Trinity (German Edition)
rief ein Mann. »General Groves, hier bin ich!«
Groves drehte sich um und ging auf einen jüngeren schlanken Mann, ebenfalls in Uniform, zu, der auf dem Bahnsteig wartete. Der Mann lächelte hinter seiner dunklen Sonnenbrille und salutierte zackig. Elizabeth folgte Groves mit der Reisetasche in der Hand.
»Fritz! Ich hatte nicht erwartet, dass Sie selbst herkommen würden.« Dann erwiderte Groves die Ehrenbezeugung. »Haben Sie nichts Besseres zu tun? Ich habe Ihnen hier nicht die Leitung übertragen, damit Sie Chauffeur spielen.«
»Bitte sagen Sie nicht Fritz zu mir, Sir.«
»Wenn Sie sich nicht so darüber aufregen würden, würde das niemanden stören.«
Die zwei Männer verblüfften Elizabeth, weil sie keinen Augenblick lang stehen blieben. Sie redeten ununterbrochen und bewegten sich beinahe im Laufschritt. Jetzt drehte der jüngere Mann sich um und streckte ihr, immer noch in Bewegung, die Hand hin. »Neue Sekretärin, General? Ich bin Lieutenant Colonel J. T. Matthias, Ma'am.«
»Keine besondere Sekretärin«, knurrte Groves.
»Im Augenblick technische Beraterin«, antwortete sie und erwiderte seinen Händedruck. »Elizabeth Devane. Der General ist verstimmt, weil ich ihm keine Gutenacht-Geschichte vorlesen wollte.« Matthias schien Mühe zu haben, sich die Verblüffung nicht anmerken zu lassen.
Dann nahm er Elizabeths Reisetasche und verstaute sie auf dem Rücksitz eines staubigen Jeeps, der neben dem Bahnhof von Richland parkte. Groves ließ seine Aktentasche nicht aus der Hand. Matthias fuhr mit dem Zeigefinger über die verschmierte Windschutzscheibe. »Dabei habe ich das verdammte Ding erst heute Morgen waschen lassen.«
»Sie haben den Ort ausgesucht, Fritz. Jetzt ertragen Sie ihn auch gefälligst.«
Sie setzten sich in Bewegung, wobei der Jeep heftig holperte, als Colonel Matthias ohne abzubremsen über den Bahndamm auf die Hauptstraße fuhr. Sie ließen den Stadtrand von Richland hinter sich und rollten kurz darauf auf einer schnurgeraden Straße, die der Horizont in weiter Ferne zu verschlucken schien.
Die Anlagen von Hanford lagen zwanzig Meilen von Richland entfernt. Alle Spuren der Zivilisation verschwanden, tauchten sie in eine Wüste aus Beifußgestrüpp und Sand, die sich bis in alle Ewigkeit zu erstrecken schien. Der Himmel sah aus wie ein umgedrehter blauer Porzellanteller mit einem dünnen Pfannkuchen aus hohen Wolken. Das aquamarinfarbene Band des Columbia River schlängelte sich quer durch die Wüste; hie und da unterbrach Farmland oder eine Obstplantage, die aber nicht bewirtschaftet wurde, die Monotonie. In weiter Ferne konnte sie hinter einem graugrünen Schleier die Konturen von Bergen erkennen.
Groves hob seine Stimme, um das Geräusch des über die Windschutzscheibe pfeifenden Windes zu übertönen. »Ich beabsichtige, etwa eine Woche zu bleiben und alles in Schwung zu bringen. Was ist hier los? Sie haben mir noch nicht gesagt, weshalb Sie mich selbst abholen.«
»Also, General, die Reaktoren sind vor dem planmäßigen Termin fertiggestellt worden – und Sie wissen, dass der Terminplan äußerst knapp war. Ich glaube, das, was die Nazis in New York getan haben, hat alle auf Trab gebracht. Diese Arbeiter hier haben natürlich nicht die leiseste Ahnung, was eigentlich in der Fabrik vor sich geht. Aber sie glauben, dass das ein recht wichtiges Projekt sein muss.«
»Wann bekommen wir Plutonium in vernünftiger Menge? Meine Jungs in Los Alamos warten sehnlich darauf. Sie haben jetzt eine ganz brandheiße neue Idee, wie das Plutonium-Gadget funktionieren könnte.« – Groves warf dabei Elizabeth einen mürrischen Blick zu. »Miss Devane hier hat sie auf die Idee gebracht.«
Matthias grinste. »Nun ja, wir mussten dafür sorgen, dass sämtliche Sicherheitssysteme in den Reaktoren installiert wurden, aber die kochen jetzt seit einem reichlichen Monat. Die Plutoniumseparierungsanlage läuft. Alles ferngesteuert.«
»Sonstige Probleme? Raus damit! Reden Sie nicht um den heißen Brei herum.«
Matthias starrte nach vorn auf die Straße. »Nichts Außergewöhnliches, Sir. Bloß mit den Männern gibt es immer wieder Schwierigkeiten. Gestern Nachmittag sind unsere 750 Installateure geschlossen in den Streik getreten. Ich war Lachs fischen an der Mündung des Columbia – der einzige Tag im Monat, den ich mir freinehme –, aber man hat mich zurückgerufen. Eine ziemliche Sauerei. Die haben sich bei ihrer Gewerkschaft beklagt.«
Groves Gesicht lief dunkelrot an. »Streik! Wir
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