Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
Vom Netzwerk:
keine Lust, mich von dem Kerl belehren zu lassen.«
    »Sei doch nicht so eitel«, beschwichtigte ich ihn. »Deswegen fällt uns kein Stein aus der Krone.«
    » Dir nicht, du bist ja eine Frau. Von Frauen werden schließlich keine technischen Kenntnisse erwartet. Demokratisch ist das nicht.«
    »Blödsinn, es gibt auch Ingenieurinnen, Schreinerinnen und all das«, hielt ich dagegen, und bald waren wir in einen aufgeregten Grundsatzstreit verwickelt. Bis zum Abend hatte ich Kopfweh vom Diskutieren, und der Presslufthammer war noch immer nicht in Gang gesetzt.
    »Ich gehe jetzt rüber«, sagte ich entschlossen und überhörte Elmars Verwünschungen.
    »Keine Ursache«, sagte Herr Gschwendner, als ich mich für die Störung entschuldigte. »Ist doch selbstverständlich, dass man sich unter Nachbarn hilft.«
    Seine kräftigen Hände hatten die Maschine in null Komma nichts zusammengebaut. »Ich würde den 800er-Einsatz nehmen«, kommentierte er seine Handgriffe, »sonst sitzen Sie nächstes Jahr noch über dem Naturstein. Schauen S’, hier wird er in das Bohrfutter eingekoppelt, da ist der Sperrhahn, zweimal muss es klicken, das ist wichtig. Ansonsten – peng!« Er machte eine Bewegung wie ein vorbeizischendes Geschoss. »So eine Maschine bringt es auf 1200 Umdrehungen in der Minute, da bleibt kein Auge trocken, wenn einem der Meißel um die Ohren saust. Probieren Sie’s selber mal aus.«
    Mein Mann nestelte an dem Gerät herum, der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Nach einer halben Stunde hatte es endlich geklickt. Seine Hände zitterten.
    »Halb so wild, stimmt’s?« Gschwendner versprühte Optimismus. »Alles bloß eine Frage der Technik. Das ganze Leben, nichts als Technik. In einer Woche bauen Sie das Teil im Schlaf zusammen, das verspreche ich Ihnen.«
    Elmar erhob sich schwerfällig aus der Hocke. »Können wir jetzt das Gerät in Betrieb setzen?« Er gab seiner Frage einen forschen Klang.
    »Ja, Moment noch.« Gschwendner sah sich um. »Der Kompressor und die Druckleitung müssen angekoppelt werden. Wo ist denn der Drehstromanschluss?«
    »Drehstrom …?« Mein Mann verschluckte sich. Ich klopfte ihm auf den Rücken. »Meines Wissens …«, stammelte er. Der Hustenanfall wollte einfach nicht nachlassen.
    »Drehstrom haben wir nicht!«, brüllte ich über sein Keuchen hinweg. Gschwendner nickte mir zu. Er hatte verstanden. Sein Blick ruhte einen Augenblick nachdenklich auf meinem Gesicht. Er hat ausdrucksvolle Lippen, dachte ich, und was für gutmütige Augen! Ein Adonis ist er nicht, nein, ganz gewiss nicht. Untersetzt und vierschrötig und ohne die Eleganz, die ich an Elmar so hinreißend fand. Aber irgendetwas Wohltuendes ging von ihm aus, etwas Sanftes und Beruhigendes. Er erinnerte mich an den abgeschmusten Teddy meiner Kindheit, der mich nachts vor Geistern und Alpträumen beschützte. Wir wandten gleichzeitig den Blick ab, er ließ seine Hand auf die Schulter meines Mannes fallen, der zusammenzuckte, und sagte aufmunternd: »Geht’s wieder? Dann kommen S’ mit.«
    Er ging uns voraus zu seiner Garage hinüber, in deren rückwärtigem Teil er eine Werkstatt eingerichtet hatte. »Schauen S’, hier ist mein Drehstromanschluss. Wenn ich nicht da bin, gehen S’ einfach durch die Hintertür rein, der Schlüssel hängt da. Und hier steht die Kabeltrommel.«
    »Das … das kann ich nicht annehmen«, sagte mein Mann, verlegen auf seine Lederschuhe starrend, die vom Knien auf dem Kellerboden ganz verkratzt waren. Aber Gschwendner lachte bloß, heiter und gelassen, wie Leute lachen, für die das Leben ein Spiel ist. Dabei schaute er mich an und sagte: »Unter Nachbarn, kein Problem, das mach ich doch gerne.« Er wickelte die Kabeltrommel ab und führte die Leitung zum Kompressor neben unserer Haustür. Seine Bewegungen waren geschmeidig. Auf seinen muskulösen Unterarmen zeichneten sich Adern ab. Wie alt mag er sein?, überlegte ich. Mitte fünfzig sicher. Ohne Frau, seltsam. Ob er geschieden ist? Eher nicht. Solche Unterarme verlässt man nicht. Eher Witwer.
    Er schloss den Kompressor an, und mein Mann fuhr bei dem Krach zusammen – er ist ein hochmusikalischer Mensch, den Lärm jeder Art in den Wahnsinn treibt. Gschwendner nahm das Zucken wahr, er scheint sensibel zu sein, dachte ich, sensibel für andere. »Haben Sie einen Gehörschutz?«, fragte er laut. Elmar hielt sich die Ohren zu, er war unfähig, bei dem Getöse zu reagieren. Gschwendner sprang über den Zaun und kam mit einem Schutzhelm zurück. Sein

Weitere Kostenlose Bücher