Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
konnte er neben sich eine der Zeichnungen sehen, die er im Kickbox Club an die Wand geklebt hatte. Nach und nach kam er wieder zur Besinnung und er roch überall Benzin. Der Geruch schien jedoch nicht von den Autos, die weit oberhalb über eine Brücke rasten, zu kommen. Jetzt spürte er auch einen unangenehmen Geschmack nach Benzin in seinem Mund. Mit der Zunge versuchte er das schmierige Tuch auszuspucken, aber es war tief in seinen Rachen gesteckt und er resignierte. Als er seine Arme und Beine bewegen wollte, stellte er fest, dass seine Arme seitlich an ein Brett gefesselt und seine Füße ebenfalls auf einem Holzstück fixiert waren. Merkwürdigerweise war sein innerer Dämon ruhig und er konnte seine Gedanken in ein logisches Muster zwingen. Doch was er dabei herausfand, war alles andere als tröstlich: Denn Jonas hing kopfüber an einem umgedrehten Kreuz.
Die jähe Erkenntnis, dass er exakt dieses Graffiti noch vor wenigen Stunden an die Mauer eines Hauben-Restaurants gesprayt hatte, versetzte ihn in Panik. Und jetzt war er Teil davon! Unter Aufbietung all seiner Kräfte bäumte er sich auf, versuchte seine Arme aus den Kabelbindern zu ziehen oder wenigstens durch ständiges Aufbäumen das Kreuz umzuwerfen, um so den Blutstau aus seinem Kopf zu bekommen. Der Schmerz in seiner Brust wurde durch diese Bewegungen immer heftiger und er spürte, dass das Blut bis zu seinem Kinn nach oben lief, links und rechts an seinen Wangen vorbei, und hinter den Ohren versickerte.
Noch immer lag ein Großteil seiner Erinnerung im Dunkeln. Er konnte sich nur dumpf an den weißen Lieferwagen erinnern und dann an den Fahrer, der ausgestiegen war. Den Rest hatte er verdrängt. Es war einfach nicht möglich, dass jemand aus seinen Träumen in die Wirklichkeit herüberwechseln konnte. Das war ausgeschlossen.
Klobige Stiefel erschienen in seinem Blickfeld, blieben neben seinem Kopf stehen und er wartete auf einen Schlag, der ihn wieder zurück in die gnädige Bewusstlosigkeit befördern würde. Doch stattdessen tauchten jetzt Hände in Lederhandschuhen auf, die eine lange Schnur an dem Lappen befestigten, den Jonas im Mund stecken hatte.
„Diesmal wird es besonders schön brennen!“, hörte er die dumpfe Stimme und dann entfernten sich die Schritte und er blieb alleine zurück. Er lehnte mit dem Kreuz kopfüber an einem mit Graffiti bemalten Betonpfeiler des Autobahnzubringers, im toten Winkel, und war deshalb unsichtbar für die zur Frühschicht fahrenden Arbeiter in der langsam erwachenden Stadt.
Noch immer hatte er den Geschmack nach Benzin und Blut im Mund, noch immer brannten ihm die Augen von dem Benzin, mit dem sein Kopf eingesprüht worden war, noch immer schmerzte seine Brust und noch immer tropfte Blut aus der großflächigen Wunde über dem Herzen, wo man ihm ein Stück Haut mitsamt den Muskeln und Sehnen herausgeschnitten und ihm zusammen mit dem Lappen in den Mund gestopft hatte.
In diesem Augenblick erschien plötzlich das schöne Mädchen mit dem Feuermal, legte ihm die Hand tröstend auf die Stirn und sah ihn mit traurigen Augen prüfend an. Jonas hörte das leise Klacken eines Feuerzeugs, dann ein müdes Knistern und Zischen und aus den Augenwinkeln sah er die zarte blaue Flamme, die sich gierig ihren Weg an der Zündschnur entlang fraß und nur ein Ziel kannte: den benzingetränkten Lappen im Mund von Jonas, um sich in einer jähen Stichflamme zu entzünden. Als er die Hitze der sich immer schneller nähernden Flamme spüren konnte und seine Barthaare bereits verkohlten, bäumte er sich noch einmal auf, riss den Kopf nach hinten und sah, dass er mit einem Smartphone gefilmt wurde. Mit diesem letzten Bild, das sich so zynisch und mitleidlos in sein Denken einbrannte,
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