Trinity (German Edition)
verschwinden. Wir haben heute Nacht Geschichte gemacht, Leutnant Gormann. Wir werden siegreich nach Hause zurückkehren.«
Der IO startete die zweite Rakete.
Dann die dritte.
U-415 war bereits wieder untergetaucht und hatte ungesehen die Narrows passiert, ehe die Hafenpatrouille sie finden konnte.
Kapitänleutnant Werner holte seine Flasche Cognac aus dem versperrten Vorratsschrank. Die Männer waren in Feststimmung.
Teil IV
15
Los Alamos
Mai 1944
»Alle in jenem Raum [im Trinity-Projekt] kannten das schreckliche Potenzial dessen, was ihrer Ansicht nach geschehen würde … Wir hatten die Hände ins Unbekannte ausgestreckt und wussten nicht, was daraus werden könnte.«
— General Thomas F. Farrell
»Die Bombe muss eingesetzt werden [denn das ist] der einzige Weg, um die Welt aufzuwecken und ihr klarzumachen, dass es notwendig ist, den Krieg ganz abzuschaffen. Keine technische Demonstration … kann anstelle eines tatsächlichen Einsatzes mit seinen grauenhaften Folgen treten.«
— James B. Conant
»Bitte alle herhören! Bitte alle herhören!« Die Lautsprecheranlage, die das ganze Gelände erfasste, wurde sehr selten eingesetzt. Aber wenn die Lautsprecher einmal aus ihrem Schweigen erwachten, war das, was sie verbreiteten, in der Regel wichtig.
Verdammt! Elizabeth blickte von ihrem Schreibtisch auf. Sie hatte in der komplizierten Berechnung den Faden verloren. Die anderen Frauen im Rechensaal legten ihre Bleistifte weg und fingen sofort an, miteinander zu plaudern. Jemand stand auf und sah zum Fenster hinaus. Drei Frauen zündeten sich Zigaretten an.
»Alle Projektwissenschaftler und sonstigen Mitarbeiter werden hiermit aufgefordert, sich im Technikbereich zu sammeln. Teilnahme ist Pflicht«, verkündete die blecherne Stimme aus dem Lautsprecher. »Ich wiederhole …«
Elizabeth starrte auf ihr Blatt. Die Gleichungen wurden immer länger und komplizierter, und eine unabhängige Gruppe überprüfte jede Zeile; es war also sinnlos, irgendwelche Fehler einzubauen – falls sie das überhaupt vorhatte. Den Tod Tellers hatte sie bereits auf dem Gewissen, und Oppenheimer zu töten, hatte sie nicht fertiggebracht. Sie wusste jetzt überhaupt nicht mehr, was sie tun wollte. Nachdem sie jetzt seit fast einem Jahr in der Vergangenheit lebte, inmitten eines Krieges, der immer blutiger wurde, war sie bei Weitem nicht mehr so überzeugt, dass ihr Gewissen ihr tatsächlich den richtigen Weg wies.
Die Wissenschaftler ihrer Umgebung standen unter erheblichem Zeitdruck und hatten bereits einige Termine überschritten. Für die Herstellung eines Bombenkerns gab es für sie zwei Alternativen – Uran-235, dessen Separierung von natürlichem Uran beinahe unmöglich war, und das neue Element Plutonium. Aber die Theoretiker hatten mittlerweile herausgefunden, dass ihr sogenanntes Kanonenprinzip mit Plutonium nie funktionieren würde – das hatte mit freien, langsamen Neutronen zu tun, die ein Verpuffen der Reaktion bewirkten. Also gingen sie mit Fiebereifer daran, neue Modelle zu entwickeln. Wenn sie einen Urankern ansetzten, erforderte das eine recht simple Kanonenkonstruktion, die eine kleine Uranmasse in eine größere schoss und damit die kombinierte Uranmenge auf kritische Masse brachte. Für Plutonium würden sie etwas wesentlich Komplizierteres benötigen.
Elizabeth sah zu, wie ihr Bleistift von ihrem Schreibtisch rollte und auf den Boden fiel. Ihr machten diese Probleme Freude. Schließlich hatte sie sich selbst schon bewiesen, dass sie nicht viel mehr tun konnte als beobachten.
Wie es aussah, würden sie früher aus der Anlage in Hanford im Staate Washington Plutonium bekommen, als Oak Ridge ihnen Uran-235 liefern konnte. Die Wissenschaftler mussten sich also mit der Konstruktion einer Plutoniumbombe beeilen. Elizabeth glaubte, sich daran zu erinnern, dass die Wissenschaftler des Manhattan-Projekts an zwei unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien gearbeitet hatten. Aber mit jedem Tag, den sie hier verbracht hatte, waren ihre Erinnerungen an die andere Zeitlinie nebulöser geworden.
»Willst du nicht mitbekommen, was hier läuft?« Das war Gladys Soundso, die Elizabeth aus ihren Gedanken riss. Elizabeth hatte sich nie die Mühe gemacht, die Frau besser kennenzulernen, und sich damit begnügt, ihr am Morgen zuzunicken und sie am Nachmittag zu ignorieren.
Elizabeth versuchte, die Durchsage beim zweiten Mal ganz zu hören, weil ihr beim ersten Mal einiges entgangen war. »Die wollen, dass wir da
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