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Trinity (German Edition)

Trinity (German Edition)

Titel: Trinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doug Beason , Kevin J. Anderson
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auch hingehen, wie? Meinst du, dass sie uns zur Abwechslung mal wie Menschen behandeln?«
    Gladys sah sie mit großen Augen an. »Du hast doch gehört – alle Mitarbeiter. Das betrifft uns auch, Betty. Vielleicht ist es irgendetwas Aufregendes.«
    Elizabeth blickte auf, als von Neumann aus seinem Büro in den Saal kam. Er klatschte zweimal nacheinander in die Hände, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Mit seiner kleinen Gestalt, dem dunklen Haar und dem ausgeprägten ungarischen Akzent erinnerte von Neumann Elizabeth immer an einen aufgeblasenen Diktator. »Schnell jetzt. Sie haben die Durchsage gehört. Gehen Sie alle in die Versammlungshalle. Wir wiederholen Ihre Berechnungen nach der Versammlung.« Dann drehte er sich ruckartig um und ging hinaus, ehe irgendjemand Gelegenheit hatte, auf seine Worte zu reagieren.
    Gladys ließ ihren Kaugummi knallen. »Kannst dich ja zu mir setzen, wenn du Lust hast. Harvey wird bestimmt wieder mit den anderen Eierköpfen zusammenstecken.« Gladys verbrachte jeden Nachmittag damit, unablässig über ihren Mann Harvey, ein Mitglied der Gruppe von der Chicagoer Universität, zu reden oder sich über ihn zu beklagen.
    Elizabeth drehte ihr Blatt mit Berechnungen um, ehe sie ihren Platz verließ. »Ich bin ja gespannt, was da los ist.«
    »Wahrscheinlich hält Oppie uns bloß wieder eine Aufmunterungsrede. Harvey sagt, dass er den Wissenschaftlern langsam auf den Geist geht. Er sagt, Oppie ist zu ungeduldig. Die Krauts werden den Krieg sowieso verlieren, und mit den Japanern machen wir dann im Pazifik kurzen Prozess. Wir werden ganz bestimmt nicht rechtzeitig fertig.«
    Da wäre ich an deiner Stelle nicht so sicher, dachte Elizabeth, folgte aber Gladys nach draußen und versuchte, zwischen den anderen Frauen unterzutauchen, die sich alle zur Versammlungshalle drängten. Weshalb alle sich wie High School Cheerleaders aufführten, würde ihr wahrscheinlich immer ein Rätsel bleiben, dachte sie und runzelte die Stirn.
    Die warme Frühlingssonne draußen tat gut; noch ein Monat und die Latscheneichen würden ihre Blätter bekommen, und dann würden die Berggipfel wieder grün werden. Elizabeth ging schneller, um möglichst nicht neben Gladys sitzen zu müssen.
    Als sie an den Eingang des Versammlungsraums kam, war der schon fast voll. Sie hatte noch nie so viele Mitarbeiter des Projekts an einer Stelle versammelt gesehen – das war etwas völlig anderes als Oppenheimers wöchentliche Wissenschaftlerkolloquien. Die Kantinenräume waren jeweils für etwa hundert Menschen gebaut; selbst die ewigen Ballspiele – Eierköpfe gegen Militär – zogen allerhöchstens ein paar Hundert Zuschauer an. Aber jetzt waren sämtliche Stühle besetzt, und an den Türen und in den Gängen drängten sich die Nachzügler.
    »Hallo, Miss, Sie dort drüben.« Einer der Soldaten stand auf und bot ihr seinen Stuhl an. Sie wollte schon ablehnen, überlegte es sich dann aber anders. Wer weiß, wie lange die Versammlung dauerte, da war es schon besser, einen Sitzplatz zu haben … selbst wenn sie dafür den jungen Mann neben sich ertragen musste, der wahrscheinlich die ganze Zeit von einem Fuß auf den anderen treten, rot anlaufen und sie irgendwann fragen würde, ob sie Lust hätte, mit ihm ins Kino zu gehen.
    Aber als sie sich umdrehte, um ihm zu danken, war er bereits in der Menge verschwunden. Elizabeth setzte sich und wunderte sich über seine Höflichkeit – eine Art von Sexismus, die sie in ihrem anderen Leben wahrscheinlich geärgert hätte. Aber sie war jetzt schon so lange weg, dass sie das beinahe vergessen hatte. Ihre Arbeit an dem Gadget hatte sie völlig in Anspruch genommen. Gadget, ebenso wie sie das Manhattan-Projekt nicht als das bezeichneten, was es wirklich war, nannten sie die Atombombe ständig das Gadget. Gerade als müssten sie die Waffe entmenschlichen, die Sprengköpfe rosa lackieren.
    Vor einem Jahr war ihr Blut bei so etwas noch in Wallung geraten und hatte sie zu extremen Handlungen veranlasst, wie zum Beispiel dem Sabotageakt an dem MCG-Versuch. Vor fünf Monaten hatte sie versucht, Oppenheimer zu töten. Aber Jeffs Tod und ihre Unfähigkeit, dem Projektdirektor ein Leid zuzufügen, hatte irgendetwas in ihr zum Absterben gebracht. Die einfachen Schwarzweißantworten aus der Vergangenheit schienen ihr plötzlich in verschiedene Grautöne verwaschen.
    Die letzten paar Monate hatten ihren Tribut von ihr gefordert. Sie wusste nicht, ob sie es war, die sich verändert hatte, oder

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