Trinity (German Edition)
die Frau. Sie stand auf und streckte Elizabeth die Hand hin. »Übrigens, ich bin Holly Vanderdeem.«
»Elizabeth Devane.«
»Freut mich. Wie sagt man zu Ihnen. Liz? Betty? Betsy?«
»Betsy?« Sie schob die Brauen hoch. Das kann doch nicht ihr Ernst sein! »Am liebsten Elizabeth, wenn's nichts ausmacht.« Wieder zwang sie sich zu einem Lächeln. »Ich mag die süßen Abkürzungen nicht.«
»Entschuldigung.« Holly trat an einen Aktenschrank und begann, in der Schublade mit den Ds zu suchen. Ihre Zigarette nahm sie mit. Elizabeth wehte dabei der Rauch in die Augen, und sie zwinkerte ein paarmal. »Wo sollten Sie denn eingeteilt werden?«
»Äh, in einer der Rechengruppen. Zumindest hat man mich dafür eingestellt.« Sie trat an eines der Fenster und öffnete es, um frische Luft hereinzulassen. Draußen hörte sie, wie ein Mann mit höchster Lautstärke einem Bautrupp Anweisungen erteilte.
»Na, dann will ich Ihnen zunächst einmal unser Büro zeigen. Sie können mir helfen. Die Arbeit ist ziemlich schematisch. Hier läuft alles einigermaßen schubweise. Meistens, wenn der Bus aus Santa Fe neues Personal bringt. Manchmal vergeht ein ganzer Tag, ohne dass jemand ankommt. Und gelegentlich kriegen wir Exoten – wie diesen russischen Physiker, der kaum ein Wort Englisch konnte.« Sie sah sich um, und ihre Stimme wurde leiser. »Hatten Sie schon Ihre Sicherheitsunterweisung?«
»Nein.«
»Dann wissen Sie noch nicht, dass Sie nicht einmal ›Physiker‹ sagen dürfen. Die heißen hier alle Ingenieure.« Sie richtete sich auf. »Alles, was von der Routine abweicht, geht zum Captain. Und sonst legen wir die neuen Einsatzanweisungen ab.« Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf den Papierstapel an dem Fenster hinten im Raum. »Da habe ich Riesenrückstände. Wenn es Ihnen also nichts ausmacht, mir dabei zu helfen …«
»Das hält mich wenigstens davon ab, verrückt zu werden.« Sofern ich nicht schon verrückt bin und träume, dass ich in der Zeit in das alte Los Alamos zurückgeworfen worden bin.
Holly versuchte, unauffällig auf Elizabeths Finger zu sehen. »Nicht verheiratet, wie? Hier gibt es eine Menge Männer, falls Sie sich einen schnappen und eine Familie gründen wollen.«
Irgendwie kam Elizabeth sich wie eine alte Jungfer vor. »Nein, ich bin nicht verheiratet.« Und ich werde mich auch zurückhalten und nicht »einen Mann schnappen und eine Familie gründen«, wenigstens für den Augenblick nicht, dachte sie verstimmt. »Und Sie?«
»Mein Eddy leitet die Abteilung Chemische Nuklide. Wir waren in Cornell, als man ihn für das Projekt geholt hat. Es ist alles so aufregend. Und es tut wirklich gut, wenn man etwas tun kann, was unserem Land im Krieg hilft.« Sie lachte. »War ja schon schlimm genug, mich aus Louisiana nach New York zu verfrachten. Aber jetzt, wo die mich in den Wilden Westen geschleppt haben, hätte ich vielleicht nicht über den Nordosten schimpfen sollen. Wo kommen Sie denn her?«
»Montana.«
»Du liebe Güte! Ich wusste nicht einmal, dass es dort Universitäten gibt. Wofür ist Montana denn berühmt? Ich –«
Holly hielt inne und wurde plötzlich verlegen. »Oh, so habe ich das nicht gemeint.«
Elizabeth lächelte gezwungen. »Ist schon gut. Mein, äh, Mann war Professor an der Montana State University, und ich war dort im Damenklub aktiv.« Die Worte machten ihr Mühe, eine Aufwallung von Gefühlen drohten sie zu ersticken. Aber sie grub sich die Fingernägel in die Handballen. Sie musste ihre Rolle durchhalten. »Nachdem Jeff gestorben war, hat man mich aufgefordert hierher zu kommen, damit ich auf andere Gedanken komme.«
»Oh, das tut mir leid. Wie ist er gestorben? War es im Krieg?«
Elizabeth zuckte zusammen und wandte sich dann ab. »Ich würde lieber nicht darüber reden, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
Der Gedanke an Jeff, das Wissen, dass er irgendwo in einer flachen Höhle in einer Canyonwand lag, mit Steinen zugedeckt, ließ den Schmerz wieder in ihr aufsteigen. Zugleich überraschte es sie, wie leicht ihr das Lügen fiel. Vielen Dank, Mrs. Canapelli. Jetzt hatte sie das perfekte Alibi für ihre Anwesenheit hier, es sei denn, es tauchte noch jemand von der Montana State University hier auf – aber Hollys Reaktion machte das nicht sehr wahrscheinlich.
Holly rutschte auf ihrem Sessel herum. »Sie Ärmste. Kommen Sie. Ich zeige Ihnen jetzt, was Sie tun müssen.« Die einfache Unterweisung nahm weitere fünf Minuten in Anspruch, weil Holly alles zweimal wiederholte,
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