals das Niveau von gebildeten Menschen wie Dimitri erreichen würde.
Interessanter Gedanke, das musste er einmal mit seiner Psychotherapeutin erörtern, doch jetzt galt es, den Kreativdirektor von Herzblut festzunageln.
„Sie haben ein Motiv und kein Alibi“, resümierte er. „Ich sage Ihnen jetzt, wie es sich zugetragen hat: Tim Kreuzer hat Ihnen mitgeteilt, dass er ohne Sie auf Urlaub fahren wird oder vielleicht sogar mit jemand anderem. Er hat Sie einfach abserviert und Sie sind wütend geworden. Sie haben ihn bewusstlos geschlagen und in den Yachtclub geschleppt.“ Braun drehte sich zu Gruber. „Der Yachtclub ist doch ganz in der Nähe?“
„Stimmt! Es ist das übernächste Grundstück.“ Grubers Miene blieb ausdruckslos, obwohl Dimitri energisch den Kopf schüttelte. „Man konnte also Tim Kreuzer gefahrlos und ohne gesehen zu werden am Ufer des Sees entlang zum Yachtclub transportieren.“
„Hat es sich so zugetragen?“, war Braun wieder an der Reihe und drehte sich überrascht um, als er ein müdes Klatschen hinter sich hörte.
„Bravo! Bravo! So viel Fantasie hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut, Chefinspektor!“, grinste Dimitri höhnisch. „Ihre Geschichte hat nur einen entscheidenden Haken: Sie können mir überhaupt nichts beweisen!“
Das stimmte natürlich und Braun wusste das auch. Aber Dimitri di Romanow war ihre erste heiße Spur und die mussten sie weiterverfolgen, Indizien und Beweise sammeln, bis sie Dimitri damit festnageln konnten … wenn er der Mörder war.
Braun kratzte sich seinen Dreitagebart, wie immer, wenn er versuchte, eine vage Idee zu konkretisieren oder einen Gedanken so einfach wie möglich zu formulieren. Diesmal war ihm Paul Adrian von der Gerichtsmedizin in den Sinn gekommen. Er wählte dessen Nummer und wartete.
Nach den üblichen Einleitungsfloskeln kam Braun sofort auf den Grund seines Anrufs zu sprechen.
„Hast du etwas gefunden, was uns weiterhilft? Eine dieser berühmten Sternschnuppen, die uns auf die richtige Fährte bringen!“
„Braun, du wirst noch ein richtiger Dichter, seit du immer in der Nacht mit deiner Freundin telefonierst“, antwortete Adrian, der aber genau wusste, worauf Braun hinauswollte. Schließlich hatten sie bereits bei einigen spektakulären Fällen zusammengearbeitet.
„Ja, es gibt diese berühmte Sternschnuppe! Bei mir im Keller der Gerichtsmedizin hat sie sich in ein winziges Hautpartikel verwandelt, das wir unter den Fingernägeln der verkohlten Leiche gefunden haben. Es ist ganz, ganz wenig, aber wir geben unser Bestes, um daraus eine brauchbare DNA zu zaubern. Du musst aber Geduld haben.“
„Geduld? Dieses Wort kenne ich nicht!“
„Ich habe mir schon so etwas gedacht.“
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