Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
völlig zugedröhnte Lenka zu finden. Die Tür zu Bülats Büro war nur angelehnt, ließ sich aber trotzdem nicht öffnen, denn etwas drückte von der anderen Seite dagegen. Gruber warf sich mit der Schulter gegen das brüchige Holz, das auch schon nach dem zweiten Schlag mitsamt dem morschen Türstock in das Büro flog. Doch auch hier war keine Menschenseele.
Niemand.
Niedergeschlagen ging Gruber zurück auf die Straße zu seinem Wagen. Der Himmel wurde immer dunkler und ein ungemütlicher Wind als Vorbote eines nahenden Gewitters hatte eingesetzt. Sein Handy schrillte unentwegt. Gruber lehnte sich an die Tür seines Fiats, versuchte einen Plan zu entwerfen, irgendein Ziel, an dem er sich orientieren konnte, doch sein ganzes Denken schmolz zu einem einzigen winzigen Punkt zusammen und dieser Punkt hieß Lenka.
Langsam rutschte er an der Wagentür entlang zu Boden, saß am Straßenrand und stützte den Kopf in beide Hände.
„Ich finde sie“, flüsterte er und spürte erste schwere Regentropfen, die seinen Nacken trafen. „Auch im Regen finde ich dich“, summte er unsinnigerweise eine Songzeile. Als er den Kopf wieder hob, fuhr ein roter Ford Mustang mit überbreiten verchromten Felgen langsam die Straße entlang und bremste auf der gegenüberliegenden Seite. Das Seitenfenster senkte sich lautlos und eine Hand mit mehreren protzigen Ringen winkte Gruber ungeduldig heran.
Plötzlich war alles anders.
Jetzt hatte das Leben wieder einen Sinn, jetzt machte auch das Töten Spaß, ratterte es wie ein Rap durch Grubers Kopf. Er zog unauffällig seine Glock, hörte das bösartige Einrasten des Schlittens, als er die Waffe entsicherte. Langsam stand er auf und ging im immer stärker prasselnden Regen über die Straße auf den roten Mustang zu. Vor seinen inneren Augen spulte er den Film ab, um wenigstens für einen kurzen Augenblick an das Gute glauben zu können: Er sah sich mit Lenka in einem Hauben-Restaurant feiern, sie lachte mit weißen Zähnen, schön wie ein Model, denn sie hatte es geschafft, zwei Wochen clean zu bleiben. Was sah er sonst noch?
Nur Regen, Schwärze und einen Mann mit dickem Kopf, brutal blond gefärbten Haaren und einem blitzenden goldenen Ohrring. Dieser Mann hieß Petersen, war Zuhälter, Kickbox-Impresario und der Teufel für Lenka. Dieser Mann war die schwarze Seele der Stadt und als Gruber im strömenden Regen an der Fahrerseite des Mustangs stand, zielte er mit seiner Dienstwaffe direkt in das verschlagen grinsende Gesicht von Petersen.
46. Der Schein trügt
Das Modeunternehmen Red Zorn war in der ehemaligen Linzer Tabakfabrik untergebracht, einem beeindruckenden Industriebau aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, der jetzt unter Denkmalschutz stand. Edgar Zorn hatte das gesamte Areal vor drei Jahren um 30 Millionen Euro von der Stadt Linz gekauft, ein lächerlicher Betrag für knapp 200.000 Quadratmeter Fläche, wie Kritiker befanden. Doch Edgar Zorn hatte politische Befürworter im Stadtrat, wie Hendrik Glanz, der jetzt einen hohen Posten in Brüssel bekleidete und für die Subventionsvergabe an Textilunternehmen zuständig war. Das alles hatte Chiara im Schnelldurchlauf über die Freisprechanlage an Tony Braun und Elena Kafka weitergegeben, die in Elena Kafkas Porsche zu der Fabrik fuhren.
Durch ein großes Gittertor gelangten sie in einen riesigen gepflasterten Innenhof, der von lang gestreckten Produktionshallen eingefasst war. Sie parkten den Porsche vor dem ehemaligen Heizungshaus, das mit seinem hohen Industrieschornstein und den riesigen Rundbogenfenstern wie eine Kathedrale wirkte. Der Eingang in das zentrale Bürogebäude war erst nachträglich dazugebaut worden,
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