Trinity (German Edition)
Schließlich war dies der Tag, an dem Amerika seine Unabhängigkeit feierte. Die Unabhängigkeit von England – Fox kostete die Ironie des Gedankens aus. Wahrscheinlich würde der G-2-Mann jede im Bus anwesende Person den ganzen Tag lang überwachen lassen. Der Mann räusperte sich und versuchte, das Rattern des Busmotors zu übertönen.
»Wir halten bei 109 East Palace an, Mrs. McKibbins Haus, wo Sie sich alle gemeldet hatten, ehe Sie auf den Hügel kamen. Der Bus fährt um 19 Uhr zurück – das wäre sieben Uhr abends für Zivilisten.«
Oder für Leute, die europäische Zeit nicht gewöhnt sind, dachte Fox.
»Falls Sie irgendwie Hilfe brauchen«, fuhr der Mann fort, »kann Ihnen Mrs. McKibbin zur Hand gehen. Denken Sie daran, dass Sie mit Fremden nicht über das, was Sie tun oder wer Sie sind, sprechen dürfen. Halten Sie Ihren neuen Namen bereit, falls man Sie fragt. Und geben Sie nichts preis, nicht einmal, wenn Sie verhaftet werden. Wir kümmern uns um alles. Vergessen Sie nicht: Wahrscheinlich haben deutsche Agenten Santa Fe infiltriert. Und wir wollen nicht, dass sie noch mehr erfahren, als sie bereits wissen. Irgendwelche Fragen?«
Fox tastete durch den Stoff seiner Jacke nach seinem Brief an Abraham Esau; es war, als würde er ein Loch in den Stoff brennen. Was war, wenn sie ihn durchsuchten? Er versuchte, normal zu atmen und sich nichts anmerken zu lassen.
Damit muss jetzt Schluss sein, gelobte er sich. Endgültig. Wenn man mich auch nur in Besitz dieses Briefes ertappt, steckt mein Hals bereits in der Schlinge.
Er hatte in Erwägung gezogen, nach Albuquerque zu fahren und den Brief dort auf die Post zu bringen. Aber die Transportmöglichkeiten waren sehr beschränkt. Er konnte sich nicht so lange entfernen, schließlich wurden überall ihre Plaketten überprüft und dem Projekt gemeldet. Vermutlich gab es in der Busstation Leute von G-2 und am Bahnhof genauso, die alles beobachteten. Ein Versuch, Santa Fe zu verlassen, würde sie vermutlich sofort auf den Plan rufen.
Der kalte Angstschweiß ließ Fox zittern. Während der vielen Einsatzbesprechungen und Unterweisungen, denen er ausgesetzt gewesen war, war ihm nie so klar geworden, wie ernst die Lage wirklich war. Es war wie ein Kinderspiel gewesen: »Ich weiß was« – sei einfach still und sag keinem, was du tust, dann wird schon alles gut.
Aber jetzt, der Möglichkeit ausgesetzt, erwischt zu werden, spürte er, wie sich etwas in seinem Magen verkrampfte. War das den Ärger wert? Ja, dachte Fox. Das Schicksal der Welt stand auf dem Spiel.
Er zwang sich, zu den staubigen Fenstern hinauszusehen, als die anderen Wissenschaftler und Militärarbeiter der Reihe nach aus dem Bus stiegen. Fox ignorierte den lächelnden jungen Mann, der vorn stand und immer noch darauf wartete, dass jemand ihm eine Frage stellte.
Der Bus hatte bei 109 East Palace angehalten. Fox war erst vor einer Woche dagewesen. Als er aus dem Zug gestiegen war, der ihn quer über den halben Kontinent nach Santa Fe gebracht hatte, hatte er sich zu dem malerischen Adobehaus durchgefragt. Dort hatte er sich einer Mrs. McKibbin vorgestellt; die Frau hatte ihm, obwohl er für sie ein Wildfremder war, das Gefühl vermittelt, er sei zu Hause. Nicht dass sie ihn speziell erwartet hätte, hatte sie gesagt, aber es kamen und gingen so viele Leute, und sie war der Kontaktpunkt, dass sie sie überhaupt nicht mehr auseinanderhalten konnte. Und alle reisten ohnehin unter falschem Namen.
Fox stieg aus dem Bus und mischte sich in die Menge. Er war bemüht, jeden Augenkontakt zu vermeiden – insbesondere was den netten jungen Mann anging, der zusah, wie sie sich auf die Straßen von Santa Fe verteilten. Die meisten würden in Cafes gehen oder einkaufen oder vielleicht in einem der ihnen freigegebenen Clubs auf das Sternenbanner trinken oder über die immer noch anhaltenden amerikanischen Angriffe auf die Solomon-Inseln diskutieren.
Staub wirbelte durch die Luft, ein Sommerwind von den Bergen herunter hatte ihn aufgewirbelt. Die Leute zogen die Köpfe ein und achteten darauf, den Staub nicht in die Augen zu bekommen. Ein Stück Zeitung wehte vorbei. Fox hielt sich die Hand übers Gesicht. Der Bus war in dem plötzlich aufgekommenen Sturm praktisch nicht mehr zu sehen.
Das nutzte er und entfernte sich mit eiligen Schritten aus dem Zentrum des Geschehens. Schmale, nicht gepflasterte Straßen zweigten beiderseits von der East Palace ab. An der zweiten – einer schmalen Seitengasse – bog er nach
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